Entscheidungsstichwort (Thema)

Beamter auf Probe. Entlassung eines –. Mitbestimmung des Personalrats bei der Entlassung eines –, Unterrichtung des Personalrats von beabsichtigter Maßnahme, ausreichende Kenntnis vom Sachverhalt trotz Aufhebung einer über die Probezeit abgegebenen dienstlichen Beurteilung wegen eines Formfehlers. Rechtmäßigkeit einer auf mangelnde Bewährung gestützten Entlassung eines–trotz Aufhebung einer über die Probezeit abgegebenen dienstlichen Beurteilung wegen eines Formfehlers

 

Normenkette

LEG NW § 34 Abs. 1 Nr. 2, § 104 Abs. 1 S. 1; LPVG NW § 66 Abs. 2 Sätze 1-2, § 72 Abs. 1 Nr. 7

 

Verfahrensgang

OVG für das Land NRW (Urteil vom 25.06.1985; Aktenzeichen 6 A 2915/83)

VG Köln (Entscheidung vom 22.06.1983; Aktenzeichen 19 K 255/82)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Juni 1985 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 24 800 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat keinen Erfolg.

Grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie mindestens eine – vom Beschwerdeführer darzulegende – konkrete Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausreichender Tragweite aufwirft, die zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedarf und deren Beantwortung in dem erstrebten Revisionsverfahren zu erwarten ist (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts; vgl. u.a. BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). Diese Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind hier nicht erfüllt.

Soweit die Beschwerde unter II, 2. der Beschwerdeschrift die Frage aufwirft, ob ein korrektes Anhörungsverfahren nach Sinn und Zweck des § 28 VwVfG voraussetzt, daß dem Beamten sämtliche Tatsachen eröffnet werden, auf die später eine Ermessensentscheidung gestützt wird, bedarf dies keiner Klärung in einem künftigen Revisionsverfahren. Gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG ist vor Erlaß eines in die Rechte eines Beteiligten eingreifenden Verwaltungsakts diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Daß hierzu insbesondere auch die für eine Ermessensausübung erheblichen Tatsachen gehören, hat das Bundesverwaltungsgericht bereits rechtsgrundsätzlich entschieden (vgl. BVerwGE 66, 184 ≪189 f.≫). Ob in einem bestimmten Verwaltungsverfahren eine diesen Anforderungen genügende Anhörung des Beteiligten stattgefunden hat oder nicht, läßt sich indessen nicht rechtsgrundsätzlich, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Falles beantworten. Deshalb kommt auch eine Zulassung der Revision wegen der von der Beschwerde unter II, 1. der Beschwerdeschrift aufgeworfenen Frage, ob eine ausreichende Anhörung der Klägerin im Entlassungsverfahren stattgefunden habe, obwohl ihr ein vom Berufungsgericht zur Rechtfertigung der mangelnden Bewährung erwähnter Bericht eines Schulleiters vom 27. Juli 1981 im Verwaltungsverfahren nicht bekanntgegeben worden sei, nicht in Betracht.

Auch die unter II, 3. der Beschwerdeschrift aufgeworfenen Fragen, ob von einer richtigen und vollständigen Unterrichtung der zuständigen Personalvertretung über eine beabsichtigte Entlassung eines Beamten auf Probe ausgegangen werden könne, wenn die dem Personalrat vorgelegte Gesamtbeurteilung des Beamten später durch ein rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben worden ist, und ob eine unrichtige oder unvollständige Unterrichtung des Personalrats einen zur Unwirksamkeit der Entlassungsverfügung führenden Mangel in der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens zur Folge habe, rechtfertigen eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im vorliegenden Fall nicht.

Gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – LPVG – vom 3. Dezember 1974 (GV.NW. S. 1514) unterrichtet der Leiter der Dienststelle den Personalrat, der gemäß § 72 Abs. 1 Nr. 7 LPVG bei der Entlassung eines Beamten auf Probe mitzubestimmen hat, von der beabsichtigten Maßnahme und beantragt seine Zustimmung; auf Verlangen des Personalrats muß er die beabsichtigte Maßnahme begründen. Hieraus folgt, daß es für die ordnungsgemäße Einleitung eines bei einer beamtenrechtlichen Maßnahme vorgeschriebenen Beteilungsverfahrens maßgeblich darauf ankommt, ob der Personalrat von dem Sachverhalt, der zu der Maßnahme Anlaß gibt, ausreichend Kenntnis hat, damit er die mit seiner Beteiligung bezweckte Berücksichtigung der Belange des einzelnen Bediensteten oder der Gesamtheit der Angehörigen der Dienststelle funktionsgerecht zur Geltung bringen kann (vgl. in diesem Zusammenhang BVerwGE 66, 291 ≪293, 297≫; Urteil vom 9. Mai 1985 – BVerwG 2 C 23.83 – ≪DVBl. 1985, 1236 = ZBR 1985, 347≫). Nach dem vom Berufungsgericht mit bindender Wirkung für ein erstrebtes Revisionsverfahren (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellten Sachverhalt ist die vom Personalrat erbetene und ihm bei seinem zustimmenden Beschluß vom 17. September 1981 bekannte Gesamtbeurteilung der Klägerin vom 3. August 1981 hier später vom Verwaltungsgericht aus formellen Gründen aufgehoben worden. Es ist nicht klärungsbedürftig, daß hieraus für sich allein kein Mangel der gesetzlich vorgeschriebenen Unterrichtung des Personalrats über die beabsichtigte Maßnahme folgt, so daß insoweit auch kein – möglicherweise zur Unwirksamkeit der Entlassungsverfügung führender – Mangel in der Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens in Betracht kommt.

Damit beantworten sich ohne weiteres auch die von der Beschwerde unter II, 4. und 5. aufgeworfenen Fragen, mit denen die Klägerin geklärt wissen will, welche Auswirkungen eine Aufhebung der dienstlichen Beurteilung auf die Verwertbarkeit der ihr zugrundeliegenden Tatsachen für eine wirksame Unterrichtung des Personalrats und für die Wirksamkeit der von diesen erteilten Zustimmung zur beabsichtigten Entlassung hat. Es ist eindeutig und nicht klärungsbedürftig, daß eine Unterrichtung des Personalrats über die beabsichtigte mitbestimmungspflichtige beamtenrechtliche Maßnahme und die von diesem auf Grund dieser Unterrichtung erteilte Zustimmung nicht dadurch nachträglich unwirksam werden, daß eine im Zuge dieser Unterrichtung vom Dienstherrn erstellte und dem Personalrat mitgeteilte Beurteilung des Beamten später aus formellen Gründen aufgehoben wird, sofern – wie hier – der der Beurteilung zugrundeliegende und auch die Entlassung wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit stützende Sachverhalt unverändert bleibt. Denn da es – wie ausgeführt – für die Beteiligung des Personalrats auf dessen vom Leiter der Dienststelle durch Unterrichtung zu gewährleistende ausreichende Kenntnis von dem die beabsichtigte Maßnahme veranlassenden Sachverhalt ankommt, ist der formelle Fortbestand einer diesen Sachverhalt als tatsächliche Grundlage verwertenden dienstlichen Beurteilung für sich allein für die Wirksamkeit der Beteiligung des Personalrats ohne Bedeutung.

Aus ähnlichen Erwägungen führt auch die von der Beschwerde unter II, 6. aufgeworfene Frage, ob die Einschätzung der mangelnden dienstlichen Bewährung der Klägerin auf einer falschen oder unzureichenden Beurteilungsgrundlage beruht, wenn einer der für sie angegebenen Gründe als von Anfang an unwirksam angesehen werden muß, nicht zu einer die Zulassung der Revision rechtfertigenden grundsätzlichen Bedeutung der Sache. Grundlage der Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen – LEG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (GV.NW. S. 234) ist das Urteil des Dienstherrn, daß sich der Beamte in der Probezeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nicht bewährt hat. Es ist nicht klärungsbedürftig, daß dieses Bewährungsurteil nicht dadurch in seinem Bestand in Frage gestellt wird, daß eine ebenfalls über die Probezeit des Beamten abgegebene dienstliche Beurteilung vom Beamten angegriffen und – wie hier – vom Verwaltungsgericht wegen eines formellen Fehlers aufgehoben wird. Maßgeblich für die Rechtmäßigkeit der auf mangelnde Bewährung gestützten Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe ist, ob die zur Stützung des negativen Urteils über die Bewährung herangezogenen Tatsachen zutreffen und ob sie im Rahmen der dem Dienstherrn eingeräumten Beurteilungsermächtigung die Entlassung wegen mangelnder Bewährung rechtfertigen können, nicht hingegen, ob eine über die Probezeit abgegebene dienstliche Beurteilung als solche formell Bestand hat (vgl. hierzu auch Beschluß vom 4. April 1984 – BVerwG 2 B 19.83 – ≪Buchholz 237.2 § 67 Nr. 4≫ mit weiteren Nachweisen).

Aus den dargelegten Gründen folgt zugleich, daß die von der Beschwerde unter II, 7. aufgeworfenen Fragen, ob die Ermessensausübung nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 LEG nicht notwendig fehlerhaft ist, wenn sie auch auf Tatsachen und Gründe gestützt ist, die sich als von Anfang an unwirksam herausstellen, und ob der Begründungspflicht des § 39 VwVfG noch genügt ist, wenn sich später herausstellt, daß die abgegebene Begründung zum Teil nicht zutrifft oder nicht richtig ist, gleichfalls nicht zu einer Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führen können, weil sie sich in dieser Form in einem erstrebten Revisionsverfahren nicht stellen würden.

Es kann offenbleiben, ob die unter II, 8. der Beschwerdeschrift gestellte Frage nach der Ermessensbindung der Verwaltung auf Grund von Richtlinien in dem Sinne, daß vor Erlaß einer Entlassungsverfügung nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 LEG eine gültige Gesamtbeurteilung nach § 104 LEG vorliegen müsse, in ihrer Tragweite über den Einzelfall hinausweist. Denn aus den Vorläufigen Richtlinien zur dienstlichen Beurteilung von Lehrern (Runderlaß des Kultusministers vom 29. August 1980, GABl. NW. S. 511) ergibt sich die von der Beschwerde angenommene, von dem bisher Ausgeführten abweichende Verknüpfung des Bewährungsurteils mit dem formellen Bestand der dienstlichen Beurteilung nicht.

Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Wert des Streitgegenstandes ist für das Beschwerdeverfahren gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG festgesetzt worden; dabei hat der Senat – entsprechend seiner ständigen Praxis in Streitsachen, welche die Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Probe betreffen – den geschätzten halben Jahresbetrag des Endgrundgehalts (hier aus der Besoldungsgruppe A 13) als Anhaltspunkt für die Bedeutung der Sache zugrunde gelegt.

 

Unterschriften

Dr. Franke, Sommer, Dr. Müller

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1213607

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