Zusammenfassung

 
Überblick

Die Trennung der Eheleute ist rechtlich ein tiefer Einschnitt. Dabei steht auch das Schicksal der (vormals) ehelichen Wohnung im Mittelpunkt des Interesses. Streit gibt es oft um das Nutzungsrecht und etwaige Ausgleichszahlungen mit Auswirkungen auf den zu leistenden Unterhalt. Notfalls muss das Familiengericht zur Klärung angerufen werden.

1 Regelung der weiteren Nutzung

Viele Streitfragen

Zerbricht das Eheglück, haben die Partner nicht nur ihre gescheiterte Beziehung, sondern auch die wirtschaftlichen Folgen zu verkraften. Steht Grundbesitz im gemeinsamen Eigentum oder im Alleineigentum eines Ehegatten, muss für die widerstreitenden Interessen eine angemessene Regelung gefunden werden – erst recht, wenn Kinder betroffen sind. Dabei kommt es oft schon in der Trennungsphase zum Streit: Wer darf in der ehelichen Wohnung verbleiben? Welche Ausgleichszahlung ist zu leisten? Wer trägt weiterhin die Hausbelastungen (Kredite, Steuern, Gebühren usw.)? Wie wirkt sich der Wohnvorteil auf den etwa zu zahlenden Unterhalt aus? Nach welchen Regeln entscheidet im Streitfall das Gericht?

2 Begriff der Ehewohnung

Weite Auslegung

Der Begriff der Ehewohnung[1] ist in den Zuweisungsvorschriften § 1361b und § 1568a BGB identisch verwendet und nach allgemeiner Meinung weit auszulegen. Erfasst werden alle Räume, die die Ehegatten zum Wohnen benutzen oder gemeinsam bewohnt haben oder die dafür nach den Umständen bestimmt waren. Zur Ehewohnung gehören auch die Nebenräume (Boden, Keller, Abstellraum, Schuppen, Stallung, Garage) und der Hausgarten. Nicht hierzu zählen ausschließlich gewerblich oder beruflich genutzte Räume oder eine untervermietete Einliegerwohnung.

Neue Rechtsprechung des BGH

Zweifelhaft kann im Einzelfall sein, von welchem Zeitpunkt an die Wohnung ihren Charakter als Ehewohnung verliert. Nach früherer Ansicht des BGH[2] war dies erst dann der Fall, wenn der Ehegatte, der die Wohnung verlassen hat, diese endgültig aufgibt.

Doch nach der aktuellen Rechtsprechung behält die Ehewohnung diese Eigenschaft während der gesamten Trennungszeit.[3] Dies soll selbst dann gelten, wenn – wie in dem entschiedenen Fall – seit dem Auszug eines Ehegatten mittlerweile rund 10Jahre vergangen sind und dieser mit seiner Lebensgefährtin und Kindern seit Längerem ein anderes Haus bewohnt.

Auswirkungen

Die bisherige Auslegung des Begriffs der Ehewohnung durch den BGH erschien lebensnäher. Nunmehr kann ein Anspruch auf Überlassung der früher von den Ehegatten gemeinsam genutzten Wohnung während der Trennungszeit allein auf § 1361 b BGB gestützt werden. Darüber hinaus kann jedenfalls im Scheidungsverbund auch nach endgültigem Auszug eines Ehegatten die Überlassung der Wohnung nur gem.§ 1568 a BGB geltend gemacht werden.[4]

 
Hinweis

Spezialregelung

Ein auf die Eigentümerstellung gemäß § 985 BGB gestützter Herausgabeantrag ist unzulässig, da er durch § 1361b BGB verdrängt wird. Er kann auch nicht durch das Familiengericht in einen Antrag auf Wohnungsüberlassung umgedeutet werden. Der Rechtsuchende kann sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht ihm einen entsprechenden Hinweis erteilt – wozu es nach § 28 Abs. 2 FamFG eigentlich verpflichtet wäre.[5]

Partnerschaften

Nur um eine solche Ehewohnung geht es in der folgenden Darstellung, die sich mit dem Schicksal der Wohnung bei Trennung und Scheidung befasst. Für eingetragene Lebenspartner findet sich im Fall der Trennung eine § 1361b BGB ähnliche Bestimmung in § 14 LPartG; für den Fall der Aufhebung der Lebenspartnerschaft gilt § 1568a BGB entsprechend.[6] Auf Partner, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammenleben, sind die Vorschriften über die Ehewohnung nicht analog anwendbar.

[1] Bei der Wahl-Zugewinngemeinschaft wird der Begriff "Familienwohnung" identisch verwendet, dazu Amann, DNotZ 2013, S. 252, 256.
[2] BGH, Urteil v. 12.6.2013, XII ZR 143/11, NJW 2013 S. 2507, dazu Abramenko, FamRB 2014, S. 15.
[3] BGH, Beschluss v. 28.9.2016, XII ZB 487/15, FamRZ 2017, 22 = NJW 2017, 260; dem folgend OLG Frankfurt, Beschluss v. 11.3.2019, 4 UF 188/18, NZFam 2019 S. 44 mit Anm. Erbarth, dazu Neumann, FamRB 2019 S. 336.
[4] Giers, NJW 2017, S. 262.
[5] Näher dazu Schneider, NZFam 2020, S. 759, 760.

3 Vorläufige Überlassung bei Trennung

3.1 Rechtsgrundlage

Vorläufige Regelung

Im Fall des (beabsichtigten) Getrenntlebens bestimmt sich die Überlassung der Ehewohnung an einen der Ehegatten nach § 1361b BGB. Abs. 1 Satz 1 lautet: "Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden".

Die Vorschrift regelt die vorläufige Benutzung unter Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse. Ist ein Ehegatte freiwillig aus der Ehewohnung ausgezogen und hat diese dem anderen zur weiteren Nutzung bis zur Beendigung des Mietverhältnisses überlassen, fehlt es für einen Antrag nach § 1361b BGB an einem Regelungsbedürfnis.[1]

Abgrenzung zum GewSchG

In Fäll...

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