Entscheidungsstichwort (Thema)

Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Vorlage zur Vorabentscheidung. Europäisches Nachlasszeugnis. Anwendungsbereich. Inhalt des Europäischen Nachlasszeugnisses. Wirkungen des Europäischen Nachlasszeugnisses. Unbewegliches Nachlassvermögen, das in einem anderen Mitgliedstaat belegen ist als dem des Erbfalls. Eintragung dieses unbeweglichen Vermögensgegenstands in das Grundbuch dieses Mitgliedstaats. Gesetzliche Voraussetzungen für diese Eintragung gemäß dem Recht dieses Mitgliedstaats. Zwingender Charakter des Formblatts V im Anhang 5 dieser Durchführungsverordnung

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 650/2012 Art. 1 Abs. 2 Buchst. l, Art. 68, 69 Abs. 5; Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1329/2014

 

Beteiligte

Registrų centras

R. J. R.

Registrų centras VĮ

 

Tenor

Art. 1 Abs. 2 Buchst. l, Art. 68 Buchst. l und Art. 69 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses

sind dahin auszulegen,

dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, die vorsieht, dass der Antrag auf Eintragung eines unbeweglichen Vermögensgegenstands in das Grundbuch dieses Mitgliedstaats abgelehnt werden kann, wenn es sich bei dem einzigen zur Stützung dieses Antrags vorgelegten Schriftstück um ein Europäisches Nachlasszeugnis handelt, das diesen unbeweglichen Vermögensgegenstand nicht identifiziert.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-354/21

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht Litauens) mit Entscheidung vom 2. Juni 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Juni 2021, in dem Verfahren

R. J. R.

gegen

Registrų centras VĮ

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter D. Gratsias, M. Ilešič (Berichterstatter), I. Jarukaitis und Z. Csehi,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: M. Siekierzyńska, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        der litauischen Regierung, vertreten durch K. Dieninis und V. Kazlauskaitė-Švenčionienė als Bevollmächtigte,
  • –        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • –        der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, U. Bartl, M. Hellmann, R. Kanitz, P.-L. Krüger und U. Kühne als Bevollmächtigte,
  • –        der spanischen Regierung, vertreten durch I. Herranz Elizalde als Bevollmächtigten,
  • –        der französischen Regierung, vertreten durch A. Daniel und A.-C. Drouant als Bevollmächtigte,
  • –        der ungarischen Regierung, vertreten durch Z. Biró-Tóth und M. Z. Fehér als Bevollmächtigte,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch S. L. Kalėda und W. Wils als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. Juli 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. l und Art. 69 Abs. 5 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. 2012, L 201, S. 107).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen R. J. R. und dem Registrų centras VĮ (Registerzentrum, Litauen) über die Eintragung eines Eigentumsrechts an einer in Litauen belegenen Nachlassimmobilie, deren Erbe R. J. R. ist, in das Grundbuch.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Verordnung Nr. 650/2012

Rz. 3

In den Erwägungsgründen 7, 8, 18, 67 und 71 der Verordnung Nr. 650/2012 heißt es:

„(7)      Die Hindernisse für den freien Verkehr von Personen, denen die Durchsetzung ihrer Rechte im Zusammenhang mit einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug derzeit noch Schwierigkeiten bereitet, sollten ausgeräumt werden, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern. In einem europäischen Rechtsraum muss es den Bürgern möglich sein, ihren Nachlass im Voraus zu regeln. Die Rechte der Erben und Vermächtnisnehmer sowie der anderen Personen, die dem Erblasser nahestehen, und der Nachlassgläubiger müssen effektiv gewahrt werden.

(8)      Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es einer Verordnung, in der die Bestimmungen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung – oder gegebenenfalls die Annahme –, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Entscheidungen, öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zusammengefasst sind.

(18)      Die Voraussetzungen ...

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