Entscheidungsstichwort (Thema)

13. Monatseinkommen - Langandauernde Krankheit

 

Orientierungssatz

1. Hinweise des Senats:

"Bestätigung der Rechtsprechung zum 13. Monatseinkommen im Baugewerbe bei langandauernder Krankheit (BAG Urteil vom 28. September 1994 - 10 AZR 805/93 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr 168 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr 117)."

2. Auslegung des § 2 des Tarifvertrages über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe vom 27.04.1990.

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des

Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 8. September 1998 - 2 Sa

513/96 - aufgehoben.

2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des

Arbeitsgerichts Nürnberg vom 28. März 1996 - 14 Ca 1617/95 -

wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte hat auch die Kosten der Berufung und der

Revision zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung eines 13. Monatseinkommens.

Der Kläger war bei der Beklagten als Maurervorarbeiter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis haben die Parteien den Tarifvertrag über die Gewährung eines 13. Monatseinkommens im Baugewerbe vom 27. April 1990 (TV 13. Monatseinkommen-Baugewerbe) angewandt.

Der Kläger war seit September 1992 fortlaufend arbeitsunfähig krank. Er bezog von Oktober 1992 bis Mai 1995 Krankengeld. Mit Bescheid vom April 1994 wurde dem Kläger rückwirkend ab Juli 1993 eine Berufsunfähigkeitsrente bewilligt.

Für das Kalenderjahr 1994 zahlte die Beklagte kein 13. Monatseinkommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe dieses 13. Monatseinkommen in unstreitiger Höhe von 2.532,66 DM zu. Die Arbeitsunfähigkeit, der Krankengeldbezug und die Bewilligung der Berufsunfähigkeitsrente beeinflusse seinen Rechtsanspruch nicht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.532,66 DM brutto zuzüglich 4

% Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit 1. Dezember 1994

zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis sei im Jahre 1994 wegen der dauernden Arbeitsunfähigkeit und der Bewilligung einer Berufsunfähigkeitsrente nur noch formaler Natur gewesen, weil nicht davon auszugehen war, daß der Kläger seine Arbeitstätigkeit noch einmal aufnehmen werde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Dem Kläger steht für das Kalenderjahr 1994 ein Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen gemäß § 2 Abs. 1 TV 13. Monatseinkommen-Baugewerbe in der unstreitigen Höhe von 2.532,66 DM brutto zu.

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen sei unbegründet, weil der Kläger im Jahre 1994 am Tag der Fälligkeit des Anspruchs bereits über zwei Jahre arbeitsunfähig krank und eine Berufsunfähigkeitsrente bewilligt worden war. Auf Grund der langandauernden Arbeitsunfähigkeit habe das Arbeitsverhältnis nur noch formal bestanden. Eine Reaktivierung des Arbeitsverhältnisses sei nicht mehr anzunehmen gewesen.

Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.

II. Der Kläger erfüllt die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV 13. Monatseinkommen-Baugewerbe für ein 13. Monatseinkommen im Kalenderjahr 1994. Danach besteht ein Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen, wenn das Arbeitsverhältnis am 30. November des laufenden Kalenderjahres (Stichtag) mindestens zwölf Monate ununterbrochen besteht.

1. Der Kläger stand am 30. November 1994 seit über zwölf Monaten in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, so daß er einen Anspruch auf ein 13. Monatseinkommen für das Kalenderjahr 1994 in unstreitiger Höhe von 2.532,66 DM brutto hat.

2. Obwohl der Kläger während des gesamten Bezugszeitraumes arbeitsunfähig krank war, ist der Anspruch auf das 13. Monatseinkommen auch nicht entfallen. Die Tarifvertragsparteien des TV 13. Monatseinkommen-Baugewerbe haben insoweit keine Kürzung oder den Wegfall der Sonderzahlung geregelt (vgl. BAG 17. Dezember 1992 - 10 AZR 427/91 - und 28. September 1994 - 10 AZR 805/93 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 148 und 168 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 94 und 117, sowie 11. Oktober 1995 - 10 AZR 364/94 - und - 10 AZR 538/94 - nv.; BAG 6. Dezember 1995 - 10 AZR 333/94 - und - 10 AZR 334/94 - nv.).

Entgegen der Rechtsauffassung des Landesarbeitsgerichts ist der Anspruch im vorliegenden Fall auch nicht deshalb entfallen, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien nur noch formaler Natur und seine Aktivierung nicht mehr zu erwarten gewesen sei. Der Senat hat diese Rechtsfolge in ständiger Rechtsprechung (vgl. BAG 28. September 1994, 11. Oktober 1995 und 6. Dezember 1995, aaO; 5. Juni 1996 - 10 AZR 804/93 - nv.) nur dann ausnahmsweise angenommen, wenn der Arbeitnehmer nach langer Arbeitsunfähigkeit und nach Aussteuerung durch die Krankenkasse zunächst Arbeitslosengeld nach § 105 a AFG und später eine Rente beantragt und der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitsamt auf das Direktionsrecht aus dem Arbeitsverhältnis verzichtet hat. In einem solchen Falle seien die durch das an sich fortbestehende Arbeitsverhältnis begründeten rechtlichen Bindungen der Arbeitsvertragsparteien in einer Weise gelockert, daß anzunehmen sei, es bestehe kein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 TV 13. Monatseinkommen-Baugewerbe mehr.

Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist ein derartiger Sachverhalt im vorliegenden Fall nicht gegeben. Der Kläger war seit dem Jahre 1992 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und bezog auch im Jahre 1994 Krankengeld. Ihm wurde darüber hinaus im April 1994 rückwirkend ab Juli 1993 Berufsunfähigkeitsrente bewilligt. Diese Tatbestände führen jedoch weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit nach dem TV 13. Monatseinkommen-Baugewerbe zur Kürzung oder zum Wegfall der Sonderzahlung.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Dr. FreiFischermeierKöhnen

Ohl

 

Fundstellen

Dokument-Index HI610759

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