Gesetzestext

 

1In der ersten Gläubigerversammlung, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt, können die Gläubiger an dessen Stelle eine andere Person wählen. 2Die andere Person ist gewählt, wenn neben der in § 76 Abs. 2 genannten Mehrheit auch die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger für sie gestimmt hat. 3Das Gericht kann die Bestellung des Gewählten nur versagen, wenn dieser für die Übernahme des Amtes nicht geeignet ist. 4Gegen die Versagung steht jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 80 KO, § 15 Abs. 3 GesO

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Gläubiger müssen den Insolvenzverwalter haben, den sie wollen, und nicht den, den das Gericht will.[1] Unter dieser Prämisse versteht sich die Vorschrift des § 57 als Ausdruck der im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur InsO so betonten Gläubigerautonomie, welche aber zumindest in dieser Hinsicht gegenüber der bisherigen Regelung in der Konkursordnung keine wesentliche Stärkung erfahren hat. Auch unter der InsO bleibt es dabei, dass das Gericht gemäß § 27 mit dem Beschluss über die Eröffnung des Verfahrens den Insolvenzverwalter bestellt. Es handelt sich dabei um eine vorläufige Bestellung bis zur darauffolgenden ersten Gläubigerversammlung. Damit wird sichergestellt, dass nach Eröffnung des Verfahrens sofort im Interesse einer zügigen Abwicklung uneingeschränkte Handlungsfähigkeit besteht, da mangels Gläubigerversammlung und oftmals auch ohne installierten Gläubigerausschuss eine Selbstverwaltung der Gläubigerschaft noch nicht Platz greifen kann.[2] Gleichwohl soll schnellstmöglich diese Gläubigermitbestimmung umgesetzt werden. Dies geschieht in der darauffolgenden ersten Gläubigerversammlung. Wie nach der alten Regelung wird auch trotz Heranziehung der Gesetzesbegründung nicht völlig klar, ob ein in dieser Versammlung neu gewählter Verwalter eines gesonderten richterlichen Bestellungsaktes bedarf oder die ordnungsgemäße Wahlentscheidung der Gläubigerversammlung konstitutiv wirkt und die bei Verfahrenseröffnung getroffene richterliche Entscheidung ersetzt. Eine Änderung gegenüber der oft zu Unrecht als unzureichend bezeichneten Regelung in § 80 KO ist die nunmehr einigermaßen eingegrenzte Befugnis des Gerichts, gegen die Wahlentscheidung der Gläubigerversammlung ein Vetorecht auszuüben. Dieses soll ersichtlich die Ausnahme darstellen, wird aber von einem durch das InsO-Änderungsgesetz mit Wirkung ab 1.12.2001 eingeführten qualifizierten Mehrheitserfordernis für einen wirksamen Beschluss der Gläubigerversammlung flankiert. Dadurch soll nach der Gesetzesbegründung verhindert werden, dass entsprechend einflussreiche Großgläubiger, insbesondere Absonderungsgläubiger mit vollem Stimmrecht nach § 52, bequeme und ihnen gewogene Verwalter über die Neuwahl nach § 57 ins Amt hieven, um sich dadurch im Verfahren besondere Vorteile zu verschaffen. Damit hat der Gesetzgeber der unmittelbar nach In-Kraft-Treten der InsO vereinzelt zu beobachtenden Verfahrenspraxis vor allem bei Beteiligung institutioneller Großgläubiger Rechnung getragen und eine Einschränkung der Gläubigerautonomie in diesem Bereich in Kauf genommen. In der bei Erreichen der kombinierten Summen- und Kopfmehrheit dann noch verbleibenden geringen Zahl der Missbrauchsfälle wird das Gericht sehr sorgfältig und umfassend die ggf. gegebene Abhängigkeit sowie die erforderliche Eignung des von den Gläubigern mehrheitlich in Aussicht genommenen Verwalters zu prüfen haben. Oft besteht hierzu jedoch angesichts der Verfahrensnotwendigkeiten nicht genügend Gelegenheit, so dass dem wohl kaum effektiv entgegengetreten werden kann. Daraus erschließt sich der Bedeutungsgehalt der eingangs angeführten Bemerkung.

[1] Wild, KTS 1982, 63, 64.
[2] Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 6, Rn. 97.

2. Neuwahl eines anderen Verwalters (Satz 1 und 2)

 

Rn 2

Eine Abwahl des vorläufig vom Insolvenzgericht bestimmten Verwalters und die damit zwangsläufig verbundene Neuwahl eines anderen Verwalters[3] kann nur in der ersten Gläubigerversammlung stattfinden, die auf die Bestellung des Insolvenzverwalters folgt. Dies wird in aller Regel der nach der Insolvenzordnung vorgesehene Berichtstermin sein.

Denkbar ist auch, dass das Amt des bisherigen Verwalters durch Entlassung oder Tod endet und vom Gericht zunächst ein neuer Verwalter bestellt wird. Auch das Amt dieses Verwalters dürfte als vorläufig zu bezeichnen sein. Unter Heranziehung des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 57 steht den Gläubigern in der dann auf die Ernennung dieses Verwalters folgenden ersten Gläubigerversammlung ebenfalls das entsprechende Wahlrecht zu.[4]

 

Rn 3

Wurde dagegen in der ersten Gläubigerversammlung der Verwalter bestätigt, besteht in darauffolgenden Versammlungsterminen für die Gläubiger keine Möglichkeit mehr zur Abwahl.[5] Eine Entfernung des Verwalters aus dem Amt kann dann nur noch auf dem Weg des § 59 erreicht werden. Das Wahlrecht der Gläubigerversammlung ist in diesem Fall erloschen.[6]

 

Rn 4

Mit Wirkung ab 1.12.2001 ist für einen entsprechenden Neuwahlbeschluss der Gläubigerversammlung abweichend vo...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge