Gesetzestext

 

(1) Der Anfechtungsanspruch richtet sich nach den Regelungen über die regelmäßige Verjährung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch.

(2) Auch wenn der Anfechtungsanspruch verjährt ist, kann der Insolvenzverwalter die Erfüllung einer Leistungspflicht verweigern, die auf einer anfechtbaren Handlung beruht.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 41 KO, § 10 GesO§ 146 RegE, § 155 RefE

1. Allgemeines

1.1 Rechtsquellen

 

Rn 1

§ 146 Abs. 1 ist durch Art. 5 Nr. 4 des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9.12.2004[1] mit Wirkung zum 15.12.2004 neu gefasst worden. Nach bisherigem Recht betrug die Verjährungsfrist zwei Jahre ab Insolvenzeröffnung (§ 146 Abs. 1 a.F.). Damit wich das bisherige Recht von der Regelverjährungsfrist des § 195 BGB (drei Jahre) ab. Das hatte nach § 200 BGB auch Folgen für den Lauf der Verjährungsfrist. Abweichend von der Grundregel in § 199 BGB ordnet nämlich § 200 BGB an, dass die Frist im Falle von "Sonderbestimmungen" nicht mit Jahresschluss, sondern schon mit Entstehung des Anspruchs zu laufen beginnt. Diese Unterschiede hat der Gesetzgeber nunmehr beseitigt.

 

Rn 2

Das Übergangsrecht ist in Art. 229 Nr. 12 Abs. 1 EGBGB geregelt.[2] Die Vorschrift erklärt Art. 229 § 6 EGBGB[3] für entsprechend anwendbar. Hieraus folgt, dass vor dem Stichtag – nämlich dem In-Kraft-Treten der Neuregelung – bereits verjährte Anfechtungsansprüche verjährt bleiben. Für die zum Stichtag noch nicht verjährten Ansprüche bleibt es gemäß Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB bei der alten zweijährigen Verjährungsfrist ab Insolvenzeröffnung. Die neue Frist (einschließlich des andersartigen Fristbeginns) gilt für die am 15.12.2004 oder später eröffneten Insolvenzverfahren.

[1] BGBl. I 2004, 3210; siehe hierzu Huber, ZInsO 2005, 190 ff.
[2] Siehe hierzu Huber, ZInsO 2005, 190 (191); HK-Kreft, § 146 Rn. 1.
[3] Siehe auch BGH ZInsO 2004, 1201.

1.2 Normzweck

 

Rn 3

Die in den einzelnen Anfechtungstatbeständen enthaltenen Anfechtungsfristen legen den Zeitraum fest, in dem die fragliche Rechtshandlung vorgenommen sein muss. Fehlt es hieran, scheitert eine Anfechtbarkeit – unabhängig von den übrigen Anfechtungsvoraussetzungen – von vornherein. Von diesen Anfechtungsfristen zu unterscheiden ist die in § 146 geregelte Ausübungsfrist für den Anfechtungsanspruch (§ 143).[4] § 146 bezweckt einen angemessenen Ausgleich zwischen den Interessen der Gläubiger, des Anfechtungsgegners und dem Vertrauen des Rechtsverkehrs.[5]

 

Rn 4

In der KO war die Ausübungsfrist noch als Ausschlussfrist ausgestaltet (§ 41 KO, siehe auch § 10 Abs. 2 GesO). Der Anfechtungsanspruch erlosch, wenn er nicht innerhalb der Frist gerichtlich geltend gemacht wurde. Die InsO hat die Ausübungsfrist von einer Ausschluss- auf eine Verjährungsfrist umgestellt und damit dem Umstand Rechnung getragen, dass das Anfechtungsrecht heute – anders als noch bei Einführung der Konkursordnung im Jahre 1877 – nicht mehr als Gestaltungsrecht, sondern als schuldrechtlicher Rückgewähranspruch begriffen wird (vgl. § 143 Rn. 2).[6] Damit finden die §§ 194 ff. BGB heute auf den Anfechtungsanspruch unmittelbare Anwendung. Darüber hinaus hat die InsO – im Vergleich zu der KO – die vielfach als zu kurz empfundene Einjahresfrist (§ 41 KO) auf zwei Jahre verlängert. Mit der nunmehr erfolgten Verlängerung der Frist auf grundsätzlich drei Jahre (§ 146 Abs. 1 n.F., beachte aber auch § 199 BGB) hat sich die Lage für die Insolvenzverwalter noch einmal deutlich verbessert. Damit rückt freilich der ursprünglich in § 146 (mit-)verfolgte Zweck, nämlich durch eine beschränkte Ausübungsmöglichkeit der Anfechtung auf eine zügige Abwicklung des Insolvenzverfahrens hinzuwirken (siehe oben Rn. 3), in den Hintergrund.

 

Rn 5

Prozessual hat die Umstellung von einer Ausschluss- auf eine Verjährungsfrist zur Folge, dass sich der Anfechtungsgegner nunmehr im Prozess auf die Verjährung berufen muss. Der Richter hat diese – anders als die Ausschlussfrist – folglich nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede zu prüfen. Darüber hinaus wird durch die Umstellung im Falle eines außergerichtlichen Anerkenntnisses eine Klageerhebung zur Fristwahrung überflüssig (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB).[7] Schließlich erlaubt es eine Verjährungsfrist dem Insolvenzverwalter eher, dem Anfechtungsgegner den Einwand von Treu und Glauben[8] entgegenzuhalten.[9]

[4] MünchKomm-Kirchhof, § 146 Rn. 5; Kübler/Prütting-Paulus, § 146 Rn. 2.
[5] BGHZ 122, 23 (26); BGH NJW 1984, 874 (875) [BGH 28.11.1983 - II ZR 94/83]; MünchKomm-Kirchhof, § 146 Rn. 1; Kübler/Prütting-Paulus, § 146 Rn. 1; HK-Kreft, § 146 Rn. 2; Uhlenbruck-Hirte, § 146 Rn. 1; Nerlich/Römermann-Nerlich, § 146 Rn. 2.
[6] HK-Kreft, § 146 Rn. 1.
[7] Uhlenbruck-Hirte, § 146 Rn. 5.
[8] Siehe hierzu BGH WM 1972, 1427 (1428); MünchKomm-Kirchhof, § 146 Rn. 11 und 28; Kübler/Prütting-Paulus, § 146 Rn. 5.
[9] HK-Kreft, § 146 Rn. 2.

1.3 Anwendungsbereich

 

Rn 6

§ 146 InsO gilt für alle Anfechtungstatbestände der Insolvenzordnung. Insbesondere greift die Vorschrift auch für die Anfechtung gemäß § 145 gegenüber Rechtsnachfolgern (siehe ...

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