Rn 1

Die Gläubiger müssen den Insolvenzverwalter haben, den sie wollen, und nicht den, den das Gericht will.[1] Unter dieser Prämisse versteht sich die Vorschrift des § 57 als Ausdruck der im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur InsO so betonten Gläubigerautonomie, welche aber zumindest in dieser Hinsicht gegenüber der bisherigen Regelung in der Konkursordnung keine wesentliche Stärkung erfahren hat. Auch unter der InsO bleibt es dabei, dass das Gericht gemäß § 27 mit dem Beschluss über die Eröffnung des Verfahrens den Insolvenzverwalter bestellt. Es handelt sich dabei um eine vorläufige Bestellung bis zur darauffolgenden ersten Gläubigerversammlung. Damit wird sichergestellt, dass nach Eröffnung des Verfahrens sofort im Interesse einer zügigen Abwicklung uneingeschränkte Handlungsfähigkeit besteht, da mangels Gläubigerversammlung und oftmals auch ohne installierten Gläubigerausschuss eine Selbstverwaltung der Gläubigerschaft noch nicht Platz greifen kann.[2] Gleichwohl soll schnellstmöglich diese Gläubigermitbestimmung umgesetzt werden. Dies geschieht in der darauffolgenden ersten Gläubigerversammlung. Wie nach der alten Regelung wird auch trotz Heranziehung der Gesetzesbegründung nicht völlig klar, ob ein in dieser Versammlung neu gewählter Verwalter eines gesonderten richterlichen Bestellungsaktes bedarf oder die ordnungsgemäße Wahlentscheidung der Gläubigerversammlung konstitutiv wirkt und die bei Verfahrenseröffnung getroffene richterliche Entscheidung ersetzt. Eine Änderung gegenüber der oft zu Unrecht als unzureichend bezeichneten Regelung in § 80 KO ist die nunmehr einigermaßen eingegrenzte Befugnis des Gerichts, gegen die Wahlentscheidung der Gläubigerversammlung ein Vetorecht auszuüben. Dieses soll ersichtlich die Ausnahme darstellen, wird aber von einem durch das InsO-Änderungsgesetz mit Wirkung ab 1.12.2001 eingeführten qualifizierten Mehrheitserfordernis für einen wirksamen Beschluss der Gläubigerversammlung flankiert. Dadurch soll nach der Gesetzesbegründung verhindert werden, dass entsprechend einflussreiche Großgläubiger, insbesondere Absonderungsgläubiger mit vollem Stimmrecht nach § 52, bequeme und ihnen gewogene Verwalter über die Neuwahl nach § 57 ins Amt hieven, um sich dadurch im Verfahren besondere Vorteile zu verschaffen. Damit hat der Gesetzgeber der unmittelbar nach In-Kraft-Treten der InsO vereinzelt zu beobachtenden Verfahrenspraxis vor allem bei Beteiligung institutioneller Großgläubiger Rechnung getragen und eine Einschränkung der Gläubigerautonomie in diesem Bereich in Kauf genommen. In der bei Erreichen der kombinierten Summen- und Kopfmehrheit dann noch verbleibenden geringen Zahl der Missbrauchsfälle wird das Gericht sehr sorgfältig und umfassend die ggf. gegebene Abhängigkeit sowie die erforderliche Eignung des von den Gläubigern mehrheitlich in Aussicht genommenen Verwalters zu prüfen haben. Oft besteht hierzu jedoch angesichts der Verfahrensnotwendigkeiten nicht genügend Gelegenheit, so dass dem wohl kaum effektiv entgegengetreten werden kann. Daraus erschließt sich der Bedeutungsgehalt der eingangs angeführten Bemerkung.

[1] Wild, KTS 1982, 63, 64.
[2] Haarmeyer/Wutzke/Förster, Kap. 6, Rn. 97.

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