Gesetzestext

 

(1) 1Die Gläubigerversammlung beschließt, ob ein Gläubigerausschuss eingesetzt werden soll. 2Hat das Insolvenzgericht bereits einen Gläubigerausschuss eingesetzt, so beschließt sie, ob dieser beibehalten werden soll.

(2) Sie kann vom Insolvenzgericht bestellte Mitglieder abwählen und andere oder zusätzliche Mitglieder des Gläubigerausschusses wählen.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 87 Abs. 2, § 92 KO, § 15 Abs. 2 GesO, § 103 GenG

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift hat die Gläubigerautonomie wesentlich gestärkt. In § 79 Abs. 2 RegE InsO war noch eine Überprüfung der Entscheidung der Gläubigerversammlung zu dem Gläubigerausschuss bzw. seiner Zusammensetzung durch das Gericht vorgesehen. Zudem war die Wirksamkeit der Wahl oder Abwahl eines Gläubigerausschussmitglieds von der Bestellung bzw. deren Widerruf durch das Insolvenzgericht abhängig. Dadurch sollte die Einhaltung der in § 67 Abs. 1 niedergelegten Repräsentationsgrundsätze sichergestellt werden.[1] Diese schon bisher noch nicht einmal in den als unzulänglich erkannten konkursrechtlichen Regelungen enthaltene systemwidrige Vormachtstellung des Gerichts wurde nach den Beratungen im Rechtsausschuss ersatzlos gestrichen[2] in der ausdrücklichen Absicht, dadurch die Selbstverwaltung der Gläubiger zu stärken. Die gerichtlichen Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten sind also auf die allgemeinen Möglichkeiten zur Überprüfung von Beschlüssen der Gläubigerversammlung begrenzt. Auch in der Insolvenz einer Genossenschaft können zukünftig die am Verfahren beteiligten Gläubiger frei über die Einsetzung oder die Beibehaltung eines Gläubigerausschusses entscheiden, da die bisherige Sondervorschrift des § 103 GenG durch Art. 49 Nr. 20 EGInsO mit Inkrafttreten der InsO ersatzlos gestrichen wurde.[3]

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 245.
[2] a.a.O.
[3] Unzutreffend sind deshalb die gegenteiligen Ausführungen bei Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 6 Rn. 5.

2. Entscheidung der Gläubigerversammlung (Abs. 1)

 

Rn 2

Es liegt daher zunächst in der ausschließlichen Entscheidungskompetenz der Gläubigerversammlung, darüber zu bestimmen, ob es im Verfahren einen Gläubigerausschuss geben soll oder nicht. Eine solche Entscheidung kann auch während des gesamten Verfahrens getroffen werden, ist also nicht auf die erste Gläubigerversammlung nach Verfahrenseröffnung beschränkt. Gleichwohl wird diese für den weiteren Verfahrensablauf oft maßgebliche Frage i.d.R. im Berichtstermin (§ 29 Abs. 1 Nr. 1, § 158) entschieden werden. Mit Rücksicht auf die beabsichtigte umfassende Gläubigerautonomie wird man weiter davon ausgehen können, dass auch in einer späteren Gläubigerversammlung diese Entschließung jederzeit wieder rückgängig gemacht werden kann. So wird beispielsweise die Gläubigerversammlung auch das Recht haben, sich zu einem späteren Zeitpunkt gegen die Beibehaltung eines im Berichtstermin bestätigten und zuvor vom Gericht vorläufig bestellten Gläubigerausschusses zu entscheiden, obwohl der Wortlaut des Abs. 1 Satz 2 zunächst dagegen zu sprechen scheint. Jedoch enthält Abs. 1 anders als beispielsweise § 57 insgesamt keine zeitliche Beschränkung, so dass unter Berücksichtigung der möglichst umfassenden Gläubigerautonomie eine Entscheidung über das Ob eines Gläubigerausschusses während des gesamten Verfahrens möglich sein muss.

Hat also das Insolvenzgericht bei Verfahrenseröffnung die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses gemäß § 67 Abs. 1 nicht für zweckmäßig oder notwendig gehalten, so kann eine Gläubigerversammlung nach Abs. 1 Satz 1 völlig unabhängig davon über die nachträgliche Einsetzung eines Ausschusses entscheiden. Umgekehrt kann sie völlig unabhängig von der zuvor vom Insolvenzgericht getroffenen Ermessensentscheidung beschließen, ob der nach § 67 gerichtlich eingesetzte Gläubigerausschuss beibehalten werden soll oder nicht.

 

Rn 3

Dabei richtet sich die Beschlussfassung nach den allgemein für Beschlüsse einer Gläubigerversammlung geltenden Vorschriften der § 76, 77. Danach kommt gemäß § 76 Abs. 2 ein Beschluss über das Ob eines Gläubigerausschusses mit einer reinen Summenmehrheit der Forderungen der abstimmenden Gläubiger zustande, wobei auch den Absonderungsberechtigen ein Stimmrecht in Höhe ihrer gesamten Forderung zukommt, soweit nicht die Beschränkung in § 76 Abs. 2 2. Halbsatz anzuwenden ist. Für die Feststellung des Stimmrechts kommt vollumfänglich § 77 zur Anwendung, so dass gemäß § 77 Abs. 1 Satz 2 nachrangige Gläubiger und gemäß § 77 Abs. 2 Gläubiger mit bestrittenen Forderungen nicht stimmberechtigt sind. Nach der eindeutigen Regelung des § 76 Abs. 2 kommt daher bei Stimmengleichheit auch ein Beschluss über das Ob eines Gläubigerausschusses nicht zustande.[4]

 

Rn 4

Da das noch im RegE InsO vorgesehene besondere gerichtliche Überprüfungsrecht nicht Gesetz geworden ist, bedürfen Beschlüsse der Gläubigerversammlung zum Gläubigerausschuss keiner gerichtlichen Bestätigung oder eines weiteren Gerichtsbeschlusses. Das Gericht ist vielmehr auf eine bloße Überwachung beschränkt, die ihre Grenze in den §§ 70, 78 findet. Hinsichtlich...

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