Rn 10

Die Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen gemäß §§ 129 bis 147 wird mit Satz 2 dem Sachwalter übertragen. Ihm stehen insoweit die gleichen Rechte zu wie im Standardinsolvenzverfahren dem Insolvenzverwalter.

 

Rn 11

Da nach der Intention des Gesetzgebers mit der Stärkung der Eigenverwaltung Anreize zur frühzeitigen Stellung von Insolvenzanträgen gesetzt wurden, dürften anfechtbare Rechtshandlungen vor Antragstellung kaum vorkommen. Ist dies doch der Fall, wird dies regelmäßig Anlass dazu bieten, kritisch zu hinterfragen, ob daraus nicht geschlossen werden muss, dass mit Anordnung der Eigenverwaltung Nachteile für die Gläubiger drohen. Letztlich kann das voraussichtliche Verhalten des Schuldners während der Eigenverwaltung nur aufgrund seines zurückliegenden Verhaltens vorhergesagt werden. Da anfechtbare Rechtshandlungen als solche aber nicht rechts- oder sittenwidrig sind, ist die Frage stets im Einzelfall zu beantworten. Es bestehen durchaus nachvollziehbare Motive für die Vornahme anfechtbarer Rechtshandlungen, beispielsweise wenn zur Abwendung von strafrechtlichen Risiken Sozialabgaben geleistet werden.[4] Hieraus kann nicht automatisch gefolgert werden, dass den Gläubigern aus der Anordnung der Eigenverwaltung Nachteile drohen.

 

Rn 12

Für die Geschäftspartner des Schuldners sind Lieferungen an ihn nach Antragstellung besonders gefährlich, weil die Anfechtung der hierfür als Gegenleistung erbrachten Geldzahlungen gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 droht. Der Geschäftspartner mag sich dann damit zufrieden geben, dass er darauf achtet, dass der Schuldner im engen zeitlichen Zusammenhang zahlt und er sich dann auf das Bargeschäftsprivileg berufen kann. Auf den Zahlungszeitpunkt hat der Geschäftspartner jedoch keinen Einfluss, so dass er seine Belieferung von einer entsprechenden Vorauszahlung oder zumindest von der Begründung einer Masseverbindlichkeit durch den Schuldner[5] abhängig machen wird.

 

Rn 13

Auch eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 kann ohne Indizwirkung für eine Benachteiligung der Gläubiger durch die Eigenverwaltung im Raum stehen. Hiernach ist die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens anfechtbar, wenn diese im Jahr vor Stellung des Insolvenzantrages erfolgt ist. Gegen ein Rückzahlungsverlangen konnte sich die Geschäftsführung des Schuldners aber möglicherweise nicht zur Wehr setzen, weil selbst das an den Geschäftsführer gerichtete Verbot, zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führende Zahlungen an den Gesellschafter zu leisten (§ 64 Abs. 3 GmbHG) kein Leistungsverweigerungsrecht im Hinblick auf einen Rückzahlungsanspruch aus einem Gesellschafterdarlehen begründet.[6]

 

Rn 14

Zu Problemen kann es kommen, wenn der Anfechtungsgegner seine Gegenrechte nach § 144 geltend macht. Zwar kann der Sachwalter die nach § 144 Abs. 1 wieder aufgelebte Forderung in die Insolvenztabelle aufnehmen, die nach § 270c Satz 2 von ihm zu führen ist. Ist allerdings eine für die anfechtbare Leistung erbrachte Gegenleistung noch unterscheidbar in der Masse vorhanden oder um ihren Wert bereichert, hat der Anfechtungsgegner einen Erstattungsanspruch nach § 144 Abs. 2. Diesen kann der Sachwalter jedoch nicht erfüllen, weil nicht ersichtlich ist, dass ihm die § 270 ff. hierfür eine Verfügungsmacht einräumen. In der Praxis ist daher eine Abstimmung zwischen dem Schuldner und dem Sachwalter zu empfehlen, die eine entsprechende Leistung auf den Erstattungsanspruch durch den Schuldner sicherstellt.

 

Rn 15

§ 280 macht die Ermächtigung des Sachwalters nicht davon abhängig, ob die Anfechtungsrechte aktiv oder passiv geltend gemacht werden. Sie bleiben in jedem Fall dem Sachwalter zugewiesen. Der Schuldner kann und muss den Sachwalter zur Geltendmachung der Rechte hinzuziehen, wenn dies etwa zur Erhebung der Anfechtungseinrede erforderlich sein sollte.[7]

[4] HambKomm-Fiebig, 4. Auf. 2012, § 280 InsO Rn. 3.
[5] Er kann hierzu gemäß § 270b Abs. 3 bzw. §§ 270 Abs. 1 Satz 2, 21 ermächtigt werden.

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