Verfahrensgang

SG Dortmund (Urteil vom 27.06.1995; Aktenzeichen S 10 Ka 105/94)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Juni 1995 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat dem Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger ist als Augenarzt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und führt mit einem Fachkollegen eine Gemeinschaftspraxis. Die 1935 geborene Beigeladene zu 6), die Ehefrau des Klägers, ist praktische Ärztin. Sie war in der Praxis des Klägers als Weiterbildungsassistentin und über ca 25 Jahre regelmäßig als Urlaubs- und Krankheitsvertreterin tätig.

Der Kläger beantragte am 19. Januar 1993 die Genehmigung der Beschäftigung der Beigeladenen zu 6) als angestellte Ärztin. Die Zulassungsgremien lehnten den Antrag ab, weil angestellte Ärzte demselben Fachgebiet angehören müßten wie der Vertragsarzt. Die Beigeladene zu 6) habe jedoch keine abgeschlossene Weiterbildung als Augenärztin. Zudem stehe einer Assistententätigkeit die auch für angestellte Ärzte geltende Vorschrift des § 25 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) entgegen, nach der die Zulassung bzw Anstellung eines Arztes, der das 55. Lebensjahr vollendet habe, ausgeschlossen sei. Ein Härtefall iS der Vorschrift liege nicht vor (Bescheid des beklagten Berufungsausschusses vom 12. April 1994).

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 27. Juni 1995). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, aus einer systematischen Auslegung des § 32b Abs 2 Satz 3 Ärzte-ZV, nach dem die Genehmigung zur Anstellung bei bestehender Überversorgung im Planungsbereich zu versagen sei, ergebe sich, daß zwischen anstellendem und anzustellendem Arzt Fachgebietsgleichheit bestehe müsse; denn die Bedarfsplanung sei fachgruppenbezogen, und bei Vertragsärzten angestellte Ärzte seien im Rahmen der Bedarfsplanung zu berücksichtigen. Die Voraussetzung der Fachgebietsidentität werde aber auch durch eine gebotene verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift im Lichte des Art 3 Abs 1 und Art 12 Abs 1 des Grundgesetzes (GG) gestützt, die es nicht zuließe, daß anstellungswillige Ärzte mit abgeschlossener Facharztausbildung bei bestehender Zulassungsbeschränkung hinter anstellungswilligen Ärzten ohne entsprechende Facharztqualifikation zurückstünden. Das Interesse der Versicherten an einer qualifizierten vertragsärztlichen Versorgung gebiete ebenfalls eine Fachgebietsgleichheit des anzustellenden Arztes. Dahinstehen könne deshalb, ob bei der Beigeladenen zu 6) ein Härtefall iS des § 25 Satz 2 Ärzte-ZV vorliege, so daß sie trotz Überschreitens der Altersgrenze von 55 Jahren noch angestellt werden könne.

Mit der Sprungrevision rügt der Kläger Verstöße gegen materielles Recht. Art 33 § 2 und § 3 des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) seien verletzt, weil der Antrag auf Genehmigung der Beschäftigung bereits vor dem 31. Dezember 1992 gestellt worden sei, so daß die Anstellung ohne Berücksichtigung von Zulassungsbeschränkungen zu genehmigen gewesen sei. Die Berufung des angefochtenen Urteils auf § 32b Abs 2 Satz 3 Ärzte-ZV gehe fehl; die dort in Bezug genommenen Vorschriften des § 103 Abs 2 Satz 3 und § 101 Satz 4 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) sagten über die Arztgruppenzugehörigkeit anzustellender Ärzte nichts aus. Aus der Nichtaufnahme des Merkmals der Fachgruppengleichheit in die gesetzliche Regelung lasse sich nur der Schluß ziehen, daß diese Voraussetzung nicht gewollt gewesen sei. Davon gingen neben der einschlägigen Fachliteratur auch die Bedarfsplanungsrichtlinien in den Nrn 40 ff aus, die ansonsten etwas geregelt hätten, was nicht mehr zu regeln gewesen sei. Das Problem, das sich daraus ergeben könne, daß angestellte Ärzte bei der Bedarfsplanung mit demselben Faktor zu berücksichtigen seien wie der zugelassene Arzt, sei auf andere Weise zu lösen als mit einer einschränkenden Interpretation des § 32b Ärzte-ZV, nämlich über die Höhe des Anrechnungsfaktors. Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spreche für die von der Revision vertretene Auffassung. Soweit sich das angefochtene Urteil auf eine verfassungskonforme Interpretation der maßgeblichen Vorschrift der Ärzte-ZV stütze, könne ihm nicht gefolgt werden. Das SG verkenne, daß die von ihm insoweit angestellten Überlegungen bei der Genehmigung nach § 32b Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV berücksichtigt werden könnten. Sofern nämlich im Einzelfall festgestellt würde, daß der zur Verrichtung vertragsärztlicher Tätigkeiten herangezogene Arzt nicht in der Lage sei, den an ihn gestellten Anforderungen zu genügen, werde eine entsprechende Entscheidungsmöglichkeit für die Zulassungsgremien eröffnet. Damit stehe fest, daß die fehlende Facharzteigenschaft der Beigeladenen zu 6) als Augenärztin nicht generell zur Versagung der Genehmigung ihrer Anstellung führen könne. Eine individuelle Betrachtung ergebe, daß hiergegen angesichts der bereits jahrelang erfolgten Anstellung keine Bedenken zu erheben seien. Das Interesse der Versicherten und das Recht auf freie Arztwahl würden durch eine entsprechende Handhabung der Vorschrift ebenfalls nicht beschränkt. So werde weder für den Weiterbildungsassistenten nach § 32 Abs 2 Ärzte-ZV noch für den Sicherstellungsassistenten eine abgeschlossene Weiterbildung gefordert. Dies werde vom Gesetz nur für den Vertreter vorgeschrieben, wie in § 32 Abs 1 Satz 3 Ärzte-ZV positiv geregelt sei. Die erforderliche Qualität lasse sich durch die auch für ihn, den Kläger, verbindliche Vorschrift des § 14 Abs 1 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) einhalten, wonach die Beigeladene zu 6) Leistungen nicht erbringen dürfe, für die besondere Qualifikationsvoraussetzungen erforderlich seien, es sei denn, daß die entsprechende Tätigkeit nach Unterweisung erfolge. Gerade im Bereich der Augenheilkunde gebe es eine Reihe von ärztlichen Verrichtungen, die von der Beigeladenen zu 6) ohne weiteres wahrgenommen werden könnten, weil insoweit keine spezielle augenärztliche Weiterbildung erforderlich sei. Die Ansicht, daß die Fachgebietsgleichheit den Interessen der überweisenden Vertragsärzte diene, liege neben der Sache. Jeder der überweisenden Vertragsärzte müsse wissen, daß in der überwiegenden Anzahl der Praxen etwa Aus- und Weiterbildungsassistenten tätig seien. Zu rügen sei schließlich auch eine Verletzung der Grundrechte aus Art 3 und Art 12 GG. Das SG sei bei seiner Beurteilung von der Verfassungskonformität der Bedarfsplanungsregelungen, auf die es seine Auffassung im wesentlichen gestützt habe, ausgegangen. Diese seien jedoch verfassungswidrig, weil Zulassungssperren zur Erreichung des angestrebten Zwecks, nämlich die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung zu sichern, nicht erforderlich gewesen seien. Hinzu komme, daß Praxen mit einem angestellten Arzt nur einen um etwa 57 % höheren Kassenumsatz erzielten als eine konventionelle Praxis bzw Praxis mit einem weiteren zugelassenen Partner. Eine zunehmende Zahl von im Angestelltenverhältnis tätigen Ärzten lasse daher einen größeren finanziellen Spielraum für die freiberuflich tätigen Ärzte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Juni 1995 aufzuheben und den Rechtsstreit an das Sozialgericht Dortmund zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1), 2) und 5) beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die übrigen Beteiligten haben sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Zutreffend hat das SG entschieden, daß die Klage unbegründet ist. Der Beklagte hat die Anstellung der Beigeladenen zu 6) mit Recht nicht genehmigt und dies rechtsfehlerfrei damit begründet, daß diese mangels einer abgeschlossenen Weiterbildung als Augenärztin auf dem Gebiet, für das der Kläger zugelassen ist, nicht tätig sein kann. Daß in der vertragsärztlichen Praxis nur solche Ärzte angestellt werden dürfen, die dieselbe Gebietsbezeichnung führen wie der Praxisinhaber, ist zwar in den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht ausdrücklich erwähnt, ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie aus den Vorschriften über die ärztliche Bedarfsplanung.

Die Rechtsgrundlagen für die Beschäftigung angestellter Ärzte in der vertragsärztlichen Praxis sind durch das GSG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S 2266) geschaffen und in das SGB V sowie die Ärzte-ZV eingefügt worden. Das Gesetz selbst beschränkt sich in § 95 Abs 9 Satz 1 SGB V auf die Aussage, daß der Vertragsarzt einen ganztags beschäftigten Arzt oder höchstens zwei halbtags beschäftigte Ärzte anstellen kann. § 32b Ärzte-ZV, der entsprechend den Vorgaben in § 95 Abs 9 Satz 2 und § 98 Abs 2 Nr 13 SGB V das Nähere regelt, verweist in seinem Absatz 2 bezüglich der für die Anstellung erforderlichen Qualifikationsnachweise auf § 4 Abs 2 bis 4 und § 18 Abs 2 bis 4 Ärzte-ZV. Aus dieser Regelung, insbesondere daraus, daß § 4 Abs 1 und § 18 Abs 1 Ärzte-ZV, die für die Zulassung als Vertragsarzt den Nachweis der Arztregistereintragung verlangen, von der Verweisung ausgenommen sind, wird teilweise geschlossen, daß der angestellte Arzt die in § 3 Abs 2 Buchst b Ärzte-ZV für die Eintragung in das Arztregister geforderte abgeschlossene Weiterbildung nicht benötige (Steinhilper, MedR 1993, 292, 293; ders, NZS 1994, 347, 348; Hess, Kasseler Komm, § 98 SGB V RdNr 39). Nach anderer Ansicht gelten für den angestellten Arzt im wesentlichen dieselben fachlichen Anforderungen, die auch für die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit verlangt werden. Die fehlende Bezugnahme auf § 18 Abs 1 in § 32b Abs 2 Ärzte-ZV bedeute danach nur, daß bei dem angestellten Arzt auf die formelle Eintragung in das Arztregister verzichtet werde. Dagegen folge aus der Verweisung auf § 4 Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV, daß die materiellen Voraussetzungen für die Eintragung in das Arztregister auch von dem angestellten Arzt erfüllt werden müßten (so Schallen, Kommentar zur Ärzte-ZV, § 32b RdNrn 300, 305). Unabhängig davon, wie diese Streitfrage entschieden wird, kann den angesprochenen Vorschriften unmittelbar allenfalls entnommen werden, daß der angestellte Arzt überhaupt über eine abgeschlossene Weiterbildung oder eine gleichstehende Qualifikation nach Maßgabe des § 95a SGB V verfügen, nicht dagegen, daß sich seine Weiterbildung auf das Fachgebiet erstrecken muß, für das der Praxisinhaber zugelassen ist. Bei der Gesetzesauslegung kann indessen nicht außer Betracht bleiben, daß die Regelung in § 95 Abs 9 SGB V iVm § 32b Ärzte-ZV Teil eines umfassenderen Vorschriftenkomplexes ist, aus dem sich allgemeine, für den gesamten Bereich der vertragsärztlichen Tätigkeit einschließlich der Beschäftigung ärztlicher Mitarbeiter maßgebende Rechtsgrundsätze ergeben. Die Einbeziehung dieser Grundsätze führt zu dem Ergebnis, daß eine Beschäftigung bei einem für ein bestimmtes Fachgebiet zugelassenen Vertragsarzt unabhängig von sonstigen Voraussetzungen nur zulässig ist, wenn auch der zur Anstellung vorgesehene Arzt die für dieses Fachgebiet vorgeschriebene Weiterbildung durchlaufen hat und die betreffende Gebietsbezeichnung führen darf.

Das Erfordernis einer übereinstimmenden gebietsärztlichen Qualifikation von angestelltem Arzt und Praxisinhaber ist vorrangig aus der (auch) für die vertragsärztliche Tätigkeit geltenden Fachgebietsbindung abzuleiten. Die Heilberufs- und Kammergesetze der für die Gesetzgebung auf dem Gebiet des ärztlichen Berufsrechts zuständigen Bundesländer bzw die auf ihrer Grundlage ergangenen Berufsordnungen der Ärztekammern, die als autonome Satzungen die Ärzte ebenfalls binden, legen fest, daß derjenige Arzt, der eine Gebietsbezeichnung führt, grundsätzlich nur in dem betreffenden Gebiet tätig werden darf (vgl hier: § 37 Abs 1 des nordrhein-westfälischen Heilberufsgesetzes idF der Bekanntmachung vom 9. März 1989 ≪GVBl NW S 170≫ iVm § 17 Abs 1 der Berufs- und Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Westfalen-Lippe). An diese berufsrechtlichen Regelungen knüpft das Kassenarztrecht an. Der Senat geht deshalb in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß der die Gebietsbezeichnung führende Arzt sich auch in seiner Eigenschaft als Kassen- bzw Vertragsarzt grundsätzlich auf das gewählte Gebiet zu beschränken hat (zuletzt eingehend: Urteil vom 18. Oktober 1995 – 6 RKa 52/94 ≪SozR 3-2500 § 95 Nr 7≫; ferner Urteil vom 20. März 1996 – 6 RKa 34/95 – ≪zur Veröffentlichung vorgesehen≫). Dieses – verfassungsrechtlich unbedenkliche – Beschränkungsgebot wird damit gerechtfertigt, daß durch die Aufgliederung der ärztlichen Tätigkeit in verschiedene Fachdisziplinen und die damit verbundene Spezialisierung innerhalb der Ärzteschaft die medizinische Versorgung der Bevölkerung verbessert und den versicherten Patienten eine qualifizierte und breit gefächerte ärztliche Behandlung und Betreuung zur Verfügung gestellt wird (BVerfGE 33, 125, 167; BSGE 62, 224, 225 = SozR 2200 § 368a Nr 19). Von daher verbietet es sich nicht nur, daß durch eine – nach außen nicht in Erscheinung tretende – andersartige Qualifikation des angestellten Arztes die Fachgebietsbeschränkungen unterlaufen werden und das Leistungsspektrum der Praxis unzulässigerweise erweitert wird, sondern umgekehrt auch, daß durch die Beschäftigung eines Arztes, der für das vom Praxisinhaber vertretene Gebiet nicht ausgebildet ist, die mit der Spezialisierung bezweckte qualitativ hochwertige fachärztliche Versorgung in Frage gestellt wird. Der Patient, der eine Facharztpraxis aufsucht, tut dies in der Erwartung, dort von dem entsprechenden Spezialisten behandelt zu werden. Ebenso vertrauen, worauf das LSG Nordrhein-Westfalen in einem Urteil vom 11. Januar 1995 – L 11 Ka 84/94 – (MedR 1995, 212) hingewiesen hat, die überweisenden Ärzte darauf, daß die mit der Überweisung angeforderte fachärztliche Leistung von einem qualifizierten Gebietsarzt nach den Regeln der gebietsärztlichen Kunst persönlich erbracht wird.

Das bedeutet freilich nicht, daß der Kenntnis- und Ausbildungsstand des angestellten Arztes in jeder Beziehung demjenigen des Praxisinhabers entsprechen muß. Eine weitergehende Spezialisierung des Vertragsarztes, die zur Führung einer Schwerpunktbezeichnung (früher: Teilgebietsbezeichnung) oder einer Zusatzbezeichnung berechtigt, braucht bei dem angestellten Arzt nicht in gleicher Weise vorhanden zu sein, was sich schon daraus ergibt, daß auch der Vertragsarzt selbst nicht auf eine Tätigkeit in dem gewählten Schwerpunkt beschränkt ist (vgl § 22 der Muster-Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer auf der Grundlage der Beschlüsse des 95. Deutschen Ärztetages 1992). Ob darüber hinaus von dem Erfordernis der übereinstimmenden Fachgebietszugehörigkeit beim Zusammentreffen eng verwandter oder sich inhaltlich überschneidender Fachgebiete ausnahmsweise abgewichen werden kann (so Steinhilper, MedR 1993, 292, 293; ders, NZS 1994, 347, 348), braucht aus Anlaß des vorliegenden Rechtsstreits nicht entschieden zu werden. Grundsätzlich ist es jedenfalls mit dem System einer fachlich gegliederten ärztlichen Versorgung nicht zu vereinbaren, wenn der für ein bestimmtes Fachgebiet zugelassene Vertragsarzt einen angestellten Arzt beschäftigt, der die für dieses Gebiet vorgeschriebene Qualifikation nicht erworben hat.

Dem kann nicht mit dem Einwand begegnet werden, der angestellte Arzt stehe in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und könne deshalb vom Praxisinhaber bei seiner Tätigkeit beaufsichtigt und fachlich angeleitet werden. Die Revision beachtet nicht, daß der angestellte Praxisarzt unbeschadet seiner arbeitsrechtlichen Stellung und seiner Weisungsgebundenheit in bezug auf die Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten (§ 32b Abs 3 Ärzte-ZV) in fachlich-medizinischer Hinsicht dieselbe Funktion erfüllt wie der zugelassene Arzt. Anders als der in § 32 Ärzte-ZV angesprochene Assistent führt er die medizinische Behandlung des Patienten nicht nach Anordnung und unter Aufsicht des Vertragsarztes, sondern selbständig in eigener Verantwortung durch. Die Regelungen über das Antrags- und Genehmigungserfordernis (§ 32b Abs 2 Satz 1 und 2 Ärzte-ZV), die Zuständigkeit des Zulassungsausschusses für die Genehmigung (§ 32b Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV), die Eignungsvoraussetzungen (§ 32b Abs 2 Satz 4 iVm § 21 Ärzte-ZV), die Einbeziehung in die Bedarfsplanung (§ 101 Satz 5 SGB V; § 32b Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV) und die Geltung von Altersgrenzen (§ 95 Abs 9 Satz 2 SGB V; § 32b Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV) zeigen, daß er nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Ausübung seiner ärztlichen Tätigkeit dem Vertragsarzt gleichgestellt ist (so schon Senatsurteil vom 20. September 1995 ≪SozR 3-5525 § 32b Nr 1 S 5 f≫). Seine Stellung entspricht insoweit derjenigen des selbständig arbeitenden Praxisvertreters, der, wie zu Recht aus der Regelung in § 32 Abs 1 Satz 4 Ärzte-ZV in Verbindung mit den allgemeinen Grundsätzen des vertragsärztlichen Zulassungsrechts gefolgert wird, ebenfalls derselben oder zumindest einer unmittelbar verwandten Gebietsgruppe angehören muß wie der Vertretene (vgl Schallen, aaO, § 32 RdNrn 274 f).

Mit Recht hat das SG schließlich darauf abgehoben, daß die Vorschriften über die Berücksichtigung des angestellten Arztes bei der vertragsärztlichen Bedarfsplanung nur dann sinnvoll zu praktizieren sind, wenn Praxisinhaber und angestellter Arzt derselben Gebietsgruppe angehören. § 32b Abs 2 Satz 3 Ärzte-ZV schreibt vor, daß die Genehmigung der Anstellung zu versagen ist, wenn für den Planungsbereich bereits vor der Antragstellung eine Überversorgung festgestellt war. Die Feststellung der Überversorgung und die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen durch den zuständigen Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen haben, wie sich aus § 101 Satz 4 und 5 sowie § 103 Abs 2 Satz 3 SGB V ergibt, unter Einbeziehung der angestellten Ärzte arztgruppenspezifisch zu erfolgen. Bei der Bedarfsplanung wird deshalb der angestellte Arzt zu dem Fachgebiet gezählt, dem der Praxisinhaber angehört (vgl Abschnitt 9 Nr 40 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Überversorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung ≪Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte≫ vom 9. März 1993 ≪BAnz Nr 110a vom 18. Juni 1993≫). Die genannten Vorschriften bringen zum Ausdruck, daß auch der angestellte Arzt zur bedarfsgerechten Sicherstellung in dem vom Praxisinhaber vertretenen Fachgebiet beiträgt. Dieser Aufgabenstellung kann er aber nicht gerecht werden, wenn er nicht selbst in dem Fachgebiet weitergebildet ist (vgl Gronwald, Der Arzt und sein Recht, Heft 3/1995 S 4). Hinzu kommt, daß es mit dem Vorrang des niedergelassenen, freipraktizierenden Arztes im System der vertragsärztlichen Versorgung nicht vereinbar wäre, wenn nach Sperrung eines Planungsbereichs wegen Überversorgung weitergebildete Ärzte deshalb von der Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit ausgeschlossen blieben, weil der Zugang durch nicht entsprechend qualifizierte angestellte Ärzte blockiert ist.

Die Beschränkung der Beschäftigungsmöglichkeiten durch das Erfordernis der übereinstimmenden Gebietszugehörigkeit ist mit Art 12 Abs 1 GG vereinbar. Es ist schon zweifelhaft, ob hierin überhaupt ein Grundrechtseingriff zu sehen ist, denn das Gesetz hat dadurch, daß es die Möglichkeit zur Beschäftigung angestellter Ärzte geschaffen hat, nicht die Berufsausübung beschränkt, sondern eine nach bisherigem Verständnis der vertragsärztlichen Tätigkeit immanente Einschränkung zugunsten der betroffenen Vertragsärzte gelockert. In jedem Fall ist der Eingriff sachlich gerechtfertigt, weil er der Sicherung einer hochwertigen, fachlich gegliederten ärztlichen Versorgung dient, ohne die Rechtsposition des an einer Anstellung interessierten Vertragsarztes unzumutbar zu beeinträchtigen.

Auf die Frage, ob dem Kläger die Anstellung der Beigeladenen zu 6) auch wegen bestehender Überversorgung zu versagen gewesen wäre oder ob dem die Vorschriften der § 2 und § 3 Art 33 GSG entgegengestanden hätten, kam es nach allem nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1415611

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