Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Erstattungsmöglichkeiten bei Krankenfahrten. HIV-Infektion

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Erstattungsmöglichkeiten bei Krankenfahrten (§ 60 SGB V i.V.m. den Krankenhaustransportrichtlinien).

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 1. Juli 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Erstattung von Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen hat.

Der 1964 geborene, in A-Stadt wohnende Kläger ist als Rentner bei der Beklagten versichert. Er leidet an einer HIV-Infektion mit den Begleitkrankheiten arterielle Hypertonie, Asthma bronchiale, reaktive Depression, Schlafapnoe-Syndrom, degeneratives Wirbelsäulensyndrom und Fettverteilungsstörung durch antivirale Therapien. Er hat mit Schreiben vom 25.11.2007 bei der Beklagten die Übernahme der Fahrkosten zum Facharzt nach N. in Höhe von 42,00 Euro monatlich beantragt. Es gebe in A-Stadt keine geeigneten niedergelassenen Fachärzte, so dass er gezwungen sei, auf N. auszuweichen. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 29.11.2007 den Antrag auf Erstattung von Fahrkosten mit der Begründung abgelehnt, Fahrten zur ambulanten Behandlung könnten laut Gesetz nicht übernommen werden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, es gebe dort keine gleichwertige Facharztpraxis, wie sie in N. von Dr. A. betrieben werde. Mit weiterem Bescheid vom 19.03.2008 lehnte die Beklagte die beantragte Erstattung der Fahrkosten erneut ab und wies darauf hin, dass beim Kläger die Ausnahmeregelungen zur Kostenerstattung nicht vorliegen. Die Beklagte holte vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern (MDK) ein Gutachten zur medizinischen Notwendigkeit der Behandlung des Klägers in N. ein. Dr. H. kam dabei zu dem Ergebnis, sämtliche Krankheiten des Klägers könnten medizinisch adäquat in A-Stadt behandelt werden. Die Beklagte wies daraufhin den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.04.2008 zurück.

Bereits am 13.03.2008 ging Klage beim Sozialgericht Würzburg ein. Am 31.03.2008 erklärte der Kläger zur Niederschrift beim Sozialgericht Würzburg, die Beklagte habe mitgeteilt, sie sei unzuständig, er solle sich an das Sozialamt wenden. Weiter gibt der Kläger an, durch Behandlungen in der Universitätsklinik A-Stadt sei er medikamentenabhängig gemacht worden. Er lehne die Behandlung dort ab. Die Fahrt koste einfach 18,80 Euro nach N., die U-Bahn-Fahrt 2,20 Euro. Daraus errechne sich der Betrag von 42,00 Euro für Hin- und Rückfahrt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 01.07.2008 wies das Sozialgericht den Kläger darauf hin, dass hepatologische Schwerpunktpraxen auch in F., S. und Bad K. ausgewiesen seien. Darüber hinaus gebe es Ambulanzen in der Universitätsklinik A-Stadt, in der Missionsärztlichen Klinik A-Stadt und in K.. Der Kläger hat angegeben, der behandelnde Arzt habe ihm gegenüber geäußert, dass vergleichbare Behandlungen nur in Frankfurt, München oder Stuttgart vorgenommen werden könnten.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.07.2008 abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der geltend gemachten Fahrkosten durch die Beklagte. Der Kläger habe seine Klage zwar zutreffend auf die Zeit nach der Antragstellung beschränkt, da eine Kostenübernahme ohnehin erst nach vorheriger Genehmigung möglich wäre. Aus den gesetzlichen Bestimmungen ergebe sich jedoch, dass der Gesetzgeber Fahrkosten zu ambulanten Behandlungen grundsätzlich nicht mehr als Kassenleistung ansehen wolle, außer wenn besonders erhöhte Belastungen durch eine regelmäßige Behandlung in hoher Behandlungsfrequenz erfolgt. Dies ergebe sich aus § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wonach die Krankenkassen die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 SGB V übernehme, wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig seien. Hierzu führe Satz 3 aus, dass die Krankenkasse Fahrkosten zu einer ambulanten Behandlung unter Abzug des sich nach § 61 Satz 1 SGB V ergebenden Betrages nur nach vorheriger Genehmigung in besonderen Ausnahmefällen übernehme, die der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 (Krankenhaustransport-Richtlinien) festgelegt habe. Eine weitere Anspruchsgrundlage könnte bestehen, wenn durch die ambulante Krankenbehandlung eine an sich gebotene vollstationäre oder teilstationäre Krankenhausbehandlung vermieden werde. Beim Kläger liege keine dieser Voraussetzungen vor. Eine HIV-Kontrollbehandlung falle auch nicht unter den vom Gemeinsamen Bundesausschuss aufgestellten Ausnahmekatalog. Es handele sich auch nicht um vergleichbare Fälle, es fehle an der notwendigen hohen Behandlungsfrequenz über einen längeren Zeitraum. Es reiche keinesfalls aus, dass eine Behandlung ca. einmal im Quartal notwendig sei. Die bisher explizit zugelassenen Ausnahmefälle hätten alle eine Behandlungsfrequenz von mehrmals in...

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