Leitsatz (amtlich)

1. Für die Wertermittlung in Versorgungsausgleichssachen nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ist das dreimonatige Nettoeinkommen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages auch dann zugrunde zu legen, wenn es sich um ein nach altem (vor dem 1.9.2009 geltenden) Recht ausgesetztes und sodann nach neuem Recht wieder aufgenommenes Verfahren handelt.

2. Für die Bestimmung des Verfahrenswerts bei Versorgungsausgleichssachen ist dieses Nettoeinkommen ohne Rücksicht auf individuelle Zu- und/oder Abschläge (hier: Unterhaltslasten) heranzuziehen.

3. Gesondert auszugleichen Entgeltpunkte und Entgeltpunkte/Ost in der gesetzlichen Rentenversicherung sind gem. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG jeweils getrennt zu behandeln.

4. Die nach § 18 VersAusglG wegen eines Bagatellfalles vom Ausgleich ausgeschlossenen Anrechte unterfallen ebenfalls der Regelung des § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG.

 

Verfahrensgang

AG Oranienburg (Beschluss vom 22.02.2012; Aktenzeichen 38 F 196/10)

 

Tenor

Die Verfahrenswert-Festsetzungsbeschlüsse des AG Oranienburg vom 22.2.2012 und vom 14.3.2012 werden unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Wert des Verfahrens beträgt 5.310 EUR.

 

Gründe

Die gem. §§ 57, 59 FamGKG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte Beschwerde hat auch insoweit Teilerfolg, als ihr das AG nicht bereits mit Beschluss vom 14.3.2012 teilweise abgeholfen hat. Die gem. § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG zugrunde zu legende Wertregelung führt zur Festlegung eines Verfahrenswerts für den Versorgungsausgleich von 5.310 EUR; die weiter gehende Beschwerde ist dagegen unbegründet.

1. Für die Wertermittlung in Versorgungsausgleichssachen ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG das dreimonatige Nettoeinkommen der Ehegatten zum Zeitpunkt der Einreichung des Scheidungsantrages zugrunde zu legen. Dies gilt auch dann, wenn es sich wie im vorliegenden Fall um ein nach altem (vor dem 1.9.2009 geltenden) Recht ausgesetztes und sodann wieder aufgenommenes Verfahren, dass dann dem neuen Recht unterfällt (§ 48 Abs. 2 VersAusglG), handelt (OLG Jena FamRZ 2011, 585 und FamRZ 2011, 38; AG Ludwigslust, FPR 2010, 366; Krause, FamRB 2011, 355, 356). Es ist dagegen nicht auf das Einkommen im Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Versorgungsausgleichs abzustellen (so aber Grabow, FamRB 2010, 93).

Für die Bestimmung des Verfahrenswerts bei Versorgungsausgleichssachen ist dieses Nettoeinkommen ohne Rücksicht auf individuelle Zu- und/oder Abschläge heranzuziehen. Insbesondere Unterhaltsleistungen für Kinder sind nicht abzuziehen. Die Berechnung weicht daher von § 43 Abs. 1 Satz 1 FamGKG für Ehesachen, bei dem das Nettoeinkommen um solche Unterhaltsleistungen zu bereinigen sei, ab. Denn die Folgesache Versorgungsausgleich bezieht sich anders als die Ehesache im Wesentlichen auf Rentenanrechte, die - insbesondere über abgeführte Sozialabgaben - gerade aus dem vollen ungeschmälerten Einkommen stammen (OLG Stuttgart NJW 2010, 2221; Klüsener, in: Prütting/Helms, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 50 FamGKG Rz. 8; HK-VersAusglG/Götsche, 2012, § 1587 BGB Rz. 6; vgl. auch BR-Drucks. 343/08 vom 23.5.2008, Seite 261; a.A. OLG Nürnberg FamRZ 2010, 2101; AG Ludwigslust, FPR 2010, 366).

Grundlage ist damit ein Einkommen der Eheleute von 8.850 EUR (1.500 EUR Ehefrau + 1.450 EUR Ehemann, × 3 Monate).

2. Für den Wertausgleich bei der Scheidung, §§ 9 ff. VersAusglG, beträgt der Verfahrenswert für jedes berücksichtigungsfähige Anrecht 10 % des vorgenannten Einkommens. Berücksichtigungsfähig sind sämtliche Anrechte, über die das Gericht in der Endentscheidung abschließend entschieden hat.

Da Ost- und Westanrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung gesondert auszugleichen sind, ist für jedes dieser Anrechte gem. § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG der Verfahrenswert mit 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten anzusetzen (OLG Nürnberg, FamRZ 2011, 641; OLG Jena, FamRZ 2011, 38; OLG Stuttgart, FamRZ 2010, 2098; OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.1.2011 - 15 UF 136/10, zit. nach juris; Krause, FamRB 2011, 355, 356). Vorliegend betrifft dies insgesamt 4 Anrechte (Ziff. 1 bis 4 des Tenors des angefochtenen Beschlusses).

Die Anzahl der Anrechte betrifft zudem sämtliche Anrechte, die dem Ausgleich im Grundsatz unterfallen und daher verfahrensgegenständlich sind (Enders, JurBüro 2009, 337, 341). Dazu zählen auch die nach § 18 VersAusglG wegen eines Bagatellfalles vom Ausgleich ausgeschlossenen Anrechte (OLG Jena FamRZ 2011, 585; OLG Stuttgart, NJW 2011, 540), hier daher die beiden bei der Neuen Leben bestehenden Anrechte (Ziff. 6 und 7 des Tenors des angefochtenen Beschlusses).

Über das Anrecht bei der KZV wurde dagegen keine Entscheidung getroffen, vielmehr die Aussetzung angeordnet. Dieses Anrecht zählt daher nicht gem. § 50 Abs. 1 FamGKG mit.

Insgesamt sind deshalb 6 Anrechte = 60 % von 8.850 EUR massgebend, daher 5.310 EUR festzusetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 3221616

JurBüro 2012, 588

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