Leitsatz (amtlich)

Für die Erteilung der (zweiten) vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheids ist nach Abschluss des streitigen Verfahrens das AG - Mahngericht - als Gericht des ersten Rechtszugs und nicht das Prozessgericht zuständig.

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Beschluss vom 13.06.1995; Aktenzeichen 95-0188072-04-4)

 

Tenor

Als zuständiges Gericht für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides des AG Stuttgart vom 13.6.1995 (Az. 95-0188072-0-4) wird das AG Stuttgart - Mahngericht - bestimmt.

 

Gründe

1. Das AG Stuttgart hat am 13.6.1995 einen Vollstreckungsbescheid gegen den Schuldner erlassen. Nach dessen Einspruch wurde das Verfahren am 26.3.1997 an das AG Schwerin, als das im Mahnbescheid nach § 692 Abs. 1 Nr. 6 ZPO bezeichnete Gericht abgegeben, welches den Einspruch durch Beschluss vom 2.7.1997 als unzulässig verworfen hat. Die Klägerin hat am 29.1.2004 beim AG Stuttgart - Mahngericht - beantragt, ihr eine zweite vollstreckbare Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides zu erteilen, da die erste Ausfertigung nicht mehr auffindbar sei. Während das AG Stuttgart - Mahngericht - der Meinung ist, das AG Schwerin sei für die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung zuständig, hat dieses sich für unzuständig erklärt und das Verfahren an die Mahnabteilung des AG Stuttgart zurückgegeben.

2. Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Verfahren über die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung um einen Rechtsstreit i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO handelt, weil der Senat jedenfalls eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf Kompetenzkonflikte zwischen Rechtspflegern verschiedener Gerichte bejaht (Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 36 Rz. 21).

3. Für die Erteilung der zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides ist nicht das Prozessgericht, sondern das Mahngericht zuständig, welches den Vollstreckungsbescheid erlassen hat.

Das Gesetz sieht eine ausdrückliche Regelung der Zuständigkeit für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheides nicht vor. Nach § 795 ZPO sind auf die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 ZPO erwähnten Vollstreckungstiteln die Vorschriften der §§ 724 bis 793 ZPO entsprechend anzuwenden, sofern nicht in den §§ 795a bis 800 ZPO abweichende Vorschriften enthalten sind. Eine Sonderbestimmung für Vollstreckungsbescheide findet sich zwar in § 796 Abs. 3 ZPO. Daraus ergibt sich aber, dass lediglich für die Klage auf Erteilung der Vollstreckungsklausel das "fiktive" Prozessgericht zuständig ist, welches für eine Entscheidung des Streitfalles zuständig gewesen wäre, während es im Übrigen bei der allgemein geregelten Zuständigkeitsbestimmung des § 724 Abs. 2 ZPO verbleibt (BGH NJW 1983, 3141 [3142]; LG Stuttgart Rpfleger 2000, 537 [538]; Hintzen, Anm. zu OLG Koblenz, Rpfleger 1994, 307 [308]). Durch die Vereinfachungsnovelle vom 3.12.1976 (BGBl. I, 3281) hat der Gesetzgeber die allgemeine Zuständigkeit des AG, welches den Vollstreckungsbescheid erlassen hat, für die Fälle der Titelumschreibung nicht geändert, sondern lediglich die Vorschrift des § 796 Abs. 1 a.F. ZPO der neuen Ausdrucksweise des Gesetzes angepasst. Nur für die Fälle der Klauselumschreibung im Klageweg erfolgte in § 796 Abs. 3 ZPO eine Anpassung an die Zuständigkeitsregelung nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid in § 700 Abs. 3 ZPO (BGH NJW 1983, 3141 [3142]). Für die Klauselerteilung nach § 796 Abs. 1 ZPO wird daraus von der h.M. (BGH NJW 1983, 3141 [3142]; LG Stuttgart Rpfleger 2000, 537 [538]; Hintzen, Anm. zu OLG Koblenz, Rpfleger 1994, 307 [308]; Geimer in Zöller, ZPO, 24. Aufl., § 796 Rz. 1; Thomas/Putzo, ZPO, § 796 Rz. 1; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 796 Rz. 1, m.w.N.) eine Zuständigkeit des Gerichtes abgeleitet, welches den Vollstreckungsbescheid erlassen hat. Dies gilt selbst dann, wenn eine erfolgreiche Klauselerteilungsklage vor dem Prozessgericht vorausgegangen ist (LG Stuttgart Rpfleger 2000, 537 [539]; Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, § 796 Rz. 1, 5; Paulus in Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 725 Rz. 16).

Da sich aus der gesetzlichen Regelung nichts anderes ergibt, gelten diese Gesichtspunkte in gleicher Weise auch für die Erteilung einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung eines Vollstreckungsbescheides gem. § 733 ZPO. Eine ggü. der Klauselerteilung besonders gelagerte Interessensituation, die eine abweichende Zuständigkeit begründen könnte, ist insoweit nicht erkennbar (Hintzen, Anm. zu OLG Koblenz, Rpfleger 1994, 307 [308]). Eine bleibende Zuständigkeit des im Mahnbescheid bezeichneten Prozessgerichts für die Erteilung der (zweiten) vollstreckbaren Ausfertigung wird insb. nicht schon durch die Abgabe des Verfahrens nach Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid begründet. Insoweit gilt dieselbe Zuständigkeitsverteilung, wie allgemein zwischen dem erstinstanzlichen und einem Gericht der höheren Instanz. Sobald das Rechtsmittelverfahren abgeschlossen ist, ...

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