Leitsatz (amtlich)

1. Der Antrag, den Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung für ungültig zu erklären, kann auf einzelne selbständige Posten der Abrechnung beschränkt werden. Eine Beschränkung ergibt sich jedoch im Allgemeinen nicht schon daraus, dass der Antragsteller nur zu einzelnen Posten der Abrechnung konkrete Rügen vorbringt. Macht er deutlich, das er die Jahresabrechnung auch i.Ü. gerichtlich überprüft wissen will, wenn er auch mangels Belegkenntnis weitere Mängel nicht vortragen kann, so ist die gesamte Abrechnung Verfahrensgegenstand. Der Wert der individuellen Beschwer bemisst sich dann regelmäßig nach der durch die Wohngeldabrechnung ausgewiesenen Gesamtbelastung des Antragstellers.

2. Unvollständigkeiten der Jahresabrechnung, wie etwa fehlende Gesamteinnahmen und fehlende Angaben zum Stand der Gemeinschaftskonten, führen im Anfechtungsverfahren i.d.R. nicht dazu, die Jahresabrechnung deswegen für ungültig zu erklären.

 

Normenkette

FGG § 12; WEG § 23 Abs. 4, § 28 Abs. 3, § 45 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 1 T 17596/02)

AG München (Aktenzeichen 483 UR II 1128/01 WEG)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG München I vom 23.12.2002 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Der Antragstellerin gehört eine Wohnung mit einem Miteigentumsanteil von 37,5/1000; Teileigentum an der zur Anlage gehörenden Tiefgarage gehört ihr nicht.

In der Eigentümerversammlung vom 16.10.2001 wurde unter Tagesordnungspunkt 4.1 die Jahresabrechnung 2000 genehmigt und unter Tagesordnungspunkt 4.2 der Verwalterin Entlastung erteilt. Die Antragstellerin hat diese Beschlüsse fristgerecht angefochten, den Beschluss zur Jahresabrechnung im Wesentlichen mit der Begründung, an deren Richtigkeit beständen erhebliche Zweifel; nähere Ausführungen seien jedoch noch nicht möglich, weil sie bzw. ihr anwaltlicher Bevollmächtigter noch keine Einsicht in die Belege erhalten habe. Nach Überlassung verschiedener Unterlagen bemängelte die Antragstellerin, dass diese zur vollständigen Überprüfung der Jahresabrechnung nicht ausreichend seien. Unabhängig hiervon ergäbe sich aus den überlassenen Belegen jedoch bereits die Unrichtigkeit der Jahresabrechnung, so insb. hinsichtlich der Kostenzuordnung und -aufteilung zwischen Wohn- und Garageneinheiten und hinsichtlich der Stromkosten.

Das AG hat mit Beschluss vom 12.8.2002 dem Antrag nur insoweit stattgegeben, als sich die Antragstellerin gegen den Beschluss über die Verwalterentlastung gewandt hat. Den Antrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses über die Jahresabrechnung hat das Gericht abgewiesen. Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Antragstellerin ihren Antrag, den Beschluss über die Jahresabrechnung 2000 für ungültig zu erklären, weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie u.a. darauf verwiesen, dass sich aufgrund ihrer Nachforschungen außer den bereits gerügten Mängeln noch andere schwerwiegende Unrichtigkeiten ergeben hätten, so hinsichtlich der eingestellten Kosten für die Fassadensanierung, die nicht dem tatsächlichen Sanierungsaufwand entsprächen.

Das LG hat ohne mündliche Verhandlung das Rechtsmittel durch Beschluss vom 23.12.2002 verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II. Die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde folgt aus der Verwerfung der Erstbeschwerde mangels ausreichender Beschwer (BGH v. 17.9.1992 – V ZB 21/92, BGHZ 119, 216 [217 f.] = MDR 1992, 1177; BayObLG NZM 2000, 1240).

Das Rechtsmittel hat Erfolg; es führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die sofortige Beschwerde sei unzulässig, weil der Beschwerdewert von mehr als 750 Euro nicht erreicht sei. Es komme auf das vermögenswerte Interesse des einzelnen Beschwerdeführers an der Änderung der angefochtenen Entscheidung an. Die Beschwer richte sich nach der anteiligen Belastung, die dem Rechtsmittelführer bei der nach seiner Ansicht richtigen Abrechnung erspart geblieben wäre. Hiernach belaufe sich die Beschwer bei den von der Antragstellerin angeführten Einzelposten der Abrechnung nur auf insgesamt 247,83 Euro.

2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Zutreffend ist allerdings die Ansicht des LG, dass der Beschwerdewert im Sinn von § 45 Abs. 1 WEG nicht gleichzusetzen ist mit dem Geschäftswert gem. § 48 Abs. 3 WEG. Er ist immer nach der Beschwer des Rechtsmittelführers und seinem Interesse an der Abänderung zu bemessen. Wird der Beschluss über die Jahresabrechnung mit der Begründung angefochten, es sei ein falscher Kostenverteilungsschlüs...

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