Gesetzestext

 

1Das Insolvenzgericht kann ein Mitglied des Gläubigerausschusses aus wichtigem Grund aus dem Amt entlassen. 2Die Entlassung kann von Amts wegen, auf Antrag des Mitglieds des Gläubigerausschusses oder auf Antrag der Gläubigerversammlung erfolgen. 3Vor der Entscheidung des Gerichts ist das Mitglied des Gläubigerausschusses zu hören; gegen die Entscheidung steht ihm die sofortige Beschwerde zu.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 92 KO, § 44 Abs. 2 VerglO

1. Allgemeines

 

Rn 1

Vor Erlöschen des Amtes eines Gläubigerausschussmitgliedes gemäß § 259 mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder nach Aufhebung der Planüberwachung gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2, § 268 kann es durch Entlassung beendet werden. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung in § 92 KO sieht nunmehr das Gesetz generell die Entlassung durch das Insolvenzgericht vor, gleichgültig ob das Ausschussmitglied durch das Gericht oder die Gläubigerversammlung bestellt bzw. gewählt wurde. Dabei ist das Gericht nicht an den Antrag eines Verfahrensbeteiligten gebunden, sondern kann immer von Amts wegen tätig werden. Diese gerichtliche Eingriffsmöglichkeit, welche die ansonsten stark betonte Gläubigerautonomie einschränkt, wurde im gegenüber der Gläubigerautonomie überwiegenden allgemeinen Interesse an der Sicherstellung einer geordneten Verfahrensabwicklung geschaffen. Sie stellt ein Korrektiv gegenüber dem durch § 68 deutlich gestärkten Selbstbestimmungsrecht der Gläubigerversammlung bei der Auswahl der Ausschussmitglieder dar und soll gewährleisten, dass trotz Vorrangs der Gläubigerinteressen die im Allgemeininteresse liegenden Verfahrensziele erreicht werden und die Ausschussmitglieder die ihnen gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erfüllen. Die Entlassung ist die einzige effektive Einwirkungsmöglichkeit des Insolvenzgerichts ohne notwendige Mitwirkung sonstiger Verfahrensbeteiligter, wie sie z.B. nach § 78 erforderlich ist. Ausdrücklich geregelt wurde nunmehr auch, dass die Entlassung eines Ausschussmitglieds stets einen wichtigen Grund voraussetzt und dem betroffenen Mitglied ein Rechtsmittel zur Verfügung steht.

Neben der Entlassung durch das Insolvenzgericht verbleibt es natürlich bei der jederzeitigen Entlassungsbefugnis der Gläubigerversammlung gemäß § 68 Abs. 2, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegen muss.[1]

[1] Heidland, Die Rechtsstellung und Aufgaben des Gläubigerausschusses als Organ der Gläubigerselbstverwaltung in der Insolvenzordnung, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 549 ff. Rn. 20; a.A. Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 6 Rn. 39, die ihre Auffassung mit der Nichtübernahme der gerichtlichen Überprüfungsbefugnis im Rahmen des § 68 Abs. 2 während des Gesetzgebungsverfahrens unter Hinweis auf die Gläubigerautonomie begründen. Gerade die Gläubigerautonomie gebietet es aber, der Gläubigerversammlung jederzeit das Recht zuzubilligen, einmal von ihr gewählte Ausschussmitglieder ohne Angabe von Gründen wieder abzuwählen, wenn sie z.B. nicht mehr das Vertrauen der Gläubigermehrheit genießen oder sich als ungeeignet erwiesen haben. In etwaigen Missbrauchsfällen kann gemäß § 78 eingegriffen werden. Die gegenteilige Auffassung ist daher abzulehnen und widerspricht auch den eigenen Ausführungen in Kap. 6 Rn. 8 ff.

2. Voraussetzungen der Entlassung

2.1 Initiativrechte

 

Rn 2

Die Entlassung eines Ausschussmitgliedes kann zunächst von Amts wegen durch das Insolvenzgericht selbständig betrieben werden. Zwar ist der Gläubigerausschuss nicht gegenüber dem Insolvenzgericht verantwortlich und auch nicht zu dessen laufender Information über seine Amtsgeschäfte verpflichtet, jedoch können dem Gericht Tatsachen bekannt werden, welche die Entlassung eines Gläubigerausschussmitglieds rechtfertigen. Das Gericht hat in diesem Fall gemäß § 5 Abs. 1 die Pflicht, geeignete Ermittlungen anzustellen, um die Berechtigung der gegenüber dem Gläubigerausschussmitglied erhobenen Vorwürfe zu klären. Dabei dürfte es sich um eine Amtspflicht i.S.d. § 839 BGB, Art. 34 GG handeln, da Pflichtwidrigkeiten von Gläubigerausschussmitgliedern ganz erhebliche wirtschaftliche Nachteile für die Insolvenzmasse nach sich ziehen können. Dabei werden Ermittlungen in dem Umfang durchgeführt werden müssen, der dann eine sinnvolle Anhörung des betroffenen Ausschussmitglieds ermöglicht.

 

Rn 3

Daneben kann eine Entlassung auch auf Antrag des jeweiligen Ausschussmitglieds selbst oder der Gläubigerversammlung erfolgen. Letzteres dürfte praktisch kaum relevant werden, da der Gläubigerversammlung gemäß § 68 Abs. 2 regelmäßig eine einfachere Möglichkeit zur Verfügung steht, das betreffende Ausschussmitglied abzuberufen, die zudem nicht beschwerdefähig ist. Im Hinblick auf die gesetzlichen Entlassungsvoraussetzungen ist ein entsprechender Antrag zu begründen; die darin aufgeführten Tatsachen sind glaubhaft zu machen. Neben dem formellen Entlassungsantrag bleibt es dem Insolvenzgericht natürlich unbenommen, über den Antrag hinaus von Amts wegen tätig zu werden und eigene Ermittlungen anzustellen. Um die vom Gesetzgeber beabsichtigte stärkere Unabhängigkeit der Ausschussmitglieder[2] nich...

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