Rz. 62

Die nachträgliche Unrichtigkeit (auch als "Unvollständigkeit" bezeichnet) kann sowohl durch Vorgänge außerhalb des Grundbuchs eintreten, kann aber auch Folge einer Eintragung sein (z.B. im Fall des § 1026 BGB, siehe dazu Rdn 67, 137 ff.). Insoweit sind folgende Konstellationen zu unterscheiden:

I. Entstehung dinglicher Rechte ohne Eintragung

 

Rz. 63

Beschränkte dingliche Rechte an einem Grundstück können aufgrund zivilrechtlicher Normen außerhalb des Grundbuchs entstehen, namentlich Sicherungshypotheken nach § 1287 S. 2 BGB oder § 848 Abs. 2 S. 2 ZPO sowie Dienstbarkeiten nach § 9 Abs. 1 GBBerG.[135] Gleichermaßen denkbar ist die Entstehung durch Verwaltungsakt, z.B. nach § 34 Abs. 1 S. 1 VermG, §§ 13 Abs. 1, 5 Abs. 1 BoSoG.[136] Auch dingliche Rechte an Grundstücksrechten können in gewissen Fällen ohne Eintragung entstehen, z.B. ein Pfandrecht an einem Briefgrundpfandrecht durch Verpfändung (§§ 1274 Abs. 1 S. 1, 1154 Abs. 1 S. 1 BGB) oder Pfändung (§§ 829, 830 Abs. 1 ZPO). Die Belastung eines Erbanteils oder Nacherbenrechts mit einem Nießbrauch oder Pfandrecht kann wegen des daraus folgenden Mitwirkungserfordernisses bei Verfügungen der Erbengemeinschaft in das Grundbuch eingetragen werden, ist aber auch ohne die entsprechende Eintragung materiell wirksam.[137]

 

Rz. 64

Die früher als zulässig angesehene Eintragung der Bestellung eines Nießbrauchs oder Pfandrechts am Geschäftsanteil einer BGB-Gesellschaft kommt nicht mehr in Betracht, weil Berechtigte am Grundstück stets die Gesellschaft selbst ist und beide Belastungen keine Auswirkungen auf die Vertretungsbefugnis der Gesellschafter haben.[138] An dieser Lage ändern auch die Regelungen des MoPeG nichts, so dass derartige Eintragungen weiterhin unzulässig sind.

[135] Vgl. Böhringer, Rpfleger 2002, 186; Böhringer, BWNotZ 2007, 1; Böhringer, Rpfleger 2011, 409.
[136] Dazu: BGHZ 157, 144 = Rpfleger 2004, 211 = IBRRS 43454.
[137] RGZ 83, 434, 436 ff.; 90, 232; Bauer/Schaub/Schäfer, § 22 Rn 70.
[138] BGH FGPrax 2016, 241; Demharter, Anh. Zu § 13 Rn 33.3 m.w.N., auch zur Rechtslage vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR.

II. Übergang dinglicher Rechte

 

Rz. 65

Rechte an Grundstücken können auch ohne Eintragung auf einen anderen übergehen. Zu nennen sind bspw. die Erbfolge und andere Gesamtrechtsnachfolgen (z.B. nach §§ 20 Abs. 1 Nr. 1, 131 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UmwG – anders bei formwechselnden Umwandlungen, siehe dazu Rdn 16; § 10 Abs. 1 Nr. 1 SpTrUG), die Erbteilsübertragung und das Ausscheiden von Miterben im Wege der Abschichtung[139] (wobei sich bei der Erbteilsübertragung an einen Miterben und bei der Abschichtung genau genommen nur die dingliche Berechtigung des oder der Miterben "erhöht"; zur Form des Unrichtigkeitsnachweises vgl. Rdn 136) sowie Übergänge durch Verwaltungsakte (z.B. § 2 VZOG, § 34 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Fall 2 VermG).[140] Des Weiteren können Rechte kraft Gesetzes übergehen, z.B. nach § 2 Abs. 2 S. 1 BImAG. Zu den Fällen des Eigentumsübergangs außerhalb des Grundbuchs siehe § 20 GBO Rdn 17 ff., zu jenen des Übergangs von Briefgrundpfandrechten vgl. § 26 GBO Rdn 8 ff. und wegen Veränderungen im Gesellschafterbestand einer GbR siehe § 47 GBO Rdn 36 ff., 44 ff.

[139] Vgl. BGHZ 138, 8; BGH Rpfleger 2005, 140 = NJW 2005, 284; LG Köln Rpfleger 2004, 95 = NJW 2003, 2993; Spanke, NotBZ 2004, 76; Wesser/Saalfrank, NJW 2003, 2937.
[140] Dazu auch, jew. m. zahlr. Beisp.: Meikel/Böttcher, § 22 Rn 30 ff.; Demharter, § 22 Rn 15; Bauer/Schaub/Schäfer, § 22 Rn 82 f.

III. Erlöschen dinglicher Rechte

 

Rz. 66

Dingliche Rechte können zudem außerhalb des Grundbuchs, d.h. ohne Löschung (Eintragung eines Löschungsvermerks im Grundbuch) erlöschen, z.B. in folgenden Fällen:

 

Rz. 67

1. Nach § 1026 BGB kann durch Teilung des belasteten Grundstücks eine Grunddienstbarkeit oder eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit (§ 1090 Abs. 2 BGB) erlöschen (vgl. Rdn 137 ff.).[141] Wird das herrschende Grundstück einer Grunddienstbarkeit geteilt und ist das Recht nur für eines der neuen Grundstücke von Vorteil, so erlischt das Recht nach § 1025 S. 2 BGB im Übrigen; ist das Recht für zwei oder mehrere der neuen Grundstücke vorteilhaft, so bleibt es zugunsten jedes dieser Grundstücke bestehen. Auch die dauernde Unmöglichkeit der Ausübung oder der Wegfall des Vorteils für die Benutzung des herrschenden Grundstücks (§ 1019 BGB) können zum Erlöschen einer Grunddienstbarkeit führen[142] (z.B. durch Stilllegung und "Entwidmung" [Freistellung nach § 23 AEG] der Bahnstrecke bei einer Dienstbarkeit auf Freihalten eines Bahnübergangs von Sichtbehinderungen;[143] nicht aber, wenn beim alleinigen Recht zum Betrieb einer Gaststätte in bestimmten Räumen das Gebäude abbrennt, da die Dienstbarkeit auch das Verbot des Betriebs einer weiteren Gaststätte enthält[144]).
2. Auch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit erlischt, wenn ihre Ausübung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauerhaft unmöglich wird; anstelle des hier nicht einschlägigen Erlöschensgrundes des fehlenden Vorteils (da § 1090 Abs. 2 BGB den § 1019 BGB gerade nicht für entsprechend anwendbar erklärt) ist § 1091 BGB zu beachten.[145...

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