Die Bewertung des Erbbaurechts ist in § 193 BewG geregelt. Vorrangig ist der Wert des Erbbaurechts im Vergleichswertverfahren zu ermitteln. Erforderlich hierfür ist allerdings, dass Kaufpreise für entsprechende Vergleichsgrundstücke vorliegen, die möglichst

  • innerhalb der gleichen Grundstücksart,
  • mit etwa gleich hohen Erbbauzinsen,
  • in Gebieten mit etwa gleichem Bodenwertniveau,
  • mit gleicher Restlaufzeit und
  • etwa gleichen Möglichkeiten der Anpassung der Erbbauzinsen

vorhanden sind.

Diese Erfordernisse haben zur Folge, dass mangels entsprechender Vergleichsgrundstücke in der Praxis eine Bewertung nach dem Vergleichswertverfahren ausscheiden wird.[1]

Kann das Vergleichswertverfahren mangels entsprechender Vergleichsgrundstücke nicht angewandt werden, so ist der Wert des Erbbaurechts nach § 193 Abs. 2 BewG aus der Summe des Bodenwertanteils und dem Gebäudewertanteil zu bestimmen. Diese Methodik entspricht der finanzmathematischen Methode, die auch in den WertR bei der Ermittlung des Verkehrswerts angewandt wird. Der Ablauf der Ermittlung des gemeinen Werts des Erbbaurechts nach der finanzmathematischen Methode ergibt sich aus dem nachfolgenden Schaubild:

 
Angemessene Verzinsung des Bodenwerts    
   
erzielbarer Erbbauzins    
   
Unterschiedsbetrag   Gebäudeertrags- oder Gebäudesachwert
×   – (ggf.)
Vervielfältiger   Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks
=   =
Bodenwertanteil   Gebäudewertanteil
 

Grundbesitzwert

(typisierter gemeiner Wert)

Angemessene Verzinsung des Bodenwerts

Die angemessene Verzinsung des Bodenwerts ergibt sich aus dem nach § 179 BewG ermittelten Bodenwert kapitalisiert mit dem vom Gutachterausschuss ermittelten Liegenschaftszinssatz. Sofern ein solcher nicht vorliegt, gelten nach § 193 Abs. 4 Satz 2 BewG folgende Liegenschaftszinssätze:

  • 3 Prozent für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen,
  • 5 Prozent für Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum, das nicht wie Ein- und Zweifamilienhäuser gestaltet ist,
  • 5,5 Prozent für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von bis zu 50 Prozent,
  • 6 Prozent für gemischt genutzte Grundstücke mit einem gewerblichen Anteil von mehr als 50 Prozent und
  • 6,5 Prozent für Geschäftsgrundstücke und Teileigentum.

Erzielbarer Erbbauzins

Der erzielbare Erbbauzins ermittelt sich aus dem vertraglich vereinbarten jährlichen Erbbauzins.

Unterschiedsbetrag und Vervielfältiger

Der Unterschiedsbetrag ermittelt sich aus der angemessenen Verzinsung des Bodenwerts abzüglich des erzielbaren Erbbauzinses. Dieser ist sodann über die Restlaufzeit des Erbbaurechts mit dem aus Anlage 21 zum BewG zu entnehmenden Vervielfältiger zu kapitalisieren (§ 193 Abs. 3 Satz 2 BewG).

Bodenwertanteil

Der kapitalisierte Unterschiedsbetrag stellt sodann den Bodenwertanteil dar. Der Bodenwertanteil kann auch negativ sein. Dies kann dann eintreten, wenn der vereinbarte Erbbauzins höher ist als der bei Neuabschluss zum Bewertungsstichtag übliche Erbbauzins.

Mit dieser Vorgehensweise wird erreicht, dass der Bodenwertanteil des Erbbaurechts dem wirtschaftlichen Vorteil, den der Erbbauberechtigte dadurch erlangt, dass er in vielen Fällen gem. den Regelungen des Erbbauvertrags über die Restlaufzeit des Erbbaurechts nicht den vollen Bodenwertverzinsungsbetrag leisten muss, entspricht.

Gebäudeertrags- oder Gebäudesachwert

Je nachdem, welcher Grundstücksart das Gebäude zuzurechnen ist, ist entweder das Ertragswertverfahren oder das Sachwertverfahren einschlägig (§ 193 Abs. 5 Satz 1 BewG). Ist das Ertragswertverfahren einschlägig, so ermittelt sich der Gebäudeertragswert nach § 185 BewG (vgl. 4.2.5.2). Ist das Sachwertverfahren anzuwenden, ist nach § 190 BewG der Gebäudesachwert zu ermitteln (vgl. 4.2.5.3).

Der so ermittelte Gebäudeertrags- oder Gebäudesachwert ist um den Gebäudewertanteil des Erbbaugrundstücks zu vermindern, sofern der bei Ablauf des Erbbaurechts verbleibende Gebäudewert nicht oder nur teilweise zu entschädigen ist (§ 193 Abs. 5 Satz 2 BewG).

Gebäudewertanteil

Der Gebäudeertrags- oder Gebäudesachwert ggf. abzüglich des Gebäudewertanteils des Erbbaugrundstücks stellt sodann den Gebäudewertanteil dar.

Dieser ist mit dem Bodenwertanteil zu addieren. Die Summe stellt den Grundbesitzwert (gemeinen Wert) dar.

Bei vollwertiger Entschädigung bei Ablauf des Erbbaurechts entspricht der Gebäudeertrags- oder Gebäudesachwert dem Gebäudewertanteil.

Einzelheiten der Berechnung vgl. das Beispiel in "Erbschaftsteuer-Reform 2009: Auswirkungen auf die Gestaltungspraxis, Die Bewertung von Erbbaurechten".

[1] Vgl. Eisele, NWB Aktuell v. 25.2.2008, 695, 705 mit einer ähnlichen Einschätzung.

4.3.1.1 Erbbaugrundstück

Ebenfalls wie bei der Bewertung des Erbbaurechts ist die Bewertung des Erbbaugrundstücks vorrangig nach dem Vergleichswertverfahren vorzunehmen. Notwendig hierfür ist allerdings, dass entweder Vergleichskaufpreise oder Vergleichsfaktoren vorliegen (§ 194 Abs. 1 BewG).

Gem. § 194 Abs. 2 BewG ist – sofern das Vergleichswertverfahren nicht angewandt werden kann – wiederum auf die finanzmathematische Methode zurüc...

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