Rz. 6

Die vollstreckbare Ausfertigung wird nur auf einen Antrag hin erteilt (Zöller/Seibel, § 724 Rn. 8). Dieser kann formlos, auch mündlich gestellt werden. Anwaltszwang besteht nicht, § 78 Abs. 3 ZPO. Das Verfahren auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel wird durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Schuldners nicht nach § 240 ZPO unterbrochen. Die Erteilung der Klausel ist nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht bereits nach § 89 Abs. 1 InsO unzulässig (BGH, NJW 2008, 918 = MDR 2008, 410 = Rpfleger 2008, 209). Der die Klausel Erteilende prüft, ob die ihm vorliegende Ausfertigung mit dem ihm ebenfalls vorliegenden Original des Titels übereinstimmt. Weiter prüft er, ob die ihm vorgelegte Urkunde generell als Titel in Betracht kommt. Schließlich ist bei Urteilen zu prüfen, ob sie für vorläufig vollstreckbar erklärt oder rechtskräftig sind und ob sie einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben.

 

Rz. 7

Zuständig für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts der ersten Instanz (Zöller/Seibel, § 724 Rn. 9). In den Fällen der §§ 726 ff. ZPO ist nicht der Urkundsbeamte, sondern der Rechtspfleger zuständig (OLG Koblenz, NJW 1992, 379). Umstritten ist, welches Gericht für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids bei Rechtsnachfolge (§§ 724, 727 ZPO) zuständig ist. Nach der Auffassung des BGH (NJW 1993, 3141) ist das Amtsgericht zuständig, das den Mahnbescheid erlassen hat (so auch: BayObLGR 2006, 403 = MDR 2006, 1066). Nach der von den (meisten) Landesgesetzgebern bestimmten Konzentration der Mahnverfahren bei so genannten zentralen Mahngerichten sind diese dann auch für die Erteilung der vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheids zuständig (BGH, NJW 1993, 3141; OLG Hamm, Rpfleger 1994, 30). Eine andere Auffassung vertritt das OLG Koblenz (Rpfleger 1994, 307 mit ablehnender Anm. von Hintzen). Danach soll in diesen Fällen das Gericht zuständig sein, das für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre (Prozessgericht erster Instanz). Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Ist der Rechtsstreit aufgrund Einspruchs gegen den Vollstreckungsbescheid an das Prozessgericht abgegeben worden, ist für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides das Prozessgericht als Gericht des ersten Rechtszuges zuständig (OLG Hamm, Beschluss v. 24.2.2016, I-32 SA 5/16; BGH, NJW-RR 2006, 1575).

 

Rz. 8

Der Urkundsbeamte prüft den Antrag und die Voraussetzungen für die Erteilung der Ausfertigung, nicht aber, ob der Vollstreckung Einwendungen entgegenstehen, die sie ausschließen (BGH, MDR 1976, 838). Er prüft das Vorliegen eines äußerlich ordnungsgemäßen Titels (BVerwG, Beschluss v. 19.11.2018, 4 AV 1/18, juris). Das setzt neben seiner Errichtung auch das Fortbestehen voraus (BAG, NJW 2004, 701). Für Urteile umfasst dies zunächst die Prüfung, ob ein äußerlich wirksames Urteil erlassen wurde, d. h. die zwingenden Formalien nach § 313 Abs. 1 Nr. 1–4 ZPO und § 315 Abs. 1 ZPO erfüllt sind und es verkündet bzw. zugestellt (OLG Koblenz, JurBüro 2010 ,154) wurde. Für einen Prozessvergleich sind lediglich seine formellen Voraussetzungen (ordnungsgemäße Protokollierung etc., vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2020, 1396), nicht aber seine materielle Wirksamkeit (z. B. gegenseitiges Nachgeben i. S. v. § 779 BGB) zu prüfen. Schließlich ist zu prüfen, ob der Titel zwischen Antragsteller und Antragsgegner noch wirksam ist. Im Verfahren zur Erteilung der Vollstreckungsklausel wird der Schuldner nach der h. M. (vgl. BeckOK ZPO/Ulrici, § 724 Rn. 29) grundsätzlich nicht mit materiell-rechtlichen Einwendungen, wie etwa dem der Erfüllung, gehört (OLG Koblenz, FamRZ 2010, 1366). Mängel des Titels, die seine Wirksamkeit nicht berühren, wohl aber die Zwangsvollstreckung im Einzelfall erschweren können, stehen der Erteilung der Klausel nicht entgegen. Schließlich ist zu prüfen, ob der Titel im Einzelfall einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, da ein Rechtsschutzbedürfnis zur Erteilung der Klausel für einen Titel, aus dem eine Zwangsvollstreckung nicht in Betracht kommt, nicht gegeben ist. Dagegen sind materiell-rechtliche Erwägungen zum titulierten Anspruch (Erfüllung pp.) im Klauselverfahren ohne Bedeutung.

 

Rz. 9

Im Falle der qualifizierten Klausel nach den §§ 726 ff. ZPO muss der Rechtspfleger (auch der Notar) schließlich zusätzlich das Vorliegen der im Einzelnen genannten besonderen Voraussetzungen und deren ordnungsgemäßen Nachweis überprüfen.

 

Rz. 10

Die Klauselerteilung bewirkt, dass das Vollstreckungsorgan in der nachfolgenden Vollstreckung von der Überprüfung der Ordnungsgemäßheit der ihm vorliegenden Ausfertigung und der materiellen Voraussetzungen der Klauselerteilung befreit ist (MünchKomm/ZPO-Wolfsteiner, § 724 Rn. 4). Ob z. B. eine mit der Vollstreckungsklausel versehene Urkunde (§ 794 ZPO) zur Zwangsvollstreckung geeignet ist, hat das Vollstreckungsorgan z...

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