Gesetzestext

 

(1) Die Grundlage für die Bewertung bildet der zukünftig nachhaltig zu erzielende Jahresertrag. Für die Ermittlung dieses Jahresertrags bietet der in der Vergangenheit tatsächlich erzielte Durchschnittsertrag eine Beurteilungsgrundlage.

(2) Der Durchschnittsertrag ist regelmäßig aus den Betriebsergebnissen (§ 202) der letzten drei vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten. Das gesamte Betriebsergebnis eines am Bewertungsstichtag noch nicht abgelaufenen Wirtschaftsjahres ist anstelle des drittletzten abgelaufenen Wirtschaftsjahres einzubeziehen, wenn es für die Herleitung des künftig zu erzielenden Jahresertrags von Bedeutung ist. Die Summe der Betriebsergebnisse ist durch drei zu dividieren und ergibt den Durchschnittsertrag. Das Ergebnis stellt den Jahresertrag dar.

(3) Hat sich im Dreijahreszeitraum der Charakter des Unternehmens nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nachhaltig verändert oder ist das Unternehmen neu entstanden, ist von einem entsprechend verkürzten Ermittlungszeitraum auszugehen. Bei Unternehmen, die durch Umwandlung, durch Einbringung von Betrieben oder Teilbetrieben oder durch Umstrukturierungen entstanden sind, ist bei der Ermittlung des Durchschnittsertrags von den früheren Betriebsergebnissen des Gewerbebetriebs oder der Gesellschaft auszugehen. Soweit sich die Änderung der Rechtsform auf den Jahresertrag auswirkt, sind die früheren Betriebsergebnisse entsprechend zu korrigieren.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Obwohl auch das vereinfachte Ertragswertverfahren grundsätzlich auf eine Kapitalisierung der zukünftig nachhaltig erzielbaren Erträge abzielt,[1] wird für deren Prognose nicht etwa – wie beim Ertragswertverfahren nach IDW S 1[2] – auf Planungsrechnungen zurückgegriffen, sondern auf die in der Vergangenheit tatsächlich erzielten Ergebnisse. Auf diese Weise trägt der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass gerade in kleineren Unternehmen, deren Führung oftmals auf eine einzelne oder eine kleine Gruppe von Personen zugeschnitten ist, Finanzplandaten gar nicht oder nur in einem sehr eingeschränkten Umfang zur Verfügung stehen. Den Detaillierungsgrad, der für eine seriöse Plausibilitätsprüfung der getroffenen Annahmen erforderlich ist, stellen in der Regel nur größere Unternehmen zur Verfügung, die derartige Unterlagen für ihre Anteilseigner, kreditgewährende Banken etc. benötigen. Die Mehrzahl der in Deutschland tätigen Unternehmen verfügt aber im Zweifel nicht über entsprechende Planungsunterlagen. Vor diesem Hintergrund wäre es wenig sinnvoll, die Anfertigung derart detaillierter Planungsrechnungen ausschließlich für bewertungsrechtliche Zwecke zu fordern. Daher hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, den zukünftig erzielbaren Durchschnittsertrag auf der Grundlage von Vergangenheitsdaten zu schätzen.[3]

[1] Änderungsantrag der Fraktion CDU/CSU und SPD zu Art. 2 (BewG), S. 38 (zu § 201, zu Abs. 1).
[2] Vgl. FN-IDW 2008, 271 ff.
[3] Änderungsantrag der Fraktion CDU/CSU und SPD zu Art. 2 (BewG), S. 38 (zu § 201, zu Abs. 1).

B. Tatbestand/Rechtsfolgen

 

Rz. 2

Grundlage der Bewertung ist gem. § 201 Abs. 1 S. 1 BewG prinzipiell der zukünftig nachhaltig erzielbare Ertrag, also eine theoretische Größe. Für dessen Schätzung wird auf Durchschnittswerte aus der Vergangenheit zurückgegriffen. Maßgeblich ist gem. § 201 Abs. 1 S. 2 BewG der in der Vergangenheit tatsächlich erzielte Durchschnittsertrag.

 

Rz. 3

Der maßgebliche Durchschnittsertrag ist nach § 201 Abs. 2 S. 1 BewG möglichst aus den Betriebsergebnissen der letzten drei vor dem Bewertungsstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahre herzuleiten. Hat das letzte noch nicht abgelaufene Wirtschaftsjahr erkennbare Bedeutung für den zukünftig nachhaltig erzielbaren Ertrag, ist anstelle des drittletzten abgelaufenen Wirtschaftsjahres dieses (noch nicht abgelaufene) Wirtschaftsjahr einzubeziehen. In diesem Fall erfolgt die Berücksichtigung dieses Wirtschaftsjahres mit dem vollen Betriebsergebnis und nicht nur zeitanteilig.[4] Der Durchschnittsertrag ist das arithmetische Mittel der drei einbezogenen Jahreserträge. Diese werden also addiert und anschließend durch 3 dividiert.[5] Das Ergebnis stellt den Jahresertrag i.S.v. § 201 Abs. 2 S. 4 BewG dar.

 

Rz. 4

In einem sich dynamisch entwickelnden wirtschaftlichen Umfeld führt die bloße Fortschreibung der Ergebnisse der Vergangenheit oftmals zu unzutreffenden Ergebnissen. Dies gilt insb. dann, wenn sich der Charakter eines Unternehmens und damit auch seine Ertragsaussichten in der jüngeren Vergangenheit nachhaltig verändert haben[6] oder das Unternehmen neu entstanden ist. In solchen Fällen ist – soweit nicht nach R B 199.1 Abs. 6 ErbStR 2019 von einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis auszugehen ist – für die Ableitung des Durchschnittsertrages gem. § 201 Abs. 3 S. 1 BewG von einem verkürzten Analysezeitraum auszugehen, dessen Anfangspunkt dem Beginn der nachhaltigen Veränderungen (oder dem Zeitpunkt der Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit) entsprechen sollte.[7] Im Hinblick auf die Verkürzung des Analysezeitraums ist die Summe ...

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