Gesetzestext

 

1Soweit die Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplans durch die Fortsetzung der Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse gefährdet würde, ordnet das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners oder des Insolvenzverwalters die Aussetzung der Verwertung und Verteilung an. 2Das Gericht sieht von der Aussetzung ab oder hebt sie auf, soweit mit ihr die Gefahr erheblicher Nachteile für die Masse verbunden ist oder soweit der Verwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses oder der Gläubigerversammlung die Fortsetzung der Verwertung und Verteilung beantragt.

1. Allgemeines

 

Rn 1

Die Vorschrift dient zum einen der Sicherung der Umsetzung des Insolvenzplans und damit meist der geplanten Fortführung des Unternehmens, indem die Verwertung und Verteilung der Masse zunächst ausgesetzt werden kann (Satz 1). Andererseits soll aber auch verhindert werden, dass selbst aussichtslose Planvorschläge zu einer zunehmenden Verschlechterung der Position der Gläubiger führen. Daher bestimmt Satz 2, dass eine Aussetzung zu unterbleiben hat bzw. aufzuheben ist, wenn sich ein – meist langwieriges – Insolvenzplanverfahren nicht mit den Interessen der Gläubiger vereinbaren lässt. Mit der Vorschrift sollen also die sich grundsätzlich widersprechenden Interessen des Schuldners und der Gläubiger in der Zeit zwischen der Vorlage des Plans und dem Abstimmungstermin in Einklang gebracht werden.

 

Rn 2

Während der RegE noch in einem Abs. 2 die Möglichkeit der Einstellung eines Zwangsversteigerungsverfahrens vorsah, wenn das von einem absonderungsberechtigten Gläubiger in das Grundvermögen betriebene Zwangsversteigerungsverfahren die Durchführung des Plans gefährden würde, hat der Rechtsausschuss im Rahmen seines Vereinfachungs- und Kürzungsauftrags[1] diese Regelung in das Zwangsversteigerungsgesetz verlagert[2], so dass für dieses Einstellungsverfahren nun das Vollstreckungsgericht und nicht mehr das Insolvenzgericht zuständig ist.

[1] BegrRechtsA, in: Kübler/Prütting, Bd. I, S. 469.
[2] Siehe Art. 20 Nr. 4 EGInsO, der § 30 d ZVG neu einführt, dessen Abs. 1 Nr. 3 (Verwalter) bzw. Abs. 2 (Schuldner) einen entsprechenden Schutz für den Plan bewirken; vgl. § 49 Rdn. 12 ff.

2. Aussetzung der Verwertung (§ 233 Satz 1)

 

Rn 3

Kommt es zur Vorlage eines Insolvenzplans, so kann bis zu dessen Rechtskraft (d. h. unanfechtbare gerichtliche Bestätigung nach § 248) geraume Zeit vergehen, in der die gesetzlichen Grundsätze gelten. Folglich wäre der Verwalter gemäß § 159, § 196 Abs. 1 verpflichtet, die sofortige Verwertung der Massegegenstände zu betreiben und das Erlangte zu verteilen. Dabei bräuchte er auf den vorgelegten Plan keine Rücksicht zu nehmen und der Fortgang der Verwertung könnte dem Plan die Grundlage entziehen, bevor die Gläubiger Gelegenheit hatten, über die Annahme des Plans zu entscheiden. Als Ausweg aus dieser Interessenkollision eröffnet § 233 Satz 1 die Möglichkeit, die eigentlich geltenden gesetzlichen Regeln bis zur Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans (oder seiner Ablehnung) auszusetzen, wenn die zur Vorlage eines Plans Berechtigten, d. h. der Verwalter oder der Insolvenzschuldner, einen Antrag stellen und eine Gefährdung des Plans besteht. Die Aussetzung der Verwertung soll den Regelfall darstellen. Normalerweise wird der Aussetzungsantrag nur bei einem vom Schuldner vorgelegten Plan virulent. Hat der Verwalter einen eigenen, insbesondere einen auf einer entsprechenden Beschlussfassung der Gläubigerversammlung beruhenden Insolvenzplan erstellt, ist dem bereits eine vorübergehende Aussetzung der Verwertung des schuldnerischen Vermögens immanent.[3]

[3] Braun-Braun/Frank, § 233 Rn. 7 m. w. N.; Uhlenbruck-Lüer/Streit, § 233 Rn. 5 ff.; a. A.: K. Schmidt-Spliedt, § 233 Rn. 1 (wegen haftungsrechtlicher Absicherung des Insolvenzverwalters ausdrücklicher Antrag notwendig).

2.1 Voraussetzungen

2.1.1 Vorgelegter Insolvenzplan

 

Rn 3a

Aus der Formulierung "Gefährdung der Durchführung eines vorgelegten Insolvenzplans" folgt zunächst, dass für die Aussetzung der Verwertung kein Raum ist, wenn der Plan noch nicht vorgelegt, sondern nur angekündigt worden ist. Die Absicht, einen Insolvenzplan einzureichen, rechtfertigt es also nicht, die Verwertung auszusetzen.[4]

Unterschiedlich beurteilt wird im Schrifttum[5] die Frage, ob nach Einreichung des Plans, aber bevor über dessen eventuelle Zurückweisung nach § 231 entschieden ist, vom Gericht schon eine Aussetzungsentscheidung getroffen werden kann. Die herrschende Meinung lehnt das mit dem Hinweis auf die systematische Stellung von § 233, d. h. nach § 231 ab.[6] Der Wortlaut der Norm streitet hierfür allerdings nicht. Das Gesetz spricht nur von einem "vorgelegten", nicht hingegen von einem "zugelassenen" Insolvenzplan. Vergegenwärtigt man sich Sinn und Zweck von § 233, der die Gefahr, dass die Umsetzung eines eingereichten Plans durch eine Verwertungsmaßnahme gefährdet wird, beseitigen will, sprechen die besseren Gründe für die Mindermeinung: Auch im Zeitraum zwischen der Einreichung des Plans und dessen in der Einleitung des Verfahrens nach § 232 zum Ausdruck kommender "Zulassung" besteht die Gefahr, dass d...

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