3.1 Rechtsgrundlage

Vorläufige Regelung

Im Fall des (beabsichtigten) Getrenntlebens bestimmt sich die Überlassung der Ehewohnung an einen der Ehegatten nach § 1361b BGB. Abs. 1 Satz 1 lautet: "Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden".

Die Vorschrift regelt die vorläufige Benutzung unter Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse. Ist ein Ehegatte freiwillig aus der Ehewohnung ausgezogen und hat diese dem anderen zur weiteren Nutzung bis zur Beendigung des Mietverhältnisses überlassen, fehlt es für einen Antrag nach § 1361b BGB an einem Regelungsbedürfnis.[1]

Abgrenzung zum GewSchG

In Fällen von Gewaltanwendung und Bedrohung kann der geschädigte Ehegatte grundsätzlich nach § 2 GewSchG die Überlassung der Ehewohnung an sich verlangen. Die Vorschrift unterscheidet sich inhaltlich durchaus in einigen Teilbereichen von § 1361b BGB, etwa bei der Befristung und der unbilligen Härte. Das Verhältnis der beiden gesetzlichen Regelungen zueinander ist umstritten. Nach überwiegender Auffassung besteht ein Nebeneinander der Vorschriften mit einem Wahlrecht des Ehegatten.[2]

Die Auswahl zwischen diesen Verfahren ist nach dem Ziel zu treffen, das erreicht werden soll: entweder nur eine – zeitlich befristete – Wohnungsüberlassung (dann § 2 GewSchG) oder eine Regelung in Trennungs- oder Scheidungsabsicht für die gesamte Dauer der Trennungszeit (dann § 1361b BGB).[3]

Teilweise Überlassung?

Wenn die Umstände des Einzelfalls es gestatten, kommt grundsätzlich auch eine (übergangsweise) Aufteilung der Ehewohnung in Betracht.[4]

Allerdings müssen dann die Wohnverhältnisse so großzügig bemessen sein, dass mit einem Zusammentreffen der zerstrittenen Ehepartner entweder nicht zu rechnen ist oder wenn sich die Ehepartner wenigstens im Interesse der Kinder zu arrangieren bereit sind und ein Mindestmaß an gegenseitiger Rücksichtnahme walten lassen.[5]

3.2 Voraussetzungen der Überlassung

Getrenntleben

Der Überlassungsanspruch setzt neben dem Bestehen einer wirksamen Ehe voraus, dass die Eheleute getrennt leben i. S. d. § 1567 BGB (Nichtbestehen einer häuslichen Gemeinschaft) oder dass einer von ihnen getrennt leben möchte.

Mitunter ist streitig, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind. Nach § 1567 Abs. 1 BGB leben die Ehegatten getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben. Durch den Auszug aus der ehelichen Wohnung, ohne äußeren Anlass, manifestiert sich regelmäßig auch der Wille zum Getrenntleben.[1]

 
Hinweis

Überlassung oder Zuweisung?

Es begrifflich zu beachten, dass es seit der gesetzlichen Neuregelung im Jahr 2009 keine Wohnungszuweisung mehr gibt, sondern allein Ansprüche auf Überlassung der Ehewohnung gem. §§ 1361b Abs. 1, 1568a Abs. 1, 2 BGB sowie nach § 2 Abs. 1, 6 GewSchG auf Überlassung der Wohnung, in der ein gemeinsamer Haushalt geführt wurde. Gleichwohl wird die aus der alten Hausratsverordnung herrührende Terminologie noch vielfach beibehalten.

Unbillige Härte

Die Überlassung der Wohnung an einen Ehegatten kann nur dann erfolgen, wenn sie – auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten – notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Auf Seiten des anderen Ehegatten sind vor allem dessen dingliche Rechte an der Wohnung zu berücksichtigen.[2] Das Gesetz nennt im Übrigen 2 Gesichtspunkte, die in der Regel eine unbillige Härte begründen: die Beeinträchtigung des Kindeswohls (Abs. 1 Satz 2) sowie der Fall körperlicher Gewaltausübung (Abs. 2). Im Übrigen stellen bloße Unannehmlichkeiten und Belästigungen keine unbillige Härte dar.[3]

Entscheidungskriterien

Der Begriff der unbilligen Härte ist grundsätzlich einzelfallbezogen auszufüllen. In die Gesamtabwägung einzubeziehen sind neben dem Verhältnis der Ehegatten zueinander die Belange des anderen Ehegatten, dingliche Rechtspositionen und alle wesentlichen sonstigen Umstände, die die Lebensbedingungen der Ehegatten, aber auch ihre Beziehung zu der Ehewohnung bestimmen. Die Entscheidung soll einerseits dem Persönlichkeitsschutz des in der Wohnung Verbliebenen dienen, andererseits dem anderen die räumliche und sozi...

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