Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Zahlungsdienste im Binnenmarkt. Geltungsbereich. Zahlungsdienstnutzer. Begriff. Ausführung eines Lastschrift-Zahlungsauftrags, der von einem Dritten für ein Konto, dessen Inhaber er nicht ist, erteilt wurde. Keine Autorisierung des Inhabers des belasteten Kontos. Nicht autorisierter Zahlungsvorgang

 

Normenkette

Richtlinie 2007/64/EG Art. 2, 58

 

Beteiligte

Mediterranean Shipping Company (Portugal)

Mediterranean Shipping Company (Portugal) – Agentes de Navegação SA

Banco Comercial Português SA

Caixa Geral de Depósitos SA

 

Tenor

1. Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff „Zahlungsdienste” im Sinne dieser Bestimmung die Ausführung von Lastschriften fällt, die vom Zahlungsempfänger zulasten eines Zahlungskontos ausgelöst wurden, dessen Inhaber er nicht ist, ohne dass der Inhaber des so belasteten Kontos ihnen zugestimmt hätte.

2. Art. 58 der Richtlinie 2007/64 ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff „Zahlungsdienstnutzer” im Sinne dieser Bestimmung der Inhaber eines Zahlungskontos fällt, zu dessen Lasten ohne seine Zustimmung Lastschriften ausgeführt wurden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal da Relação do Porto (Berufungsgericht Porto, Portugal) mit Entscheidung vom 21. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 30. April 2018, in dem Verfahren

Mediterranean Shipping Company (Portugal) – Agentes de Navegação SA

gegen

Banco Comercial Português SA,

Caixa Geral de Depósitos SA

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zehnte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos sowie der Richter E. Juhász und I. Jarukaitis (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Mediterranean Shipping Company (Portugal) – Agentes de Navegação SA, vertreten durch P. Neves de Sousa, advogado,
  • der Banco Comercial Português SA, vertreten durch M. Mendes Pereira und N. Carrolo dos Santos, advogados,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, T. Larsen, A. Pimenta und G. Fonseca als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Costa de Oliveira und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2 und 58 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mediterranean Shipping Company (Portugal) – Agentes de Navegação SA (im Folgenden: MSC) und der Banco Comercial Português SA (im Folgenden: Bank BCP) über die Erstattung bestimmter Summen, die durch Lastschrift auf dem Konto der MSC ohne deren Zustimmung belastet wurden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Richtlinie 2007/64 wurde durch die Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64 (ABl. 2015, L 337, S. 35) mit Wirkung vom 13. Januar 2018 aufgehoben und ersetzt. In Anbetracht des entscheidungserheblichen Zeitraums gilt für das Ausgangsverfahren jedoch weiterhin die Richtlinie 2007/64.

Rz. 4

In den Erwägungsgründen 3, 4, 24, 31 und 35 der Richtlinie 2007/64 hieß es:

„(3) I[m] Bereich [der Zahlungsverkehrsmärkte der Mitgliedstaaten] wurden bisher mehrere Rechtsakte [der Europäischen Union] erlassen, … Diese Maßnahmen sind weiterhin unzureichend. Zudem führt das Nebeneinander von nationalen Bestimmungen und unvollständigen [Unionsr]ahmenbestimmungen zu Verwirrung und mangelnder Rechtssicherheit.

(4) Auf [Unions]ebene sollte deshalb unbedingt ein moderner und kohärenter rechtlicher Rahmen für Zahlungsdienste … geschaffen werden, der neutral ist und gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Zahlungssysteme gewährleistet, damit der Verbraucher auch weiterhin freie Wahl hat, was im Vergleich zu den derzeitigen nationalen Systemen einen erheblichen Fortschritt in Bezug auf die Verbraucherkosten, die Sicherheit und die Effizienz bedeuten dürfte.

(24) In der Praxis sind Rahmenverträge und darunter fallende Zahlungsvorgänge weitaus häufiger und fallen wirtschaftlich mehr ins Gewicht als Einzelzahlungen. Bei Zahlungskonten oder bestimmten...

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