Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Rechtsangleichung. Zahlungsdienste im Binnenmarkt. Informationen an einen Zahler nach Eingang seines Zahlungsauftrags. Haftung des Zahlungsdienstleisters für nicht autorisierte Vorgänge. Pflicht des Dienstleisters, dem Zahler die nicht autorisierten Vorgänge zu erstatten. Rahmenverträge. Pflicht des Dienstleisters, dem Zahler Angaben zum betreffenden Zahlungsempfänger mitzuteilen

 

Normenkette

Richtlinie 2007/64/EG Art. 47 Abs. 1 Buchst. a, Art. 58, 60-61

 

Beteiligte

Beobank

ZG

Beobank SA

 

Tenor

Art. 47 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG

ist dahin auszulegen, dass

der Zahlungsdienstleister eines Zahlers verpflichtet ist, diesem die Angaben mitzuteilen, die die Identifizierung der natürlichen oder juristischen Person ermöglichen, die durch einen Zahlungsvorgang, mit dem das Konto dieses Zahlers belastet wurde, begünstigt wurde, und nicht nur die Angaben, über die dieser Dienstleister in Bezug auf diesen Zahlungsvorgang verfügt, nachdem er sich nach Kräften bemüht hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-351/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Justice de paix du canton de Forest (Friedensgericht des Kantons Forest, Belgien) mit Entscheidung vom 13. April 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Juni 2021, in dem Verfahren

ZG

gegen

Beobank SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič, I. Jarukaitis und Z. Csehi (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        von ZG, vertreten durch C. Sarli, Avocate,
  • –        der Beobank SA, vertreten durch D. Bracke, Advocaat,
  • –        der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs, C. Pochet und L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,
  • –        der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Očková, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch T. Scharf und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. Juli 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 38 Buchst. a der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen ZG und der Beobank SA, einer belgischen Bank, bei der der Kläger des Ausgangsverfahrens ein Bankkonto hat, wegen zwei Zahlungsvorgängen, die mit Hilfe der Debitkarte des Klägers getätigt wurden und die dieser als nicht autorisierte Vorgänge ansieht.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 1, 21, 23, 27, 40, 43 und 46 der Richtlinie 2007/64 hieß es:

„(1)      Für die Errichtung des Binnenmarkts ist die Abschaffung aller Binnengrenzen in der Gemeinschaft mit dem Ziel, den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital zu ermöglichen, unerlässlich. Ein einwandfrei funktionierender Binnenmarkt für Zahlungsdienste ist vor diesem Hintergrund von zentraler Bedeutung. …

(21)      In dieser Richtlinie sollten die Informationspflichten der Zahlungsdienstleister gegenüber den Zahlungsdienstnutzern festgelegt werden, damit Letztere ein gleich hohes Maß an verständlichen Informationen über Zahlungsdienste erhalten und so die Konditionen der verschiedenen Anbieter in der EU vergleichen und ihre Wahl in voller Kenntnis der Sachlage treffen können. Im Interesse der Transparenz sollte diese Richtlinie die harmonisierten Anforderungen festlegen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass der Zahlungsdienstnutzer sowohl zu dem mit dem Zahlungsdienstleister geschlossenen Vertrag als auch zum Zahlungsvorgang in ausreichendem Umfang alle notwendigen Informationen erhält. Damit der Binnenmarkt für Zahlungsdienste reibungslos funktionieren kann, sollten die Mitgliedstaaten nur solche Informationsvorschriften erlassen können, die in dieser Richtlinie vorgesehen sind.

(23)      Die Informationen sollten den Bedürfnissen der Nutzer angemessen sein und in standardisierter Form übermittelt werden. Allerdings sollten für Einzelzahlungen andere Informationspflichten gelten als für Rahmenverträge, die mehrere Zahlungsvorgänge betreffen.

(27)      Die Art und Weise, in der der Zahlungsdienstleister den Zahlungsdienstnutzer informieren muss, sollte den Erfordernissen des Nutzers sowie – je nach den im jeweiligen Zahlungsdienstvertrag getroffenen Vereinbarungen – praktischen technischen Aspekten und der...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge