Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 21.12.1988)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Dezember 1988 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die 1959 geborene Klägerin begehrt Arbeitslosengeld (Alg), hilfsweise Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1. Februar bis 17. Dezember 1985.

Ab 1. Oktober 1977 studierte sie an der Universität B. … Rechtswissenschaft im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung nach der Verordnung über die einstufige Juristenausbildung (EJAO) des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26. September 1974 (GVBl NW 1974, 1026). Die EJAO wurde durch die Verordnungen vom 11. November 1981 (GVBl NW 1981, 632) und vom 15. Oktober 1982 (GVBl NW 1982, 718) geändert. Diese Ausbildung dauerte nach den Feststellungen des Landessozialgerichts (LSG) insgesamt 80 Monate und gliederte sich in eine zweiteilige Grundausbildung (Grundausbildung I: 30 Monate, Grundausbildung II: 28 Monate) und eine Schwerpunktausbildung (22 Monate). Innerhalb der Grundausbildung II und der Schwerpunktausbildung wechselten sich die Abschnitte des Studiums und der praktischen Ausbildung ab. In der Zeit vom 1. März 1980 bis 31. Januar 1985 stand die Klägerin in einem Rechtspraktikantenverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen und bezog vom 1. August 1981 bis 31. Januar 1985 eine monatliche Unterhaltsbeihilfe in Höhe von zuletzt 1.921,– DM brutto.

Am 31. Januar 1985 meldete sich die Klägerin zum 1. Februar 1985 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alhi. Die Beklagte lehnte dies ab mit der Begründung, daß die Klägerin innerhalb des letzten Jahres vor der Arbeitslosmeldung nicht mindestens 150 Kalendertage beitragspflichtig beschäftigt gewesen sei und ihr ein Anspruch auf Alhi auch nicht aufgrund eines anderen Sachverhalts zustehe (Bescheid vom 4. März 1985; Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 1985).

In der Zeit vom 15. April bis 4. Oktober 1985 nahm die Klägerin an einem ganztägigen Fortbildungslehrgang „kaufmännische Praxisqualifizierung für Juristen und Wirtschaftswissenschaftler” teil, der von der Beklagten zwar mit Leistungen gefördert wurde, für den die Klägerin jedoch kein Unterhaltsgeld erhielt.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, mit der die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alg, hilfsweise von Alhi für die Zeit vom 1. Februar bis 17. Dezember 1985 begehrte, unter Zulassung der Berufung abgewiesen (Urteil vom 9. September 1987). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 21. Dezember 1988) und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg seien nicht gegeben, da die Klägerin die hierfür erforderliche Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe. Innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist vor der Arbeitslosmeldung habe sie nicht 360 Kalendertage eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt. Beitragspflichtig seien nach § 168 Abs 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) grundsätzlich nur Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt seien, was jedoch auf die Klägerin innerhalb der hier maßgeblichen dreijährigen Rahmenfrist nicht zutreffe, da sie keine Beschäftigungszeiten iS dieser Vorschrift aufweisen könne. Zwar gelte nach § 7 Abs 2 des Sozialgesetzbuches – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB 4) als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung. Durch die Studienzeiten habe die Klägerin jedoch diese Voraussetzung nicht erfüllt, da sie während der Zeit, in der sie studiert habe, den Pflichten einer ordentlichen eingeschriebenen Studentin unterworfen und insoweit nicht im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung von dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers abhängig gewesen sei. Dahinstehen könne, ob die in der Grundausbildung II und in der anschließenden Schwerpunktausbildung abzuleistenden Praktika als Beschäftigung iS des § 7 SGB 4 anzusehen seien; denn diese Praktikazeiten seien nach § 169 Nr 1 AFG iVm § 172 Abs 1 Nr 5 der Reichsversicherungsordnung (RVO) beitragsfrei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei auch eine berufspraktische Tätigkeit während eines durch Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praxissemesters versicherungs- und damit beitragsfrei, wenn derjenige, dessen Versicherungs- und Beitragspflicht zu beurteilen sei, seinem Erscheinungsbild nach Student bleibe und nicht als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer angesehen werden müsse. Für die Frage des Erscheinungsbildes komme es nicht darauf an, ob die Ausbildung des Absolventen der einstufigen Juristenausbildung sowie dessen Rechte und Pflichten mit denen eines Referendars vergleichbar seien, sondern darauf, ob trotz der Beschäftigung der Studentenstatus überwiege. Diesbezüglich dürfe nicht darauf abgestellt werden, ob die ausgeübte Tätigkeit an sich der Beitragspflicht unterliege, sondern entscheidend sei, ob die berufspraktische Tätigkeit geeignet sei, den Status als Student, der bisher dem Erscheinungsbild des Teilnehmers das Gepräge gegeben habe, dahin zu ändern, daß er nunmehr zum Kreis der Beschäftigten gehöre. Im vorliegenden Fall sei dies zu verneinen, da die Klägerin auch während der Teilnahme am Praktikum weiterhin an der Hochschule immatrikuliert geblieben sei und eine Statusänderung in ihrem Erscheinungsbild aufgrund der Art und Ausgestaltung der Berufspraktika, wie sie durch die Ausbildungsordnung des Landes Nordrhein-Westfalen erfolgt sei, nicht festgestellt werden könne. Mangels beitragspflichtiger Beschäftigung während der Praktikazeiten habe die Klägerin daher die Anwartschaftszeit iS des § 104 AFG nicht erfüllt. Darüber hinaus könne die Klägerin Alg für die Zeit vom 15. April bis 4. Oktober 1985 auch deshalb nicht beanspruchen, weil sie in dieser Zeit an einer Vollzeitfortbildungsmaßnahme teilgenommen habe, so daß ein Anspruch auf Alg mangels Verfügbarkeit nach § 103 Abs 1 AFG zu verneinen sei.

Auch ein Anspruch auf Alhi stehe der Klägerin nicht zu, da sie die nach § 134 AFG hierfür erforderliche Anwartschaftszeit für den gesamten geltend gemachten Leistungszeitraum nicht erfüllt habe. Darüber hinaus fehle es aufgrund der oa Gründe für die Zeit vom 15. April bis 4. Oktober 1985 an der Tatbestandsvoraussetzung der Verfügbarkeit. Eine Anwartschaft nach § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG habe die Klägerin nicht erworben, da sie innerhalb des Jahres vor der Arbeitslosmeldung weder Alg bezogen noch mindestens 150 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt habe, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen könnten. Als Rechtspraktikantin sei sie weder beitragspflichtig beschäftigt gewesen noch habe sie Zeiten zurückgelegt, die einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstünden. Bestätigt werde dies durch die am 1. Januar 1986 in Kraft getretene, durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (7. AFG-ÄndG) eingefügte Vorschrift des § 241a AFG, derzufolge die Zeiten der einstufigen Juristenausbildung vom Beginn des vierten Jahres der Ausbildung an einer Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG gleichstünden, was vor dem Inkrafttreten dieser Regelung, wie der Begründung des Gesetzesentwurfs entnommen werden könne, nicht der Fall gewesen sei. Der Umstand, daß die Vorschrift nur für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 31. Dezember 1985 gelte mit der Folge, daß die Klägerin aufgrund dieser Stichtagsregelung nicht mehr zu dem begünstigten Personenkreis gehöre, begründe keinen Verstoß der Übergangsregelung gegen Art 3 des Grundgesetzes (GG); denn insoweit habe der Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit und der einzelne Bürger keinen Anspruch darauf, daß der Gesetzgeber rückwirkend Vorschriften erlasse, die alle in der Vergangenenheit liegenden Fälle mitumfasse.

Des weiteren führt das LSG aus, die Klägerin könne sich für ihre gegenteilige Auffassung auch nicht auf das Urteil des 1. Senats vom 6. Oktober 1988 (BSGE 64, 130 = SozR 2200 § 1232 Nr 26) stützen, da dort die Bewertung des Rechtspraktikantenverhältnisses als beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis allein unter rentenrechtlichen Gesichtspunkten erfolgt sei. Wegen der unterschiedlichen Zielsetzung zwischen Renten- und Arbeitslosenversicherung und der hiermit jeweils verbundenen Beurteilungskriterien seien die Ausführungen dieser Entscheidung nicht auf den Bereich der Arbeitslosenversicherung übertragbar, zumal für das Arbeitsförderungsrecht anders als für die Rentenversicherung der Grundsatz der versicherungsrechtlichen Kontinuität, demzufolge aus verwaltungsökonomischen Gründen während des Studiums ein Wechsel des Versicherungsgrundes vermieden werden solle, von besonderer Bedeutung sei. Während in der Rentenversicherung der Schutzzweck im Vordergrund stehe, hinsichtlich der Praktikazeiten die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung rentenversicherungsrechtlich nicht schlechter zu stellen als die Referendare der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung, sei im Rahmen des Leistungsrechts nach dem Arbeitsförderungsgesetz der Wille des Gesetzgebers zu berücksichtigen, der mit der Änderung des § 134 AFG durch das Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) nicht zum Kreis der Arbeitnehmer gehörende Personen von der Anspruchsberechtigung auf Alhi habe ausschließen wollen.

Darüber hinaus könne der geltend gemachte Anspruch auf Alhi auch nicht auf den Ersatztatbestand des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG gestützt werden, da das Rechtspraktikantenverhältnis nach der EJAO des Landes Nordrhein-Westfalen nicht als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS dieser Vorschrift anzusehen sei. Die Frage, wann ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliege, sei am Prototyp dieses Verhältnisses, nämlich dem Beamtenverhältnis, zu messen und nur, wenn es diesem in wesentlichen Punkten ähnele, könne es sich um ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis handeln. Auf das Rechtspraktikantenverhältnis der einstufigen Juristenausbildung in Nordrhein-Westfalen treffe dies jedoch nicht zu, da es anders als die Rechtsverhältnisse der Beamten, Richter und Soldaten nicht auf die Leistung von Diensten ausgerichtet sei, sondern ausschließlich Ausbildungszwecken diene und der Teilnehmer während der gesamten Dauer der Ausbildung seinem Erscheinungsbild nach Student bleibe. Dies folge daraus, daß nach den Vorschriften der EJAO und den darin geregelten Ausbildungsgrundsätzen Studium und praktische Ausbildung zu einem einheitlichen Ausbildungsgang verbunden seien und hierdurch den Teilnehmern auch während der Praktikazeiten Gelegenheit zum Selbststudium gegeben werden solle. Hieran ändere nichts, daß nach § 55 Abs 2 EJAO für die Rechte und Pflichten des Rechtspraktikanten die für einen Referendar im juristischen Vorbereitungsdienst geltenden Vorschriften sinngemäß anwendbar seien, soweit in dieser Vorschrift nichts anderes bestimmt werde; denn die in der Verordnung bestimmten Abweichungen seien so wesentlich, daß der Rechtspraktikant im Gegensatz zum Referendar nicht den Status eines Beamten erhalte. Dies schließe aus, im Rechtspraktikantenverhältnis ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zu sehen.

Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 168 und § 134 Abs 2 Nr 1 AFG sowie einen Verstoß gegen Art 3 GG. Zur Begründung trägt sie vor:

Voraussetzung für den Anspruch auf Alg sei zwar, daß eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung ausgeübt worden sein müsse. Zu Unrecht habe das LSG hier jedoch das Vorliegen dieser Anspruchsvoraussetzung verneint und weder die Zeiten der berufspraktischen Tätigkeit noch die Gesamtausbildung im Rahmen des Rechtspraktikantenverhältnisses einschließlich der Studienabschnitte als beitragspflichtige Beschäftigung iS des § 168 AFG angesehen. Hierbei habe es verkannt, daß auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse im Rahmen berufspraktischer Ausbildung in Einrichtungen des öffentlichen Dienstes als betriebliche Ausbildung iS des § 7 Abs 2 SGB 4 zu qualifizieren sei, wenn die praktische Ausbildung, wie hier, weder Teil des Studiums sei noch von der Hochschule durchgeführt werde. Dies ergebe sich zum einen daraus, daß die im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung abzuleistenden Praktika nicht durch Hochschulrecht vorgeschrieben, sondern durch die Vorschriften der EJAO und des Juristenausbildungsgesetzes (JAG) vom 15. Oktober 1982 (GVBl NW 1982, 702) geregelt seien, und zum anderen aus der Tatsache, daß der Rechtspraktikant während der Dauer der berufspraktischen Tätigkeit der Dienstaufsicht des Präsidenten des Oberlandesgerichts unterstehe, der auch für die Koordinierung der Ausbildung zuständig sei. Lediglich aus organisatorischen Gründen bleibe der Rechtspraktikant während der Praktikazeiten an der Hochschule immatrikuliert. Hieraus folge, daß nicht nur die reinen Praktikazeiten als betriebliche Ausbildung zu werten, sondern auch die Gesamtausbildung im Rahmen des Rechtspraktikantenverhältnisses einschließlich der Studienabschnitte als eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung anzusehen sei, da während der gesamten Dauer des Rechtspraktikantenverhältnisses der Status und das Erscheinungsbild des Teilnehmers im wesentlichen durch den Charakter des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses geprägt werde.

Auch die Verneinung eines Anspruchs auf Alhi mit der Begründung, das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis des Rechtspraktikanten in Nordrhein-Westfalen erfülle nicht die Voraussetzungen, die an ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG zu stellen seien, sei rechtlich nicht haltbar. Zwar bleibe auch in Nordrhein-Westfalen der Absolvent der einstufigen Juristenausbildung bis zur Beendigung der Ausbildung immatrikuliert und habe damit den Status eines Studenten, doch folge hieraus nicht, daß er während der gesamten Dauer der Ausbildung seinem Erscheinungsbild nach überwiegend als Student anzusehen sei. Als Rechtspraktikant stehe er in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen, das sowohl hinsichtlich der Zielsetzung als auch der inhaltlichen Ausgestaltung dem Referendariat bei der zweistufigen Juristenausbildung entspreche und auf das die hierfür geltenden Vorschriften sinngemäß anzuwenden seien mit der Folge, daß in Nordrhein-Westfalen der Rechtspraktikant und der Referendar im wesentlichen die gleichen Rechte und Pflichten hätten. Dies sei beispielsweise hinsichtlich der Dienstleistungspflicht der Fall; denn anders als der Student sei auch der Rechtspraktikant in Nordrhein-Westfalen zur Leistung von Diensten verpflichtet und das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis hierauf ausgerichtet. Hierdurch unterscheide sich das Rechtspraktikantenverhältnis in Nordrhein-Westfalen von denen anderer Bundesländer. Hieraus folge, daß die sozialversicherungsrechtliche Absicherung des Rechtspraktikanten nicht der eines Studenten entspreche und der Rechtspraktikant daher während der Dauer des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses seinem Erscheinungsbild nach nicht als Student angesehen werden könne. Die Tatsache, daß er bis zum Abschluß seiner Ausbildung an der Hochschule immatrikuliert bleibe, stehe dem nicht entgegen, da dies auch auf eine Vielzahl von Referendaren im juristischen Vorbereitungsdienst zutreffe, ohne daß diese hierdurch ihrem Erscheinungsbild nach den Studenten zuzuordnen seien. Behandele man Rechtspraktikanten hinsichtlich der Gewährung von Alhi anders als Rechtsreferendare, begründe dies einen Verstoß gegen Art 3 GG. Zu rechtfertigen sei dies auch nicht damit, daß vor Inkrafttreten des § 241a AFG am 1. Januar 1986 die Rechtspraktikanten nach Auffassung des Gesetzgebers ihrem Status nach Studenten gewesen seien und daher keinen Anspruch auf Alhi besessen hätten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. März 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Mai 1985 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar bis 17. Dezember 1985 Arbeitslosengeld,

hilfsweise,

Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend.

Die Beigeladenen, die keinen Antrag stellen, halten das angefochtene Urteil gleichfalls für richtig. Die Beigeladene zu 3) führt unter Hinweis auf ihre Ausführungen in einem beim 12. Senat anhängigen Revisionsverfahren – 12 RK 12/87 – ergänzend aus, daß entgegen der Auffassung der Klägerin keine Gründe dafür ersichtlich seien, weshalb Studenten der einstufigen und der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung versicherungsrechtlich anders als die Studenten anderer Fakultäten zu beurteilen seien.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.

Von Amts wegen zu berücksichtigende, in der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, zu denen auch Mängel des Klageverfahrens gehören (BSGE 49, 197, 198 = SozR 4100 § 119 Nr 11), liegen nicht vor. Ein solcher ergibt sich nicht daraus, daß die Klägerin mit der von ihr erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 4 SGG primär die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alg, hilfsweise von Alhi begehrt, obwohl sie bei der Beklagten formell nur die Gewährung von Alhi beantragt hat. Letzteres schließt nicht aus, ihren Antrag nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung auch als Antrag auf Alg aufzufassen, sofern ihrem Vorbringen, wie hier, zu entnehmen ist, daß sie die ihr zustehende Leistung begehrt und darüber hinaus, wie dies vorliegend der Fall ist, keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß nur die ausdrücklich bezeichnete Leistungsart beantragt wurde (vgl dazu BSGE 49, 114, 116 = SozR 4100 § 100 Nr 5). Daß die Beklagte im Verwaltungsverfahren ausdrücklich nur über einen etwaigen Anspruch der Klägerin auf Alhi entschieden hat, ändert nichts daran, daß sie den Antrag der Klägerin insgesamt abgelehnt hat, wenn auch möglicherweise mit einer unzutreffenden Begründung. Das Erfordernis eines Vorverfahrens iS von § 78 SGG ist daher vorliegend erfüllt (BSGE 49, 114, 116 = SozR 4100 § 100 Nr 5).

In der Sache hat das LSG zutreffend entschieden, daß der Klägerin weder ein Anspruch auf Alg noch ein Anspruch auf Alhi zusteht.

Nach § 100 Abs 1 AFG hat Anspruch auf Alg, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Ob der Anspruch der Klägerin auf Alg für die Zeit vom 15. April bis 4. Oktober 1985 auch deswegen zu verneinen ist, weil sie in dieser Zeit wegen Teilnahme an einer Vollzeitfortbildungsmaßnahme nicht verfügbar (§ 103 Abs 1 AFG) gewesen ist, kann dahinstehen; denn in jedem Fall steht dem Anspruch auf Alg entgegen, daß die Klägerin nicht die erforderliche Anwartschaftszeit erfüllt hat. Die Anwartschaftszeit hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat (§ 104 Abs 1 AFG in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Konsolidierung der Arbeitsförderung – Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetz -AFKG- vom 22. Dezember 1981 – BGBl I 1497 –). Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre und geht dem ersten Tage der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt sind (§ 104 Abs 2 und 3 AFG). Die Klägerin hat sich zum 1. Februar 1985 arbeitslos gemeldet und mit ihrem Antrag auf Alhi, wie ausgeführt, sinngemäß auch die Gewährung von Alg beantragt. Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG kann davon ausgegangen werden, daß auch die sonstigen Voraussetzungen für die Gewährung von Alg (Arbeitslosigkeit und Verfügbarkeit) zumindest zu diesem Zeitpunkt vorlagen, da die Klägerin an der Vollzeitfortbildungsmaßnahme erst ab 15. April 1985 teilgenommen hat. Die Rahmenfrist reicht daher vom 1. Februar 1982 bis 31. Januar 1985. In diesem Zeitraum hat die Klägerin nicht 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden. Wie den Feststellungen des LSG zu entnehmen ist, stand die Klägerin in der hier maßgeblichen dreijährigen Rahmenfrist im Rahmen der einstufigen Juristenausbildung nach der EJAO des Landes Nordrhein-Westfalen als Rechtspraktikantin in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis zum Land Nordrhein-Westfalen (Rechtspraktikantenverhältnis), in das sie am 1. März 1980 aufgenommen worden war und in dem sie bis zum 31. Januar 1985, dh bis zum Abschluß ihrer Ausbildung, verblieb. Zutreffend sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß die Klägerin hiernach innerhalb der dreijährigen Rahmenfrist eine der Beitragspflicht unterliegende Beschäftigung nicht ausgeübt hat.

Beitragspflichtig sind nach § 168 Abs 1 Satz 1 AFG in der bis zum Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343) geltenden Fassung Personen, die als Arbeiter oder Angestellte gegen Entgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind (Arbeitnehmer), soweit sie nicht nach § 169 AFG oder einer Rechtsverordnung nach § 173 Abs 1 AFG beitragsfrei sind. Nach § 7 Abs 1 des Sozialgesetzbuches – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB 4), der nach § 173a AFG auch für die Beitragspflicht zur Arbeitslosenversicherung gilt, ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs 2 SGB 4 gilt als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung. Danach scheiden die hier in die dreijährige Rahmenfrist fallenden reinen Studienzeiten, die der Absolvent der einstufigen Juristenausbildung im Rahmen seiner Ausbildung an der Universität zurücklegt, und die die Gesamtausbildung abschließende Prüfungszeit von vornherein als Beschäftigungszeiten aus; denn in diesen Zeiten hat die Klägerin weder eine nichtselbständige Arbeit verrichtet noch ist sie im Rahmen einer betrieblichen Berufsausbildung beschäftigt worden (vgl hierzu BSG vom 12. Dezember 1985 – 7 RAr 122/84, 137/84 und 31/85 –; vom 17. April 1986 – 7 RAr 127/84 und 133/84 –; BSGE 60, 61 = SozR 2200 § 1232 Nr 19; BSG vom 20. März 1986 – 11a RA 32/85, 52/85 und 54/85 –; BSGE 64, 130 = SozR 2200 § 1232 Nr 26; BSG vom 6. Oktober 1988 – 1 RA 53/86 und 51/87 –).

Als Beschäftigung iS des § 104 Abs 1 AFG kommt somit allenfalls die in die dreijährige Frist fallende Zeit der berufspraktischen Tätigkeit der Klägerin in Betracht. Ob es sich insoweit gemäß § 7 SGB 4 um Beschäftigungen handelte, kann indes dahingestellt bleiben; denn falls eine Beschäftigung vorgelegen haben sollte, war sie gemäß § 169 Nr 1 AFG aF iVm § 172 Abs 1 Nr 5 RVO aF beitragsfrei.

Nach § 169 Nr 1 AFG in der bis zum oa Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand geltenden Fassung (vgl nunmehr § 169b Satz 1 Nr 2 AFG) sind beitragsfrei Arbeitnehmer in einer Beschäftigung, in der sie bestimmte Voraussetzungen für die Krankenversicherungsfreiheit erfüllen. Dazu gehören Personen, die während der Dauer ihres Studiums als ordentliche Studierende einer Hochschule oder einer sonstigen der wissenschaftlichen oder fachlichen Ausbildung dienenden Schule gegen Entgelt beschäftigt sind (§ 172 Abs 1 Nr 5 RVO in der bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassung). Nach der Rechtsprechung des BSG ist auch eine berufspraktische Tätigkeit während eines durch Studien- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenen Praxissemesters versicherungsfrei nach § 172 Abs 1 Nr 5 RVO aF und damit beitragsfrei nach § 169 Nr 1 AFG aF (SozR 2200 § 172 Nrn 12 und 15; BSG vom 17. Dezember 1980 – 12 RK 3/80 –). Das BSG hat hierzu ausgeführt, entscheidend sei, ob derjenige, dessen Versicherungsund Beitragspflicht zu beurteilen sei, seinem Erscheinungsbild nach Student bleibe oder ob er als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer angesehen werden müsse. Der erkennende Senat hat sich bereits in seinem Urteil vom 22. April 1984 – 7 RAr 8/83 – dieser Auffassung angeschlossen; er hat in den oa Urteilen vom 12. Dezember 1985 und 17. April 1986 an ihr festgehalten und hält sie auch weiterhin für richtig. Sie beruht auf der zutreffenden Überlegung, daß der Gesetzgeber Studenten sozialrechtlich gesondert gesichert hat und der Student seinem Status nach grundsätzlich nicht zu dem von der Sozialversicherung erfaßten Personenkreis der Beschäftigten gehört und deshalb auch nicht aufgrund zumeist kurzfristiger Beschäftigung vorübergehend in die Sozialversicherung einbezogen werden soll.

Nach diesem Maßstab müssen auch die Absolventen der nordrhein-westfälischen einstufigen Juristenausbildung bis zur Ablegung der Abschlußprüfung als Studenten beurteilt werden. Die Ansicht der Klägerin, das nordrhein-westfälische Recht gehe hinsichtlich des Status des Teilnehmers an der einstufigen Juristenausbildung davon aus, daß dieser während der Praktikazeiten keinen Studentenstatus habe, steht einer Entscheidung des Senats über die Frage, ob die Klägerin ihrem Erscheinungsbild nach Studentin war, nicht entgegen. Das LSG hat zwar insoweit Landesrecht ausgelegt, das gemäß § 162 SGG nicht nachprüfbar ist. Hier geht es jedoch um die Auslegung des Begriffs des Erscheinungsbildes, der gemäß § 169 Nr 1 AFG aF iVm § 172 Abs 1 Nr 5 RVO aF zu prüfen ist. Es handelt sich hierbei um einen Begriff, der zur Auslegung von Bundesrecht entwickelt worden ist. Für die Frage des Erscheinungsbildes kommt es nicht darauf an, ob die Ausbildung der Klägerin sowie ihre Rechte und Pflichten mit denen einer Referendarin vergleichbar sind. Entscheidend ist vielmehr, ob trotz der Beschäftigung der Studentenstatus überwiegt (BSG SozR 2200 § 172 Nrn 12 und 14; SozR 2200 § 1267 Nr 22; Urteil des Senats vom 22. Februar 1984 – 7 RAr 8/83 – sowie Urteile vom 12. Dezember 1985 und 17. April 1986 aaO). Für den sozialrechtlichen Status des Studenten gilt der Gedanke der versicherungsrechtlichen Kontinuität. Ein Wechsel des Versicherungsgrundes soll während des Studiums möglichst vermieden werden (vgl BT-Drucks 7/3640, S 5 Begründung zu § 1 Nr 3). Daher darf bei der Frage, ob jemand seinem Erscheinungsbild nach Student oder abhängig Beschäftigter ist, nicht darauf abgestellt werden, ob die ausgeübte Tätigkeit an sich beitragspflichtig wäre. Entscheidend ist vielmehr, ob die berufspraktische Tätigkeit geeignet ist, den Status als Student, der bisher dem Erscheinungsbild des Teilnehmers das Gepräge gab, dahin zu ändern, daß er nunmehr zum Kreis der Beschäftigten gehört. Das ist hier nicht der Fall.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG bestand auch während der praktischen Tätigkeit der Klägerin weiterhin eine Bindung an die Hochschule. Die Klägerin blieb während dieser Zeiten immatrikuliert. Ihre zeitliche Inanspruchnahme durch die berufspraktische Tätigkeit hatte im Vergleich zu dem übrigen Teil ihres Studiums nicht einen solchen Umfang, daß ihr damit ein anderer Status, nämlich der einer abhängig Beschäftigten zukam. Das ergibt sich schon daraus, daß nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG die Studienzeiten erheblich länger sind als der Teil der Ausbildung, der auf die berufspraktische Tätigkeit entfällt. Zwar sind die Praktika ihrem Inhalt nach mit Zeitabschnitten des Referendariats vergleichbar. Der entscheidende Unterschied zur herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung liegt aber in der andersartigen Zuordnung der praktischen Ausbildung zum Studium, was gerade der Sinn der einstufigen Ausbildung war. In der zweistufigen Ausbildung beendet der Studierende das für das Ausbildungsziel erforderliche Studium mit Ablegung des ersten Staatsexamens endgültig. Nur dann, wenn er das zweite Staatsexamen anstrebt – was allerdings in der Regel der Fall ist –, stellt dieses Studium die erste Stufe einer zweistufigen Gesamtausbildung dar. Dann beinhaltet die nachfolgende Referendarausbildung die zweite Stufe, deren Beginn im übrigen keinen unmittelbaren zeitlichen Anschluß verlangt. Das Referendariat, das durch Unterweisung in der Praxis geprägt ist, bildet zeitlich und sachlich gesehen einen völlig selbständigen, geschlossenen Block. Eine in dieser Zeit aufrechterhaltene Immatrikulation ist hier nicht typischerweise ausbildungserforderlich, sondern beruht auf davon unabhängigen persönlichen Gründen.

Dagegen ist die einstufige Juristenausbildung eine Einheit, innerhalb welcher die Ausbildung an der Hochschule und die Ausbildung in der Praxis häufiger wechseln. Kennzeichnend ist hier, daß der Teilnehmer während der gesamten Zeit der Hochschule angehört und die Studienzeiten im Vergleich zur berufspraktischen Tätigkeit einen erheblich größeren Umfang haben. Nach Auffassung des Senats sind damit die Merkmale gegeben, die zu der Folgerung führen, daß der Teilnehmer während der ganzen Ausbildung seinem Erscheinungsbild nach Student bleibt und daß dieser Status der Gesamtausbildung das wesentliche Gepräge gibt, so daß sie insgesamt nicht beitragspflichtig ist.

Die Klägerin ist daher unabhängig davon, wie ihre Praktikazeiten in den letzten drei Jahren vor der Arbeitslosmeldung lagen, nicht beitragspflichtig zur BA gewesen. Da sie auch Zeiten, die einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstehen (§ 107 AFG), nicht zurückgelegt hat, hat sie eine Anwartschaft nach § 104 AFG nicht erworben. Das schließt das Bestehen eines Anspruchs auf Alg aus.

Nichts anderes gilt für den von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf Alhi. Voraussetzung für einen Anspruch auf Alhi ist neben der Verfügbarkeit ua gemäß § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG in der hier maßgeblichen Fassung des AFKG, daß der Arbeitslose innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung, die dem Antrag auf Alhi vorausgeht, mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt hat, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen können. Das erfordert, wie der Senat mehrfach entschieden hat, den Nachweis einer Beschäftigung, die ihrer Art nach geeignet ist, die Anwartschaftszeit iS des § 104 AFG zu erfüllen, dh die der Beitragspflicht zur BA unterliegt (§ 168 AFG) oder einer solchen hinsichtlich der Erfüllung der Anwartschaft gleichwertig ist (BSGE 59, 227, 230 = SozR 4100 § 134 Nr 29; BSG vom 12. Dezember 1985 und 17. April 1986 aaO).

Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt; denn nach den den Senat auch insoweit bindenden Feststellungen des LSG ist die Klägerin innerhalb der hier maßgeblichen einjährigen Rahmenfrist vom 1. Februar 1984 bis 31. Januar 1985 als Rechtspraktikantin, wie ausgeführt, auch während der Zeit der berufspraktischen Tätigkeit ihrem Erscheinungsbild nach Studentin geblieben und daher beitragsfrei zur BA gewesen, was zur Folge hat, daß die praktische Ausbildung nicht zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen kann und es damit an den Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG fehlt. Daher kann auch hier offenbleiben, ob der Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 15. April bis 4. Oktober 1985 darüber hinaus auch daran scheitert, daß die Klägerin in dieser Zeit wegen Teilnahme an der ganztägigen Fortbildungsmaßnahme nicht verfügbar iS von § 134 Abs 1 Nr 1, Abs 4 Satz 1 Halbs 1 iVm § 103 Abs 1 AFG war.

Allerdings hat der 1. Senat des BSG in drei Urteilen von Oktober 1988 zur Frage der Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung entschieden, daß Absolventen der einstufigen Juristenausbildung in den Ländern Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nach unversorgtem Ausscheiden aus dem Rechtspraktikantenverhältnis für die Zeiten der praktischen Ausbildung gemäß § 9 Abs 1 iVm § 6 Abs 1 Nr 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) nachzuversichern seien (BSGE 64, 130 = SozR 2200 § 1232 Nr 26; BSG vom 6. Oktober 1988 – 1 RA 53/86 und 51/87 –). Zur Begründung seiner Entscheidungen hat der 1. Senat ua ausgeführt: Die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung in den genannten Ländern seien „sonstige Beschäftigte” iS des § 6 Abs 1 Nr 3 AVG. Das ergebe sich aus § 7 Abs 2 SGB 4, wonach als Beschäftigung auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsausbildung gelte. Der Begriff der betrieblichen Berufsausbildung umfasse auch die Berufsausbildung in Einrichtungen des öffentlichen Rechts; ferner erstrecke sich der Begriff der Beschäftigung auf Beschäftigungen in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen einschließlich solcher zur Berufsausbildung. Dem stehe nicht entgegen, daß mit den Praktika keine volle Ausbildung angestrebt werde. Darüber hinaus seien die Praktika nicht Teile einer Hochschulausbildung, sondern der Einflußnahme durch die Hochschule weitgehend entzogen. Die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg unterfielen während der Praktikazeiten auch nicht dem § 4 Abs 1 Nr 4 AVG, wonach ua versicherungsfrei sei, wer während der Dauer seines Studiums als ordentlicher Studierender einer Hochschule gegen Entgelt beschäftigt sei. Diese Vorschrift erfasse nach Sinn und Zweck allenfalls die Praktika, die Bestandteil des Studiums seien. Studium und Praktika in der einstufigen Juristenausbildung der Länder Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg seien aber jeweils selbständige Ausbildungsabschnitte mit eigenem Charakter; ein während der Praktika fortbestehender Studentenstatus werde durch den gleichzeitig bestehenden Praktikantenstatus weitgehend überlagert, das Studium in den Praktikazeiten praktisch unterbrochen. Folglich sei nicht anzunehmen, daß die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung während der Praktikazeiten ihrem Erscheinungsbild nach Studenten blieben.

Der 1. Senat ist mit der oa Auffassung von der früheren gegenteiligen Rechtsprechung des 11a-Senats des BSG abgewichen, zu der das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) festgestellt hat, daß sie mit dem Grundgesetz in Einklang stehe (BVerfG, Beschluß vom 18. Dezember 1986 – 1 BvR 657/86 – SozR 2200 § 1232 Nr 23). Wegen geänderter Geschäftsverteilung sah sich der 1. Senat nicht gehindert, dies ohne Anrufung des Großen Senats des BSG nach § 42 SGG zu tun (vgl dazu ua BSGE 64, 130, 141 = SozR 2200 § 1232 Nr 26). Auf die schon erwähnte Rechtsprechung des 7. Senats über die für die Arbeitslosenversicherung maßgebliche Beitragsfreiheit von Praktikazeiten im Rahmen einstufiger Ausbildungsgänge vergleichbarer Art ist der 1. Senat nicht eingegangen. Dies ist offensichtlich darauf zurückzuführen, daß der 1. Senat nach seiner erklärten Absicht nur über die Versicherungspflicht solcher Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung entschieden hat, wie schon aus seinen Hinweisen auf abweichende Regelungen in der gesetzlichen Krankenversicherung und im Arbeitsförderungsrecht folgt (BSGE 64, 130, 138 ff = SozR 2200 § 1232 Nr 26). Diese Beschränkung findet zudem Ausdruck in der wohl entscheidenden Erwägung des 1. Senats, daß Rechtspraktikanten im Hinblick auf eine Vermeidung von Nachteilen bei einer späteren Rentengewährung während der Durchführung der Praktika nicht als versicherungsfrei nach § 4 Abs 1 Nr 4 AVG mit der Begründung behandelt werden könnten, sie seien ihrem Erscheinungsbild nach Studenten geblieben (BSGE 64, 130, 139 = SozR 2200 § 1232 Nr 26).

Obgleich der erkennende Senat dieser im Grunde von der Bewertung tatsächlicher Verhältnisse abhängigen Rechtsauffassung zum Erscheinungsbild der Teilnehmer solcher einstufiger Ausbildungsgänge nicht generell zu folgen vermag, besteht für ihn seinerseits keine Verpflichtung, den Großen Senat des BSG anzurufen (§ 42 SGG). Dies folgt zum einen aus der erwähnten ausdrücklichen Beschränkung der Entscheidungen des 1. Senats auf eine rentenversicherungsrechtliche Bewertung der berufspraktischen Tätigkeiten von Teilnehmern an der einstufigen Juristenausbildung, zudem auf solche im Rahmen von Ausbildungsgängen in den Ländern Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Zum anderen stimmt der erkennende Senat dem 1. Senat darin zu, daß insoweit abweichende Regelungen im Arbeitsförderungsrecht, möglicherweise auch – was hier allerdings offenbleiben kann – in der gesetzlichen Krankenversicherung, unterschiedliche Wertungen rechtfertigen. In diesem Zusammenhang kann außer Betracht bleiben, ob es aus rechtspolitischen Gründen zweckmäßig erscheint, die Frage der Versicherungs- bzw Beitragspflicht der Praktika von Teilnehmern an einstufigen Ausbildungen der genannten Art unterschiedlich zu beantworten. Dies allein ergäbe keine zur Vorlage an den Großen Senat zwingende Divergenz iS von § 42 SGG. Diese liegt nur vor, wenn ein Senat des BSG in einer nach Normgehalt und tatbestandlicher Begrenzung identischen Rechtsfrage tragend von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen wollte, der seinerseits hierzu tragend bereits (anders) entschieden hat (BSGE 37, 10 = SozR 2200 § 1259 Nr 62; BSGE 49, 175, 178 = SozR 5050 § 15 Nr 13; BSGE 51, 23 = SozR 1500 § 42 Nr 7). Das ist hier nicht der Fall.

Für dieses Ergebnis bedarf es keiner Auseinandersetzung, inwieweit sich unterschiedliche Antworten auf die hier wesentliche Frage des „Erscheinungsbildes” bereits aus den allgemeinen Regeln und Grundsätzen des Rentenversicherungsrechts einerseits und des Arbeitslosenversicherungsrechts andererseits über die Versicherungs- bzw Beitragspflicht und -freiheit herleiten. Der Gesetzgeber hat nämlich mit der seit 1. Januar 1986 geltenden Vorschrift des § 241a AFG, eingefügt durch das Siebte Gesetz zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (7. AFG-ÄndG) vom 20. Dezember 1985 (BGBl I 2484), eine Sonderregelung geschaffen, die es ausschließt, ua Berufspraktika der einstufigen Juristenausbildung als beitragspflichtige Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG anzusehen, und zwar auch für Zeiten vor dem 1. Januar 1986.

Gemäß § 241a Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG stehen einer Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG Zeiten einer einstufigen Juristenausbildung nach § 5b des Deutschen Richtergesetzes in der bis zum Inkrafttreten des Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes vom 25. Juli 1984 (BGBl I 995) geltenden Fassung vom Beginn des vierten Jahres der Ausbildung an gleich. Nach § 241a Abs 2 Satz 1 AFG tritt (vorbehaltlich des Satzes 2), sofern eine der in Absatz 1 genannten Ausbildungen vor dem 1. Januar 1986 beendet worden ist, an die Stelle des Tages, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt sind (§ 134 Abs 1 Nr 4 AFG), der Tag nach Beendigung der Ausbildung, wenn der Arbeitslose innerhalb von sechs Monaten nach dem 31. Dezember 1985 die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt. Diese Neuregelungen gelten, wie aus § 241a Abs 3 AFG hervorgeht, erstmals für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 31. Dezember 1985. Soweit Ansprüche auf Erstattung von Alhi ua darauf beruhen, daß die in Absatz 1 Nr 1 genannten Zeiten für die Zeit vor dem 1. Januar 1986 keinen Anspruch auf Alhi begründen, ist schließlich, wie § 241a Abs 4 AFG besagt, die Erstattung ausgeschlossen; bereits erstattete Beträge sind zurückzuzahlen.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet der Inhalt dieser Regelungen folgendes: Teilnehmer an der einstufigen Juristenausbildung erwerben für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 31. Dezember 1985 aus vorangegangenen Ausbildungszeiten vom Beginn des vierten Jahres der Ausbildung an eine Anwartschaft für den Anspruch auf Alhi; dabei wird nicht nach Zeiten des Praktikums und des Studiums (einschließlich der Prüfungszeiten) unterschieden. Die für die Begründung der Anwartschaft erforderlichen 150 Kalendertage solcher Zeiten müssen nicht, wie § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG ansonsten grundsätzlich verlangt, im letzten Jahr vor Eintritt der leistungsbegründenden Arbeitslosigkeit liegen; dh auch Absolventen, die die Ausbildung bereits längere Zeit vor Beginn des Jahres 1986 abgeschlossen haben, werden für Ansprüche ab 1. Januar 1986 anwartschaftsrechtlich begünstigt. Zugleich ordnet der Gesetzgeber in § 241a AFG an, daß Absolventen, denen wegen Berücksichtigung von Ausbildungszeiten vor dem 1. Januar 1986 fehlerhaft Alhi bewilligt worden ist, diese Leistungen nicht zurückzahlen müssen.

Dieser detaillierten Regelungen des § 241a AFG hätte es nicht bedurft, wenn die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung aus der Sicht des Gesetzgebers schon vor dem 1. Januar 1986 zum Kreis derjenigen Personen gehört hätten, die in den Genuß von Ansprüchen auf Alg oder Alhi gelangen sollten. Dabei verdient vor allem Beachtung, daß der Gesetzgeber die Praktikazeiten der einstufigen Juristenausbildung mit Wirkung ab 1. Januar 1986 nicht etwa als beitragspflichtige Beschäftigung iS des § 134 Abs 1 Nr 4 Buchst b AFG eingestuft, sondern sie lediglich einer solchen gleichgestellt hat; er hat dies zudem nicht in vollem Umfang, sondern erst vom Beginn des vierten Jahres der Ausbildung an getan. Andererseits hat er für die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung eine besondere Vergünstigung geschaffen, indem er reine Studienzeiten in den Gleichstellungstatbestand des § 241a Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG einbezogen hat, die nach allgemeinen Grundsätzen – auch nach Auffassung des 1. Senats des BSG – keine beitragspflichtige Beschäftigung begründen können. Schließlich hat er Erstattungsansprüche der BA ausgeschlossen, was sinnlos wäre, wenn die Absolventen der einstufigen Juristenausbildung aus seiner Sicht beitragspflichtige Beschäftigungszeiten zurücklegten, da die Praktikazeiten der einstufigen Juristenausbildung im letzten Jahr vor der Abschlußprüfung regelmäßig mehr als 150 Kalendertage betragen. Insgesamt läßt sich somit aus § 241a AFG nur der Schluß ziehen, daß Praktikazeiten der einstufigen Juristenausbildung aus der Sicht des Gesetzgebers – anders als bei den Absolventen der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung – so in die Studienzeit integriert sind, daß ohne die Sonderregelung des § 241a AFG ein Anspruch auf Alhi nicht erworben werden kann (Wittrock in Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl, § 241a Rz 1).

Ein Blick auf die Gesetzgebungsmaterialien bestätigt dieses Ergebnis. Nach der amtlichen Begründung soll die Vorschrift gewährleisten, daß Absolventen der einstufigen Juristenausbildung und der einphasigen Lehrerausbildung nach Beendigung ihrer Ausbildung in gleicher Weise durch die Alhi geschützt werden wie Teilnehmer an der herkömmlichen zweistufigen Juristen- oder Lehrerausbildung. Weiter heißt es in der Begründung zum Gesetzesentwurf: „Absolventen der zweistufigen Juristen- oder Lehrerausbildung leisten nach Abschluß des Studiums in der Regel einen (berufspraktischen) Vorbereitungsdienst als Beamte auf Widerruf. Sie haben deshalb bei Arbeitslosigkeit nach Beendigung ihrer Ausbildung grundsätzlich Anspruch auf Alhi. Bei der einstufigen Juristenausbildung und der einphasigen Lehrerausbildung ist dagegen die berufspraktische Ausbildung in unterschiedlicher Weise integriert. Absolventen dieser Ausbildung haben deshalb – wie andere Studierende – bei Arbeitslosigkeit nach Beendigung ihrer Ausbildung in der Regel weder Anspruch auf Alg noch Anspruch auf Alhi …. Die neue Vorschrift gewährleistet, daß die Absolventen dieser Modell-Ausbildungsgänge gegenüber den Teilnehmern an der herkömmlichen Ausbildung nicht benachteiligt werden. Sie bestimmt deshalb, daß die Zeiten der einstufigen/einphasigen Ausbildung einen Anspruch auf Alhi in gleicher Weise begründen können wie Zeiten des Vorbereitungsdienstes”(BT-Drucks 10/3923 S 29 zu Nr 46). Danach kann kein Zweifel daran bestehen, daß im Bereich des Arbeitsförderungsrechts die Zeiten eines Rechtspraktikantenverhältnisses der einstufigen Juristenausbildung erst aufgrund der Gleichstellungsregelung des § 241a AFG (und nur) zur Erfüllung der Anwartschaft für einen Anspruch auf Alhi herangezogen werden können.

Schließlich können Praktikazeiten der einstufigen Juristenausbildung auch nach Sinn und Zweck des § 241a AFG nicht als beitragspflichtig zur BA angesehen werden. Die Gegenansicht würde nämlich zu dem Ergebnis führen, daß sich die Teilnehmer der einstufigen Juristenausbildung besser stünden als die Teilnehmer der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung; ihnen wäre, sofern die Praktikazeiten als beitragspflichtige Beschäftigungszeiten angesehen würden, im Hinblick auf die Zurücklegung der entsprechenden Anwartschaftszeiten in den meisten Fällen nicht nur ein Anspruch auf Alhi, sondern ein Anspruch auf Alg zuzuerkennen (§ 104 Abs 1 AFG). Demgegenüber hat der Gesetzgeber den Absolventen der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung seit jeher nur einen Anspruch auf Alhi eingeräumt (§ 1 Nr 1 Arbeitslosenhilfe-Verordnung – Alhi-VO – vom 7. August 1974 – BGBl I 1929 –; § 134 Abs 2 Nr 1 AFG). Das schließt die Annahme aus, daß er den Absolventen der einstufigen Juristenausbildung mit Hilfe des § 241a AFG eine Rechtsposition iS eines Anspruchs auf Alg entziehen wollte. Sein Anliegen ging vielmehr – wie dargetan – dahin, sie in gleicher Weise wie die Teilnehmer der herkömmlichen zweistufigen Juristenausbildung zu schützen.

Angesichts dieser für die Entscheidung des erkennenden Senats letztlich tragenden Sonderregelung des § 241a AFG fehlt jegliche Divergenzlage iS des § 42 SGG zu den oa Entscheidungen des 1. Senats; denn eine vergleichbare Vorschrift fehlt für das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ebenso wie für andere Gebiete der Sozialversicherung. Die Anrufung des Großen Senats zu der Frage, ob Teilnehmer an der einstufigen Juristenausbildung während der praktischen Ausbildung ihrem Erscheinungsbild nach Studenten bleiben oder nicht, scheidet damit aus; denn unabhängig von dessen Antwort hierauf ergäbe sich die Beitragsfreiheit solcher Zeiten für den Bereich des Arbeitsförderungsrechts allein aus § 241a AFG.

Im übrigen fehlt seit dem Inkrafttreten des § 241a AFG auch das rechtspolitische Bedürfnis der Vermeidung von Nachteilen bei Eintritt des Risikos der Arbeitslosigkeit für ehemalige Teilnehmer an der einstufigen Juristenausbildung, ein Gesichtspunkt, den der 1. Senat (aaO) für seine Bewertung der Praktikazeiten als in der Rentenversicherung beitragspflichtige Beschäftigung herausgestellt hat. Wenn auch nicht versicherungsrechtlich, so doch mit Hilfe der die Arbeitslosenversicherung ergänzenden Alhi gewährleistet § 241a AFG für diesen Personenkreis den gleichen Risikoschutz wie für Absolventen zweistufiger Ausbildungsgänge.

Auch eine Vorlage an den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes kommt nicht in Betracht (§ 2 Abs 1 des Gesetzes zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes). Die vorliegende Entscheidung steht, worauf der erkennende Senat bereits in seinen oa Urteilen vom 12. Dezember 1985 und 17. April 1986 hingewiesen hat, nämlich nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), derzufolge Anwärterbezüge, die ein Student der einstufigen Juristenausbildung während der Studienabschnitte erhält, steuerpflichtiger Arbeitslohn iS des § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) sind, weil es sich um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit handelt (Urteil vom 19. April 1985 – VI R 131/81BStBl 1985 Teil II S 465 = NJW 1986, 455); der BFH hat in seiner Entscheidung ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es für die Beurteilung der Frage, ob der Student einkommensteuerrechtlich als Arbeitnehmer und als Empfänger von Arbeitslohn zu gelten hat, nicht auf die Rechtslage in anderen Rechtsgebieten, sondern allein auf die steuerrechtlichen Gesichtspunkte ankommt, wie sie in § 19 EStG und § 1 Abs 2 Lohnsteuerdurchführungsverordnung zum Ausdruck gelangt sind.

Der geltend gemachte Anspruch auf Alhi kann schließlich nicht darauf gestützt werden, daß nach § 134 Abs 2 Nr 1 AFG Zeiten eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses, insbesondere als Beamter, Richter, Berufssoldat und Soldat auf Zeit einer Beschäftigung iS des Absatzes 1 Nr 4 Buchst b gleichstehen.

Was als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis anzusehen ist, sagt das Gesetz nicht. Das war auch der nahezu wortgleichen Bestimmung des § 1 Nr 1 der Alhi-VO, die vor dem Inkrafttreten der jetzigen Fassung des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG galt, nicht zu entnehmen. Die im Gesetz beispielhaft aufgeführten Fälle lassen jedoch erkennen, daß die Frage, wann ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis vorliegt, am Prototyp dieses Verhältnisses, nämlich dem Beamtenverhältnis, zu messen ist. Nur wenn es diesem in wesentlichen Punkten ähnelt, kann es sich, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 22. Februar 1984 – 7 RAr 8/83 – zu § 1 Nr 1 Alhi-VO ausgeführt hat, um ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis handeln. Diese Voraussetzung erfüllt das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis (Praktikantenverhältnis), in das gemäß § 52 EJAO der Absolvent der einstufigen Juristenausbildung im Lande Nordrhein-Westfalen mit Beginn der Grundausbildung II aufgenommen wird und in dem er bis zum Ende seiner Ausbildung verbleibt, nicht.

Der Grund dafür, daß der Gesetzgeber Zeiten eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zu Zwecken der Alhi-Gewährung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt hat, ist darin zu sehen, daß Beamte, Richter, Soldaten usw ihres Dienstverhältnisses wegen versicherungsfrei sind (§ 169 Nr 1 AFG aF; §§ 169, 172 Nrn 1 und 2 RVO aF). Sie unterliegen damit nicht der Beitragspflicht und sind infolgedessen bei Beendigung ihrer Dienstverhältnisse an sich gegen Arbeitslosigkeit nicht geschützt, obwohl sie wie Arbeitnehmer in einem grundsätzlich die Leistung von abhängigen Diensten ausgerichteten Rechtsverhältnis gestanden haben. Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse iS des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG sind daher nur solche Rechtsverhältnisse, die wie die ausdrücklich genannten Rechtsverhältnisse des Beamten, des Richters, des Berufssoldaten und des Soldaten auf Zeit Versicherungsfreiheit zur Folge haben und ihrer Art nach grundsätzlich auf die Leistung von Diensten ausgerichtet sind. Dies ist bei dem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis des Rechtspraktikanten (Rechtspraktikantenverhältnis) der einstufigen Juristenausbildung in Nordrhein-Westfalen gerade nicht der Fall. Dieses Rechtsverhältnis ist, wie das LSG festgestellt hat, ausschließlich auf den Ausbildungszweck zugeschnitten; der Rechtspraktikant bleibt seinem Erscheinungsbild nach Student. Er ist aus diesem Grund versicherungsfrei und nicht etwa, weil er sich in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis befindet, das ihn sozial genügend absichert. Darüber hinaus leistet der Rechtspraktikant – im Gegensatz zum Referendar – keinen Diensteid (§ 55 Abs 3 EJAO). Des weiteren finden die Vorschriften über die beamtenrechtliche Unfallfürsorge auf ihn keine Anwendung (§ 56 Abs 1 EJAO). Schon diese Abweichungen schließen es aus, das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis, in dem sich die Klägerin befand, als ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS von § 134 Abs 2 Nr 1 AFG anzusehen (Urteile des erkennenden Senats vom 12. Dezember 1985 und 17. April 1986 aaO).

Auch dem Zweck, den der Gesetzgeber mit der Änderung des § 134 AFG durch das AFKG erreichen wollte, würde die Einordnung des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses des Rechtspraktikanten als öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis widersprechen. Diese Änderung führte dazu, daß ua die anspruchsbegründenden Tatsachen der kurzfristigen (nicht notwendig beitragspflichtigen) entlohnten Beschäftigung und des Schul- und Hochschulbesuchs entfielen. Damit wollte der Gesetzgeber erreichen, daß Personen, die bisher ihren Lebensunterhalt ohne die Leistungen von Diensten bestritten, nicht mehr durch die Alhi geschützt wurden, da sie nicht zum Kreis der Arbeitnehmer gehören (vgl BT-Drucks 9/846 zu Art 1 § 1 Nr 46 – § 134 AFG –). Damit würde es nicht im Einklang stehen, wenn lediglich auf Ausbildungszwecke zugeschnittene öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnisse als öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse angesehen würden.

Dem steht nicht entgegen, wie der Senat bereits in den oa Urteilen vom 12. Dezember 1985 und 17. April 1986 näher ausgeführt hat, daß der Rechts- bzw Gerichtsreferendar unter die Regelung des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG fällt. Zwar wird auch er lediglich für seinen Beruf ausgebildet; indessen ist er Beamter und unterfällt daher bereits aufgrund dieses Status der Regelung. Hierdurch wird der Absolvent der einstufigen Juristenausbildung im Vergleich zum Rechts- bzw Gerichtsreferendar, anders als die Klägerin meint, nicht willkürlich ungleich behandelt (Art 3 Abs 1 GG), wie das BVerfG zur Frage der Nachversicherung auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung bereits zum Ausdruck gebracht hat (SozR 2200 § 1232 Nr 23); denn die unterschiedlichen Ergebnisse beruhen auf der Beurteilung unterschiedlicher Sachverhalte. Während die Klägerin bis zur Beendigung ihrer Ausbildung Studentin war, wird der Absolvent der normalen zweistufigen Juristenusbildung als Referendar in ein Beamtenverhältnis berufen und dementsprechend hinsichtlich des Anspruchs auf Alhi nach seinem Status als Beamter behandelt. Die Klägerin, die bis zum Abschluß der Ausbildung Studentin geblieben ist, steht hingegen nicht anders als andere Studierende da, die während eines Studiums ein Praktikum leisten.

Schließlich sieht sich der Senat in seiner Auffassung, daß das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis des Rechtspraktikanten der einstufigen Juristenausbildung Nordrhein-Westfalen kein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis iS von § 134 Abs 2 Nr 1 AFG ist, durch die Vorschrift des § 241a AFG bestätigt, deren es, wie ausgeführt, nicht bedurft hätte, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, daß die von den Bundesländern für Absolventen dieser Ausbildungen geschaffenen öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisse öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse iS des § 134 Abs 2 Nr 1 AFG wären. Es wäre dann angesichts der hierzu ergangenen Rechtsprechung allenfalls eine Klarstellung erforderlich gewesen, die dann – anders als die getroffene Regelung, die erst für Zeiten der Arbeitslosigkeit nach dem 31. Dezember 1985 gilt – ohne weiteres auch die vor dem 1. Januar 1986 liegenden Zeiten der Arbeitslosigkeit von Absolventen dieser Ausbildung erfaßt hätte (Urteile vom 12. Dezember 1985 und 17. April 1986 aaO).

Der Ausschluß der Klägerin von der Vergünstigung des § 241a AFG begründet auch keinen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art 3 Abs 1 GG). Ein solcher ist entgegen der Auffassung der Klägerin insbesondere nicht darin zu sehen, daß aufgrund der Regelung in § 241a Abs 1 und 3 AFG diejenigen Absolventen der einstufigen Juristenausbildung, die wie die Klägerin ihre Ausbildung vor dem 1. Januar 1986 abgeschlossen haben und nur vor dem Inkrafttreten dieser Neuregelung, aber nicht mehr danach arbeitslos gewesen sind, selbst wenn sie bis zu diesem Stichtag im übrigen sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch auf Alhi erfüllt haben, kraft Gesetzes von der Berechtigung, Alhi beanspruchen zu können, ausgeschlossen sind und damit schlechter gestellt werden im Vergleich zu den Teilnehmern, bei denen sämtliche Anspruchsvoraussetzungen auch noch nach dem 1. Januar 1986 vorgelegen haben. Dies ist das Ergebnis einer vom Gesetzgeber gewählten Stichtagsregelung, die verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist; denn dem Gesetzgeber ist es nicht verwehrt, zur Ordnung bestimmter Lebenssachverhalte und zur Verwirklichung eines Höchstmaßes an Rechtssicherheit sowie zur Vermeidung unmäßiger Belastungen der öffentlichen Verwaltung Stichtagsregelungen zu treffen (BSGE 11, 278, 287; 14, 95, 97; 34, 287, 288; 43, 200, 202). Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit besitzt der Gesetzgeber eine große Gestaltungsfreiheit und ist weitgehend frei in der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises. Die Abgrenzung ist mit dem Gleichheitssatz vereinbar, wenn vernünftige Gründe für sie bestehen und der Gesetzgeber willkürliche Privilegierungen und Diskriminierungen vermeidet (BVerfGE 29, 337, 339; 47, 109, 124; 51, 295, 301). Ob er dabei die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, ist von der Rechtsprechung nicht zu prüfen (BVerfGE 1, 14, 52; 38, 154, 166; 51, 295, 300). Insoweit steht es im allgemeinen dem Gesetzgeber frei, neue Vorschriften mit Wirkung nur für die Zukunft, nicht auch für die Vergangenheit zu erlassen (BSGE 11, 278, 287; 14, 95, 97). Hieraus resultierende Härten, die im übrigen jeder Stichtagsregelung unvermeidlich innewohnen, sind hinzunehmen, wenn die Einführung eines Stichtages notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, damit sachlich vertretbar ist (BVerfGE 3, 58, 148; 3, 288, 337; 13, 31, 36; 24, 220, 228; 29, 283, 299; 36, 174, 192; 44, 1, 21; 44, 283, 287; 46, 299, 307; 49, 260, 275; 58, 81, 126; 71, 364, 397). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Dadurch, daß die Stichtagsregelung für die Gewährung von Alhi an die Tatsache der Arbeitslosigkeit im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neuregelung anknüpft und damit diejenigen von der gesetzlichen Vergünstigung ausnimmt, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr arbeitslos gewesen sind, hat der Gesetzgeber den ihm zukommenden Gestaltungsspielraum in sachgerechter Weise genutzt; denn als sachlicher Grund für die von ihm hier vorgenommene Differenzierung kann angeführt werden, daß neu eingeführte Vergünstigungen, insbesondere wenn sie, wie hier, mit finanziellen Auswirkungen verbunden sind, nicht beliebig weit zurück auf bereits in der Vergangenheit abgeschlossene Sachverhalte ausgedehnt zu werden brauchen, weil sie anderenfalls oft überhaupt nicht einzuführen wären (BSGE 34, 287, 288; 43, 200, 202). Insoweit muß es daher dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen bleiben, von welchem Zeitpunkt an er die Neuregelung in Kraft setzt und ob er die vor dem 1. Januar 1986 liegenden Versicherungsfälle in die Vergünstigung des § 241a AFG miteinbezieht. Hiernach ist die Beschränkung der Anspruchsberechtigung auf Alhi durch § 241a AFG auf die noch nach dem 1. Januar 1986 arbeitslosen Absolventen der einstufigen Juristenausbildung aus finanziellen Erwägungen durchaus sachgerecht und verstößt daher weder gegen Art 3 GG noch gegen sonstiges Verfassungsrecht.

Nach alldem konnte die Revision keinen Erfolg haben. Sie war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1174510

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