Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Erbsachen und Europäisches Nachlasszeugnis. Anwendungsbereich. Immobilie, die in einem Mitgliedstaat belegen ist, der kein ‚Vindikationslegat’ kennt. Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen eines solchen Vermächtnisses

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 650/2012

 

Beteiligte

Kubicka

Aleksandra Kubicka

Przemysława Bac, in ihrer Eigenschaft als Notarin

 

Tenor

Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses sind dahin auszulegen, dass sie der Ablehnung der Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Vindikationslegats, das dem von einem Erblasser gemäß Art. 22 Abs. 1 dieser Verordnung gewählten auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht bekannt ist, durch eine Behörde eines Mitgliedstaats entgegenstehen, wenn die Ablehnung allein auf der Begründung beruht, dass dieses Vermächtnis das Eigentum an einer Immobilie betrifft, die in diesem Mitgliedstaat belegen ist, dessen Rechtsordnung das Institut des Vermächtnisses mit unmittelbarer dinglicher Wirkung im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls nicht kennt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Okręgowy w Gorzowie Wielkopolskim (Bezirksgericht Gorzów Wielkopolski, Polen) mit Entscheidung vom 8. März 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 19. April 2016, in dem Verfahren auf Antrag von

Aleksandra Kubicka

Beteiligte:

Przemysława Bac, in ihrer Eigenschaft als Notarin

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiunas,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. März 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Przemysława Bac, in ihrer Eigenschaft als Notarin, vertreten durch M. Margoński, zastępca notarialny,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna, M. Nowak und S. Żyrek als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze, J. Möller, M. Hellmann und J. Mentgen als Bevollmächtigte,
  • der griechischen Regierung, vertreten durch E. Tsaousi und A. Magrippi als Bevollmächtigte,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch V. Ester Casas und S. Jiménez García als Bevollmächtigte,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und M. Tátrai als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Wilderspin und A. Stobiecka-Kuik als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Mai 2017

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 2 Buchst. k und l sowie Art. 31 der Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (ABl. 2012, L 201, S. 107).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines von Frau Aleksandra Kubicka bei einem Notariat mit Sitz in Słubice (Polen) in Gang gesetzten Verfahrens zur Errichtung eines öffentlichen Testaments, das ein Vindikationslegat vorsieht.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 7, 8, 15, 18, 19 und 37 der Verordnung Nr. 650/2012 lauten:

„(7) Die Hindernisse für den freien Verkehr von Personen, denen die Durchsetzung ihrer Rechte im Zusammenhang mit einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug derzeit noch Schwierigkeiten bereitet, sollten ausgeräumt werden, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu erleichtern. In einem europäischen Rechtsraum muss es den Bürgern möglich sein, ihren Nachlass im Voraus zu regeln. Die Rechte der Erben und Vermächtnisnehmer sowie der anderen Personen, die dem Erblasser nahestehen, und der Nachlassgläubiger müssen effektiv gewahrt werden.

(8) Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es einer Verordnung, in der die Bestimmungen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung – oder gegebenenfalls die Annahme –, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Entscheidungen, öffentlichen Urkunden und gerichtlichen Vergleichen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses zusammengefasst sind.

(15) Diese Verordnung sollte die Begründung oder den Übergang eines Rechts an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen im Wege der Rechtsnachfolge von Todes wegen nach Maßgabe des auf die Rechtsnachfolge von T...

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