Rz. 38

Die Amtslöschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO dient dazu, mit möglichst geringem Aufwand solche Eintragungen zu beseitigen, die schon ihrem Inhalt nach (aus sich heraus) unzulässig und deshalb rechtlich bedeutungslos sind (vgl. Rdn 40).

I. Betroffene Eintragungen

 

Rz. 39

Der Amtslöschung kann grundsätzlich jede im Rechtsverkehr erhebliche, selbstständige Eintragung (vgl. Rdn 6 f.) unterliegen,[137] außer Betracht bleiben daher Eintragungen auf Anordnung des Beschwerdegerichts[138] ebenso wie Vermerke rein tatsächlichen Inhalts bzw. mit bloßem Hinweischarakter (siehe Rdn 7).[139] Trotz ihrer Rechtserheblichkeit sind Löschungen ihrerseits generell nicht der Amtslöschung zugänglich, weil sie keinen unzulässigen Inhalt haben können, da die Löschung eines bestehenden Rechts selbst immer rechtlich möglich ist; in diesem Fall ist nur die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Löschung möglich.[140]

[137] Vgl. Bauer/Schaub/Bauer, § 53 Rn 65; Demharter, § 53 Rn 54.
[138] Demharter, § 53 Rn 54.
[139] Meikel/Schneider, § 53 Rn 129.
[140] BayObLGZ 1961, 23, 26 = NJW 1961, 1263, 1265.

II. Inhaltliche Unzulässigkeit

1. Definition

 

Rz. 40

Das für die Amtslöschung maßgebende Kriterium der inhaltlichen Unzulässigkeit stellt deutlich höhere Anforderungen, als für die Eintragung eines Amtswiderspruchs einzuhalten sind. Inhaltlich unzulässig ist eine Eintragung gerade nicht schon deshalb, weil sie nicht hätte vorgenommen werden dürfen (vgl. Rdn 15 ff.) und/oder zu einer Grundbuchunrichtigkeit (siehe Rdn 20 ff.) führt, sondern dies ist nur dann gegeben, wenn die Eintragung rechtlich ausgeschlossen ist, d.h. einen Rechtszustand oder -vorgang verlautbart, den es nicht geben kann (vgl. Rdn 46 ff. zu den einzelnen Fallgruppen).[141] Eine solche Eintragung kann keine Rechtsänderung begründen. Die Frage der inhaltlichen (Un-)Zulässigkeit einer bestimmten Gestaltung ist nicht der Vereinbarung der Beteiligten zugänglich.[142]

[141] OLG München Rpfleger 2014, 251 = NJOZ 2014 685, 686; zur Abgrenzung umfassend und mit zahlreichen Beispielen: Meikel/Schneider, § 53 Rn 130 ff.
[142] KG JFG 3, 315, 316; Bauer/Schaub/Bauer, § 53 Rn 66.

2. Grundlagen der Beurteilung der inhaltlichen Unzulässigkeit

a) Unterlagen

 

Rz. 41

Die inhaltliche Unzulässigkeit der Eintragung ist allein anhand des Eintragungsvermerks und der – soweit zulässig (§§ 874, 1115 Abs. 1 Hs. 2 BGB) – in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung samt Anlagen[143] zu beurteilen.[144] So ist z.B. im Fall einer gegen § 867 Abs. 2 S. 1 ZPO verstoßenden Eintragung einer Zwangssicherungshypothek § 53 Abs. 1 S. 2 GBO nur dann anwendbar, wenn sich der Verstoß unmittelbar aus dem Grundbuchblatt des zweiten Grundstücks ergibt (vgl. Rdn 49); ansonsten liegt eine bloße Grundbuchunrichtigkeit vor, der nur nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO begegnet werden kann.[145] Ausnahmsweise können außerhalb des Grundbuchs liegende Umstände dann herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.[146] Liegt dieser Sonderfall nicht vor, so bleiben allerdings außerhalb des Grundbuchs inklusive der Unterlagen, auch welche verwiesen wird, liegende Aspekte für die Bemessung der Unzulässigkeit außer Betracht.[147]

[143] OLG München NJOZ 2017, 822, 824.
[144] RGZ 88, 83, 88; 113, 223, 229; OLG Hamm OLGZ 1993, 43, 45; OLG München NotBZ 2013, 118; Rpfleger 2014, 251 = NJOZ 2014 685, 686; Bauer/Schaub/Bauer, § 53 Rn 67; eingehend und mit zahlreichen Einzelnachweisen: Meikel/Schneider, § 53 Rn 135.
[145] BayObLG Rpfleger 1986, 372; Meikel/Schneider, § 53 Rn 135.
[146] OLG München NJOZ 2017, 822, 824.
[147] Meikel/Schneider, § 53 Rn 31, 135.

b) Maßgebender Zeitpunkt

 

Rz. 42

Die inhaltliche Zulässigkeit einer Eintragung ist grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltenden Recht zu beurteilen,[148] ebenso sind bei der Auslegung der Eintragung allein die Verkehrsauffassung und der Sprachgebrauch jener Zeit zu berücksichtigen.[149] Weiterhin zulässig bleiben daher insbesondere auch vor dem Inkrafttreten des BGB am 1.1.1900 vorgenommene Eintragungen von Rechten, die mit den Vorgaben des BGB (Typenzwang und Typenfixierung, vgl. § 1 Einl. Rdn 61 f.) unvereinbar sind, sofern sie zum Zeitpunkt der Eintragung zulässig waren (Art. 184 EGBGB).[150] Es kommt folglich nicht darauf an, ob die Eintragung nach heutigen, bei einer Neueintragung zu stellenden Anforderungen unwirksam wäre.[151]

 

Rz. 43

Eine nachträgliche Gesetzesänderung kann daher nur dann ausnahmsweise zur Unzulässigkeit ursprünglich zulässiger Eintragungen führen, wenn das neue Gesetz – soweit dies verfassungsrechtlich zulässig ist – rückwirkende Kraft hat.[152] Änderungen der Rspr. stellen nur einen Akt der Rechtserkenntnis dar, so dass sich das geltende Recht nicht verändert. Infolgedessen sind Eintragungen auch dann von Anfang an unzulässig, wenn zum Zeitpunkt der Eintragung eine andere Ansicht vorherrschend war und die Rechtsprechung derartige Fälle abweichend beurteilte.[153]

 

Rz. 44

Nachträglich eintreten kann eine inhaltliche Unzulässigkeit einer Eintragung auch durch Veränderungen des übrigen Grundbuchinhalts, etwa wenn eine an mehreren Miteigentumsanteilen (Wohnungseigent...

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