Leitsatz (amtlich)

Zur Erstreckung einer Namensänderung der Eltern gemäß § 94 BVFG auf den. Familiennamen von Abkömmlingen (Ergänzung zu BayObLG StAZ 1995, 214).

 

Normenkette

PStG § 30 Abs. 1 S. 2; BVFG § 94

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 27.07.1994; Aktenzeichen 13 T 3691/94)

AG Nürnberg (Beschluss vom 06.04.1994; Aktenzeichen UR III 30/94)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 7 werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Nürnberg vom 6. April 1994 und des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27. Juli 1994 aufgehoben.

II. Die Anträge der Beteiligten zu 1 und 2 werden zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der im Jahr 1942 in Schlesien geborene Beteiligte zu 1 hat seit 1945 seinen ständigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und ist im Besitz eines vom Evakuierten- und Vertriebenenamt der Stadt Nürnberg ausgestellten Vertriebenenausweises. Er hat im Jahr 1966 vor dem Standesamt Nürnberg die Ehe mit der Beteiligten zu 2 geschlossen. Die Ehegatten führten damals den Ehenamen „Cz.”. In den Geburtenbüchern des Standesamts Nürnberg (Beteiligter zu 6) wurden die Familiennamen ihrer in den Jahren 1966, 1970 und 1979 geborenen Kinder (Beteiligte zu 3 bis 5) sowie ihrer 1968 geborenen und seit 1988 verheirateten Tochter mit „Cz.” eingetragen. Am 17.1.1994 erklärten die Beteiligten zu 1 und 2 vor dem Standesamt Nürnberg gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG), sie nähmen die deutschsprachige Form ihres Familiennamens an und führten künftig den Familiennamen „Ch.”, wobei der Beteiligte zu 1 der Erklärung seiner Ehefrau als deren Betreuer zustimmte. Eine entsprechende Erklärung gaben der Beteiligte zu 3 am 26.1.1994 und die Beteiligte zu 4 am 17.1.1994 ab; die Änderung sollte auch ihren Geburtsnamen umfassen. Für den minderjährigen Beteiligten zu 5 gab eine entsprechende Erklärung der Beteiligte zu 1 als sein gesetzlicher Vertreter am 19.1.1994 ab. Am 27.1.1994 vermerkte der Standesbeamte in Spalte 10 des beim Standesamt Nürnberg geführten Familienbuchs der Eltern, daß diese „durch Erklärung mit Wirkung vom 17. Januar 1994” den Ehenamen „Ch.” führen, und daß sich die Erklärung auf den Geburtsnamen des Mannes erstrecke. In den Geburtenbüchern der Beteiligten zu 3 bis 5 ist bis jetzt kein Randvermerk über die Änderung des Geburtsnamens beigeschrieben worden.

Am 19.1.1994 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 beim Standesamt Nürnberg die „Fortschreibung” ihrer Namen in den Geburtenbüchern ihrer Kinder (Beteiligte zu 3 bis 5). Der Standesbeamte befürwortete den „Berichtigungsantrag”; sollte das Gericht ihn aus formalen Gründen nicht als solchen „akzeptieren”, so sei er als Antrag gemäß § 45 Abs. 1 des Personenstandsgesetzes (PStG) aufzufassen. Die Beteiligte zu 7 legte ihn gemäß § 47 PStG dem Amtsgericht vor. Auf die Einlegung von Rechtsmitteln werde verzichtet, falls dem Antrag stattgegeben werde. Das Amtsgericht beschloß am 6.4.1994, daß in den Geburtenbüchern für die Beteiligten zu 3 bis 5 durch Randvermerk die geänderte Schreibweise des Familiennamens der Eltern beizuschreiben sei. Die ursprüngliche Schreibweise des Familiennamens „Cz.” sei durch die Namensänderung gemäß § 94 BVFG unrichtig geworden, so daß die Geburtenbücher gemäß § 47 PStG zu berichtigen seien. Gemäß der am 1.4.1994 in Kraft getretenen Neuregelung in § 30 Abs. 1 Satz 2 PStG sei ein Randvermerk einzutragen, wenn der Ehename der Eltern oder der Familienname eines Elternteils geändert worden ist. Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, wenngleich das Familiennamensrechtsgesetz keine Rückwirkungsvorschrift enthalte und nicht ausdrücklich bestimme, was mit Vorgängen zu geschehen habe, die bereits vor dem 1.4.1994 erfolgt seien.

Die Beteiligte zu 7 legte gegen die ihr formlos mitgeteilte Entscheidung sofortige Beschwerde ein, die das Landgericht am 27.7.1994 zurückwies. Gegen den ihr am 12.8.1994 zugestellten Beschluß richtet sich die beim Landgericht am 18.8.1994 eingegangene „sofortige Beschwerde” der Beteiligten zu 7. Sie beantragt, die Rechtsauffassung des Landgerichts zu bestätigen. Den Beteiligten zu 1 bis 5 wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das als sofortige weitere Beschwerde statthafte Rechtsmittel der Beteiligten zu 7 ist zulässig. Es führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und zur Zurückweisung der Anträge der Beteiligten zu 1 und 2.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Amtsgericht habe zutreffend dargelegt, daß ein Randvermerk dann anzubringen sei, wenn der Ehename der Eltern oder der Familienname eines Elternteils geändert wurde, wobei nicht auf den Zeitpunkt der Änderung abzustellen sei. Das ergebe bereits der Wortlaut des § 30 PStG. Auch der Sinn der Vorschrift, daß bei der Ausstellung neuer Geburtsurkunden abgelegte Namen der Eltern nicht mehr „auftauchen” sollten, spreche für eine Gleichbehandlung „alter und neuer Änderungen”.

2. Die Beschwerdeentscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.

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