Gesetzestext

 

(1) 1Ein Stimmrecht gewähren die Forderungen, die angemeldet und weder vom Insolvenzverwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten worden sind. 2Nachrangige Gläubiger sind nicht stimmberechtigt.

(2) 1Die Gläubiger, deren Forderungen bestritten werden, sind stimmberechtigt, soweit sich in der Gläubigerversammlung der Verwalter und die erschienenen stimmberechtigten Gläubiger über das Stimmrecht geeinigt haben. 2Kommt es nicht zu einer Einigung, so entscheidet das Insolvenzgericht. 3Es kann seine Entscheidung auf den Antrag des Verwalters oder eines in der Gläubigerversammlung erschienenen Gläubigers ändern.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend

1. für die Gläubiger aufschiebend bedingter Forderungen;
2. für die absonderungsberechtigten Gläubiger.

Bisherige gesetzliche Regelungen: §§ 95, 96 KO, §§ 71, 72 VerglO

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift konkretisiert die Ermittlung der Forderungsbeträge nach § 76 Abs. 2 als Grundlage für die Feststellung des Abstimmungsergebnisses und enthält abschließende Festlegungen über den Kreis der stimmberechtigten Gläubiger (vgl. Abs. 1 Satz 2). Teilweise findet die Regelung entsprechende Anwendung bei der Feststellung der Stimmrechte in einer Abstimmung über einen Insolvenzplan nach § 237.

2. Stimmrecht geprüfter Forderung (Abs. 1)

 

Rn 2

Auch bei der Stimmrechtsregelung nach der InsO verbleibt es zunächst bei dem schon in § 95 Abs. 1 Satz 1 KO niedergelegten Grundsatz, dass die im Verfahren zur Tabelle festgestellten Forderungen dem Gläubiger ein entsprechendes Stimmrecht gewähren. Hierzu stellt Abs. 1 der Neuregelung aber ausdrücklich auf die Voraussetzungen einer Forderungsfeststellung ab. Um ein Stimmrecht zu erhalten, muss also die Forderung des jeweiligen Gläubigers gemäß § 174 beim Insolvenzverwalter ordnungsgemäß angemeldet und darf in dem darauf folgenden Prüfungstermin weder vom Insolvenzverwalter noch von einem stimmberechtigten Gläubiger bestritten worden sein. Damit sind die in § 178 festgelegten Feststellungsvoraussetzungen gemeint, da das Gesetz nicht davon spricht, dass die angemeldeten Forderungen von den Berechtigten bestritten werden, sondern "bestritten worden sind". Eine Stimmrechtsfeststellung nach Abs. 1 kommt daher nur nach Abhaltung des allgemeinen Prüfungstermins in Betracht. Dann allerdings gilt diese Stimmrechtsfeststellung auch für die Forderungen absonderungsberechtigter Gläubiger, wie sich aus § 52 Satz 1 und der Gesetzesbegründung[1] ergibt. Da das Gesetz das Stimmrecht nur vom Bestreiten eines seinerseits stimmberechtigten Gläubigers abhängig macht, hat also das Bestreiten des Schuldners nach § 178 Abs. 1 Satz 2 ebenso wenig Auswirkung auf das Stimmrecht wie das Bestreiten eines nachrangigen Gläubigers (dieser ist nach Abs. 1 Satz 2 nicht stimmberechtigt) oder eines Gläubigers, dem endgültig das Stimmrecht versagt wurde.

[1] BegrRegE, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 255.

3. Stimmrecht streitiger Forderungen oder vor dem Prüfungstermin

 

Rn 3

Findet eine Gläubigerversammlung vor Abhaltung des Prüfungstermins statt oder ist dort die Forderung eines Gläubigers streitig geblieben, so vollzieht sich die Feststellung des Stimmrechts nach Abs. 2. Voraussetzung für ein Stimmrecht in diesen Fällen ist aber in jedem Fall eine ordnungsgemäße Forderungsanmeldung gemäß § 174.[2] Dies ergibt sich schon aus einer systematischen Auslegung der Vorschrift. Abs. 1 spricht nicht wie § 95 Abs. 1 KO von festgestellten Forderungen, sondern führt explizit die Voraussetzungen einer Forderungsanmeldung sowie eines Nichtbestreitens aus. Abs. 2 schließt daran unmittelbar eine Regelung für den Fall an, dass die Forderung des Gläubigers bestritten wird. Daraus ist der systematische Schluss gerechtfertigt, dass es auch für diesen Fall bei der schon nach Abs. 1 geforderten weiteren Voraussetzung der ordnungsgemäßen Anmeldung verbleibt. Im Übrigen erscheint dies auch zweckmäßig, da ohne eine Forderungsanmeldung mit den nach § 174 Abs. 2 geforderten Angaben eine sinnvolle und nachvollziehbare Entscheidung über das Stimmrecht kaum möglich sein dürfte. Eine Anmeldung seiner Forderung vor Abhaltung der Gläubigerversammlung vor einem Prüfungstermin ist dem Gläubiger zur Erlangung eines Stimmrechts auch zumutbar, da ohnehin nach § 28 Abs. 1 die Anmeldefrist seit Eröffnung des Verfahrens läuft und damit eine Anmeldung für jedermann möglich ist, soweit er die Teilnahme an einer Gläubigerversammlung vor dem allgemeinen Prüfungstermin beabsichtigt. Dies bedeutet für den Gläubiger auch keine zusätzliche Erschwernis, da er andernfalls ohne vorherige Anmeldung seine Forderung umfassend entsprechend den nach § 174 erforderlichen Kriterien ohnehin im Gläubigerversammlungstermin darlegen und glaubhaft machen müsste. Dies kann genauso gut kurze Zeit vor dem Versammlungstermin erfolgen, hat aber andererseits für Verwalter und Gericht den Vorteil, dass bereits zu Beginn der Versammlung der Kreis der ggf. stimmberechtigten Gläubiger feststeht und insoweit umfangreiche und langwierige Prüfungshandlungen im Termin entfallen. Auch wird man nach dem Wortlaut des Abs. 1 eine Forderungsanmeldung erst im Versammlungstermin fü...

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