Höchstrichterliche Klärung steht aus

Das LG hat die Rechtsbeschwerde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen. Da der Schuldner sich aber – wie so häufig – gar nicht zur Wehr gesetzt hatte und auch nicht an dem Verfahren beteiligt wurde, gab es niemanden, der die Rechtsbeschwerde hätte einlegen können. Mit einem Landgericht hat damit zwar ein zweitinstanzliches Gericht eine wegweisende Entscheidung getroffen. Eine höchstrichterliche Klärung steht aber weiter aus.

§ 4 Abs. 1 RDGEG falsch angewandt

Unzutreffend geht das LG davon aus, dass für registrierte Inkassounternehmen nach § 4 Abs. 1 RDGEG das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz gilt. Die Norm spricht von Erlaubnisinhabern. Diese sind zu unterscheiden von registrierten Inkassounternehmen. Für diese gilt das RVG explizit nicht.

Das Landgericht verwechselt mit diesem Bezug aber auch die Ebenen. Ob das RVG für Inkassounternehmer gilt, wäre eine Frage des Abrechnungsverhältnisses, d.h. der vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Inkassounternehmen und seinem Mandanten mit der Frage, ob das RVG als Taxe im Sinne des § 612 Abs. 2 BGB heranzuziehen ist. Hier geht es aber um die Frage des Erstattungsverhältnisses. Diese hat in § 4 Abs. 4 RDGEG ihre Regelung gefunden.

Ratio spricht für die Anwendung von § 92 Abs. 2 S. 3 ZPO

Die Ratio des § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO ist in der Begründung der Entscheidung etwas zu kurz gekommen. Sie liegt darin, dass der Rechtsanwalt in der Zeit, in der er ein eigenes Anliegen gleich einem beauftragten Rechtsdienstleister bearbeitet, nicht für einen Mandaten vergütungspflichtig tätig werden kann. Dieser "Ausfall" wird ihm in Form der Vergütung für das Tätigwerden in eigenen Angelegenheiten ersetzt. Das ist aber bei einem Inkassodienstleister nicht anders zu beurteilen. Auch er könnte in der Zeit, in der er "eigene" Forderungen einzieht, im Wege der Rechtsdienstleistungen für Dritte auch fremde Forderungen einziehen und hierdurch einen Vergütungsanspruch erlangen. Gleiches ist aber nach Art. 3 GG gleich zu behandeln. Nach § 2 Abs. 2 RDG ist die Abtretung zum Zwecke der Einziehung Teil der Berufsausübung und insoweit von Art. 12 GG geschützt. Letztlich ist der Vergütungsanspruch Teil des von Art. 14 GG geschützten Vermögens.

Sachgerechte Lösung für den Forderungskauf

Die Entscheidung bringt für die Praxis sachgerechte Lösungen beim Forderungsverkauf. Unternehmen können es sich heute nicht immer leisten, auf den Ausgleich einer berechtigten Forderung Monate oder gar Jahre zu warten. Sie sind auf den schnellen Liquiditätszuwachs angewiesen. Um diesen sicherzustellen, verkaufen sie notleidende Forderungen mit einem Abschlag. Den Liquiditätsbedarf der Unternehmen hinweggedacht, würden die Forderungen durch einen Rechtsdienstleister (Rechtsanwalt oder Inkassodienstleister) entgeltlich beigetrieben. Auch bei wertender Betrachtung ist es deshalb gerechtfertigt, dem Rechtsdienstleister den "mitverkauften" Verzugsschadensanspruch in Anwendung von § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO zuzubilligen.

FoVo 12/2017, S. 235 - 240

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