Rn 4

Hat die Gläubigerversammlung die Stilllegung des Geschäftsbetriebs und damit die Liquidation beschlossen, stellt sich weiterhin die Frage, nach welchen Grundsätzen die Verwertung durch Liquidation stattfinden soll. Das Gesetz stellt hierfür zunächst in §§ 148 ff. das Regelverfahren nach der InsO zur Verfügung. An die Stelle dieses Verfahrens kann aber auch der Insolvenzplan (§§ 217 ff.) als Liquidationsplan treten.[22] Unabhängig davon, ob sich die Versammlung für die Stilllegung oder Fortführung des Geschäftsbetriebs entscheidet, kommt also eine Verfolgung ihrer Ziele im Wege des Insolvenzplans in Betracht. Will die Gläubigerversammlung mittels eines Insolvenzplans die bestmögliche Befriedigungsaussicht wahren, so kann sie den Insolvenzverwalter beauftragen, einen solchen Insolvenzplan auszuarbeiten, und ihm insoweit auch das Ziel des Plans vorgeben.[23] Einen eigenen, von diesen Zielen abweichenden Plan darf der Verwalter allerdings nicht vorlegen.[24] Allerdings werden dem Insolvenzverwalter die Zielvorgaben der Gläubigerversammlung regelmäßig noch einen weiten Gestaltungsspielraum belassen. Allerdings kann die Gläubigerversammlung über bloße Zielvorgaben hinaus auch konkrete inhaltliche Vorgaben machen, die der Insolvenzverwalter im Rahmen der rechtlich zulässigen Gestaltungen umzusetzen hat.[25] Die Versammlung kann neben allgemein gefassten inhaltlichen Vorgaben auch beschließen, dass der Insolvenzverwalter bestimmte einzelne Verwertungsmaßnahmen durchführen möge. Solch konkrete Vorgaben sind zulässig, haben jedoch keine rechtliche Bindungswirkung, sondern nur einen empfehlenden Charakter. Ein Handeln gegen den Willen der Versammlung erhöht allerdings das Haftungsrisiko.[26] Daneben kann der Insolvenzverwalter aber auch einen eigenen Plan gestalten und als Alternative zu dem von der Gläubigerversammlung beauftragten Plan vorlegen.[27] Umstritten ist, ob die Gläubigerversammlung dem Insolvenzverwalter das Initiativrecht mittels Zielvorgabe versagen kann. Die überwiegende Ansicht sieht dafür allerdings keine Notwendigkeit, da die Gläubiger die Kosten für einen aussichtslosen Plan des Insolvenzverwalters nicht tragen müssen, ihnen also keine Nachteile dadurch entstehen.[28] In den restlichen Fällen hat der Insolvenzplan des Verwalters einen Mehrwert, sodass den Gläubigern auch in diesem Falle keine Nachteile erwachsen. Der Wettbewerb der unterschiedlichen Insolvenzpläne kann im Allgemeinen produktive Impulse setzen.[29] Neben dem Insolvenzverwalter kann im Übrigen auch der Schuldner einen konkurrierenden Plan vorlegen.[30] Die Gläubigerversammlung muss allerdings sich nicht zwingend zwischen verschiedenen Plänen entscheiden – vielmehr kann sie den Insolvenzverwalter stattdessen auch anweisen, einen "Hybrid-Plan" aus beiden Plänen zu erstellen.[31]

[22] MünchKomm-Janssen, 4. Aufl. 2019, § 157 Rn. 7; siehe auch Uhlenbruck-Streit/Lüer, 15. Aufl. 2019, § 217 Rn. 21.
[23] HambKomm-Decker, 9. Aufl. 2022, § 157 Rn. 11.
[24] Uhlenbruck-Zipperer, 15. Aufl. 2019, § 157 Rn. 12.
[25] Ausf. dazu Uhlenbruck-Zipperer, 15 Aufl. 2019, § 157 Rn. 12.
[26] Pape, NZI 2006, 65 (66, 67).
[27] MünchKomm-Janssen, 4. Aufl. 2019, § 157 Rn. 24.
[28] Uhlenbruck-Zipperer, 15. Aufl. 2019, § 157 Rn. 12.
[29] HambKomm-Decker, 9. Aufl. 2022, § 157 Rn. 11.
[30] Uhlenbruck-Zipperer, 15. Aufl. 2019, § 157 Rn. 13.
[31] Uhlenbruck-Zipperer, 15. Aufl. 2019, § 157 Rn. 13.

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