Leitsatz

Die Parteien stritten um den von dem Ehemann zu zahlenden Trennungsunterhalt. Prozesskostenhilfe für die von ihr beabsichtigte Klage war der Ehefrau nur hinsichtlich von ihr geltend gemachter Rückstände und hinsichtlich eines von ihr über den freiwillig von dem Ehemann geleisteten hinausgehenden Betrages bewilligt worden. Kernproblem der Entscheidung war die Frage, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterhaltsklage auch dann besteht, wenn der Unterhaltsverpflichtete freiwillig einen Sockelbetrag leistet, ohne zur Titulierung insoweit bereit zu sein.

 

Sachverhalt

Die Klägerin machte für eine Trennungsunterhaltsklage Prozesskostenhilfe geltend. Erstinstanzlich wurde ihr Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit von Mai bis Oktober 2007 i.H.v. 1.471,00 EUR und für die Zeit ab November 2007 über einen freiwillig geleisteten Betrag von 458,00 EUR monatlich hinaus einen weiteren Elementarunterhalt von monatlich 256,00 EUR geltend machte. Nur insoweit wurde der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt. Das erstinstanzliche Gericht vertrat die Auffassung, es bestehe grundsätzlich dann kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Unterhaltsklage, wenn ein Teil des geltend gemachten Unterhalts freiwillig gezahlt werde und der Unterhaltsgläubiger nicht den Versuch unternommen habe, den Schuldner insoweit zur Abgabe einer vollstreckbaren Verpflichtungserklärung zu veranlassen. Zwar sei der Beklagte zur Titulierung aufgefordert worden. In dem Aufforderungsschreiben habe sich die Klägerin jedoch nicht bereit erklärt, auch die für die Titulierung entstehenden Kosten (Notarurkunde) zu übernehmen, so dass der unterhaltsverpflichtete Ehemann keine Klageveranlassung gegeben habe.

Die von der Klägerin gegen den erstinstanzlichen PKH-Beschluss eingelegte Beschwerde hatte teilweise Erfolg.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des OLG war das Begehren der Klägerin, Unterhaltsklage in voller Höhe einschließlich des Sockelbetrages einer freiwilligen Unterhaltsleistung zu erheben, nicht mutwillig.

Allerdings sei die Frage, ob eine Klage auf den gesamten Unterhalt im Rahmen der Prozesskostenhilfeprüfung nach § 114 ZPO als mutwillig zu betrachten sei, wenn der Unterhalt teilweise freiwillig gezahlt werde, umstritten.

Teilweise werde die Auffassung vertreten, dass ein genereller Anspruch auf eine Titulierung des gesamten Unterhalts bestehe (so OLG Hamm v. 2.12.2005 - 11 WF 354/05, FamRZ 2006, 627; OLG Koblenz v. 28.4.2006 - 13 WF 415/06, OLGReport Koblenz 2007, 96 = FamRZ 2006, 1611). Begründet werde diese Auffassung vor allem damit, dass eine unterhaltsberechtigte Partei sich nicht darauf verweisen lassen müsse, den gesamten Unterhalt im Wege von zwei sich einander ergänzenden Titeln geltend zu machen.

Die Gegenauffassung gehe davon aus, dass bei freiwilliger Teilzahlung immer von der Mutwilligkeit einer Klage über den Gesamtbetrag auszugehen ist (OLG Köln, FamRZ 1988, 1294).

Eine vermittelnde Meinung fordere, dass auf den vollen Unterhaltsbetrag nur dann geklagt werden dürfe, wenn der Verpflichtete vorher zu einer außergerichtlichen Titulierung aufgefordert worden sei und diese abgelehnt habe (OLG Karlsruhe FamRZ 2003, 102; OLG Oldenburg FamRZ 2003, 1479; Zimmermann, Prozesskostenhilfe - insbesondere in Familiensachen - 3. Aufl. 2007, Rz. 210). Das OLG Karlsruhe schloss sich der Auffassung an, wonach im Regelfall ein Unterhaltsgläubiger berechtigt ist, den gesamten geschuldeten Unterhalt in einem einheitlichen Titel tituliert zu erhalten, so dass grundsätzlich in einer Unterhaltsklage über den gesamten Betrag eine Mutwilligkeit nicht gesehen werden könne. Der verurteilte Pflichtige könne, wenn er zur Zahlung der Spitze verurteilt sei, die Zahlung des Sockelbetrages jederzeit einstellen. Es müsse dann wegen des Sockelbetrages neu geklagt werden. Eine Ausnahme sei allerdings für den Fall zu machen, wenn der Unterhaltsgläubiger sich weigere, die Kosten einer notariellen Beurkundung des Unterhalts zu übernehmen. Ein Unterhaltsberechtigter habe die Kosten einer notariellen Titulierung im Zweifel mangels rechtlicher Grundlage für die Erstattung durch den Unterhaltsschuldner zu tragen.

Vorliegend sei eine außergerichtliche Aufforderung der Klägerin zur Erstellung eines Unterhaltstitels über den Sockelbetrag erfolgt. In diesem Schreiben äußere sie sich nicht zur Kostentragung der notariellen Beurkundung. Das Schreiben enthalte aber auch keine ausdrückliche Weigerung der Klägerin, die Kosten zu übernehmen. Vor diesem Hintergrund war nach Auffassung des OLG ein Ausnahmefall nicht gegeben, so dass die Klägerin berechtigt gewesen sei, den gesamten Unterhaltsbetrag klageweise geltend zu machen.

Im Ergebnis sei ihr deshalb für den geltend gemachten Unterhalt nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ratenfreie Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

 

Hinweis

Im Hinblick auf die nach wie vor uneinheitliche Handhabung der Gerichte bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei Erhebung einer Klage über den gesamte...

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