Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung im Sanitätsdienst der Bundesluftwaffe. Arzthelferin mit Aufgaben einer medizinisch-technischen Assistentin im Labor einer Luftwaffensanitätsstaffel

 

Leitsatz (amtlich)

  • Im Bereiche der medizinischen Hilfsberufe unterscheiden die Tarifvertragsparteien streng und in für die Gerichte für Arbeitssachen bindender Weise zwischen Arzthelferinnen, medizinisch-technischen Assistentinnen und medizinisch-technischen Gehilfinnen.
  • Zur Erfüllung der Merkmale der VergGruppen VII BAT Fallgruppe 9 und VIb Fallgruppe 3 ist nicht nur die Ausbildung und Prüfung als Arzthelferin erforderlich. Vielmehr müssen auch die in der Fallgruppe 9 der VergGr VII BAT genannten Tätigkeiten ausgeführt werden.
  • Vergütung nach VergGr VIb BAT Fallgruppe 26 können ohne Rücksicht auf die Art ihrer Tätigkeit nur Angestellte beanspruchen, die nach Maßgabe des öffentlichen Medizinalrechts als medizinisch-technische Assistentinnen ausgebildet und geprüft worden sind.
  • Der Rechtsbegriff der “schwierigen Aufgaben” ist in den Fallgruppen 28 und 26 der VergGr VIb des Teils II D der Vergütungsordnung identisch.
  • Der Inhalt behördlicher Tätigkeitsbeschreibungen ist für die tarifliche Mindestvergütung der Angestellten des öffentlichen Dienstes rechtsunerheblich.
 

Normenkette

BAT 1975 §§ 22-23; BAT 1975 Anlage 1a Teil II D VergGr. VIb Fallgruppen 3, 26 und 28 sowie VergGr. VII Fallgruppe 9; ZPO § 144

 

Verfahrensgang

LAG Niedersachsen (Urteil vom 25.03.1986; Aktenzeichen 12 Sa 104/85)

ArbG Wilhelmshaven (Urteil vom 05.06.1985; Aktenzeichen 2 Ca 1368/84 E)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 25. März 1986 – 12 Sa 104/85 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin ist ausgebildete und examinierte Arzthelferin. Am 1. Februar 1976 trat sie beim Jagdgeschwader 71 in W… als Angestellte in die Dienste der Beklagten. Dort ist sie im Labor der Luftwaffensanitätsstaffel tätig. Ursprünglich wurde ihr der Dienstposten einer Zahnarzthelferin zugewiesen. In einer Tätigkeitsbeschreibung vom 8. Januar 1976 war ihr Dienstposten als der einer medizinisch-technischen Assistentin ausgewiesen. Personalbearbeitende Dienststelle der Klägerin ist die Standortverwaltung W… Die Parteien haben einzelvertraglich die Geltung des BAT und der diesen ändernden und ergänzenden Tarifverträge vereinbart. Die Klägerin bezieht Vergütung nach VergGr. VII BAT.

Ausweislich einer weiteren Tätigkeitsbeschreibung der Standortverwaltung W… vom 5./25. Januar 1983 obliegen der Klägerin zu den angegebenen Zeitanteilen ihrer Gesamtarbeitszeit die nachfolgenden Einzelaufgaben:

1. 

Photometrische Bestimmung von Leber- und Nierenwerten (u.a. GOT, GPT, GT, LDH, AP, Amylase i.U., Amylase i.U., Cholesterin, Trygliceride, Kreatinin, ASL, CRP, BZ, Bilirubin der Rheumafaktoren)

50 v.H.,

2.

Blutentnahme, Blutaufbereitung, Blutuntersuchung, Blutgruppenbestimmung, Blutsenkung, Blutbilder (Hb, Ery, Leuko und Diff)

35 v.H.,

3.

Urinbestimmungen und Auswerten von GO-Abstrichen (Ph, Eiweiß, Zucker, Eryls, Bilirubin usw.)

10 v.H. und

4.

Büro- und Schreibarbeiten sowie Kartenführung

5 v.H.

Nachdem sie diese Forderung mit Schreiben vom 23. August 1983 erfolglos geltend gemacht hatte, hat die Klägerin mit der Klage die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, an sie ab 1. September 1983 Vergütung nach VergGr. VIb BAT zu zahlen. Dazu hat die Klägerin vorgetragen, da sie als Arzthelferin ausgebildet und geprüft worden sei, entspreche ihre Tätigkeit den Erfordernissen der Fallgruppe 3 der VergGr. VIb des Teils II Abschn. D der Anlage 1a zum BAT. In Betracht kämen für sie aber auch die Merkmale der Fallgruppe 26 dieser Vergütungsgruppe. Ihre Tätigkeit sei nämlich der einer medizinisch-technischen Assistentin zumindest ähnlich und vergleichbar. Dabei müsse berücksichtigt werden, daß die Beklagte selbst in der Tätigkeitsbeschreibung vom 8. Januar 1976 ihre Tätigkeit als die einer medizinisch-technischen Assistentin angesehen und ausgewiesen habe. Jedenfalls aber seien bei ihr die Merkmale der Fallgruppe 28 der VergGr. VIb BAT erfüllt. Dabei sei einmal ihre Fachausbildung als Arzthelferin zu berücksichtigen. Damit verfüge sie über gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen im tariflichen Sinne, die denen einer medizinisch-technischen Gehilfin entsprächen. Ihr oblägen aber auch schwierige Tätigkeiten im tariflichen Sinne, da sie praktisch wie eine medizinisch-technische Assistentin eingesetzt werde. Wenn vom Arzt die Anweisung gegeben werde, einen bestimmten Befund zu erheben, habe sie das Recht der selbständigen Verfahrenswahl. In jedem Falle könne sie nämlich selbst bestimmen, auf welche Art und Weise sie den geforderten Befund erheben wolle. Auch in der Wahl der Hilfsmittel sei sie frei. Die Klage sei aber auch nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz begründet. Die bei der Luftwaffensanitätsstaffel im Nachbarstandort A… eingesetzte Angestellte B…, die dieselben Aufgaben wie sie erledige, werde nämlich nach VergGr. VIb BAT vergütet. Demgemäß hat die Klägerin beantragt,

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin ab 1. September 1983 Vergütung nach VergGr. VIb BAT zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, für das Klagebegehren gebe es keine Rechtsgrundlage. Die Klägerin werde tarifgerecht vergütet. Ihre Tätigkeit entspreche weder den Merkmalen der Fallgruppe 3 noch denen der Fallgruppen 26 und 28 der VergGr. VIb BAT. Mit den Aufgaben einer Arzthelferin werde die Klägerin nicht beschäftigt. Die Fallgruppe 26 komme für sie deswegen nicht in Betracht, weil sie nicht als medizinisch-technische Assistentin ausgebildet und geprüft worden sei. Eine zweite tarifliche Alternative für “sonstige Angestellte” gebe es in dieser Fallgruppe nicht. An diese Regelung der Tarifvertragsparteien seien die Gerichte für Arbeitssachen gebunden. Aber auch die Anforderungen der Fallgruppe 28 der VergGr. VIb BAT würden von der Klägerin nicht erfüllt. Sogar nach ihrem eigenen Vorbringen würden von der Klägerin schwierige Tätigkeiten im Sinne der Tarifnorm nicht ausgeführt. Sie habe weder das Recht noch die Möglichkeit zu selbständiger Verfahrenswahl. Dabei sei auf den Inhalt der Fallgruppe 26 zurückzugreifen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz könne ihr nicht zur Last gelegt werden. Die Angestellte B… im Standort A… übe eine andere Tätigkeit aus.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, daß es für das Klagebegehren keine Rechtsgrundlage gibt.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen haben die Parteien einzelvertraglich die Geltung des BAT vereinbart. Damit hängt die Entscheidung des Rechtsstreits davon ab, ob die Hälfte der Gesamtarbeitszeit der Klägerin ausfüllende Arbeitsvorgänge der von ihr für sich beanspruchten VergGr. VIb BAT entsprechen (§ 22 Abs. 2 Unterabs. 1 und Unterabs. 2 Satz 1 BAT). Dabei ist von dem von der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorganges auszugehen, wonach darunter eine unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbare und rechtlich selbständig zu bewertende Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten zu verstehen ist (vgl. die Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, 19. März 1986 – 4 AZR 642/84 – AP Nr. 116 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 16. April 1986 – 4 AZR 595/84 – AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975, alle auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen auf die ständige Senatsrechtsprechung).

In Übereinstimmung mit den Parteien betrachtet das Landesarbeitsgericht die vier im Tatbestand aufgeführten Aufgabenkomplexe der Klägerin jeweils als einen Arbeitsvorgang. Eine nähere Begründung wird dafür von ihm jedoch nicht gegeben. Zwar spricht nach der Lebenserfahrung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit dieser Rechtsauffassung. Der Senat vermag jedoch gleichwohl seinerseits zur Frage des Zuschnittes der Arbeitsvorgänge der Klägerin nicht Stellung zu nehmen. Schon im beiderseitigen Parteivortrag fehlen nämlich Anhaltspunkte für die Bestimmung der Arbeitsergebnisse, zu den Zusammenhangstätigkeiten und zur Verwaltungsübung, d.h. zur Aufgabenverteilung innerhalb des Medizinalpersonals bei der Sanitätsstaffel. Dem braucht indessen nicht näher nachgegangen zu werden, weil es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf den Zuschnitt der Arbeitsvorgänge der Klägerin nicht ankommt.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, daß für die Klägerin die Tätigkeitsmerkmale der VergGr. VIb BAT Fallgruppe 3 nicht in Betracht kommen, wonach zu vergüten sind

Arzthelferinnen mit Abschlußprüfung in einer Tätigkeit der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 9 nach vierjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit,

während nach der in Bezug genommenen VergGr. VII BAT Fallgruppe 9 zu vergüten sind

Arzthelferinnen mit Abschlußprüfung und schwierigen Aufgaben. (Schwierige Aufgaben sind z.B. Patientenabrechnungen im stationären und ambulanten Bereich, Durchführung von Elektro-Kardiogrammen mit allen Ableitungen, Einfärben von cytologischen Präparaten oder gleich schwierige Einfärbungen).

Wie schon das Arbeitsgericht, dessen entsprechende Ausführungen das Landesarbeitsgericht gemäß § 543 Abs. 1 ZPO in Bezug genommen hat, im einzelnen zutreffend dargelegt hat, erfüllt die Klägerin, weil sie als Arzthelferin ausgebildet und geprüft worden ist, zwar die subjektiven Voraussetzungen der vorgenannten Vergütungs- bzw. Fallgruppen. Es fehlt jedoch nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts und seinen entsprechenden Rechtsausführungen bei der Klägerin an der weiter tariflich geforderten Erfüllung auch der objektiven Erfordernisse. Diese bestehen darin, daß die Arzthelferin zur Erfüllung der Anforderungen der VergGr. VII BAT Fallgruppe 9 und VergGr. VIb BAT Fallgruppe 3 auch die in VergGr. VII BAT Fallgruppe 9 genannten Tätigkeiten wie z.B. die Durchführung von Elektrokardiogrammen oder Patientenabrechnungen ausführen muß. Dabei ist nicht notwendig, daß es sich um Tätigkeiten handelt, die ausdrücklich in der Tarifnorm genannt sind, denn die dort genannten Aufgaben haben nach dem Tarifwortlaut nur Beispielscharakter. Dennoch muß es sich um Tätigkeiten handeln, die den in der Tarifnorm ausdrücklich aufgeführten vergleichbar sind und insbesondere bei ihrer Ausführung einen gleichwertigen Schwierigkeitsgrad erfordern. Hieran fehlt es jedoch schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin in den Tatsacheninstanzen. Auch aufgrund der Feststellungen der Vordergerichte ist kein Rückschluß dahin möglich, daß die Klägerin Tätigkeiten ausübt, die nach Art und Schwierigkeit denen entsprechen, die in der VergGr. VII BAT Fallgruppe 9 ausdrücklich genannt sind. Darin ausdrücklich genannte medizinische Hilfsfunktionen erledigt die Klägerin ohnehin nicht. Der Senat übersieht aber auch nicht, daß die Klägerin unter anderem Büro- und Schreibarbeiten (offensichtlich medizinischen Inhalts) unter Einschluß der Kartenführung ausführt, die in der Tarifnorm genannt werden oder den darin genannten vergleichbar sind. Das geschieht nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem eigenen Vortrag der Klägerin jedoch nur zu 5 v.H. ihrer Gesamtarbeitszeit und ist daher schon deswegen rechtsunerheblich.

Demgegenüber erhebt die Revision keine durchgreifenden Rügen. Da es an Vorbringen der Klägerin zu den objektiven Erfordernissen der Merkmale der VergGr. VII BAT Fallgruppe 9 fehlt, bedarf es keines näheren Eingehens auf die Einzelheiten der Ausbildung und Prüfung der Arzthelferinnen und deren allgemeine berufsübliche Funktionen (vgl. dazu Clemens/ Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, VergO, Anm. 212d sowie Meyers Enzykl. Lexikon, Band 2, S. 672). Prozessuale Rügen gegenüber den entsprechenden Feststellungen der Vorinstanzen erhebt die Revision ohnehin nicht, so daß der Senat gemäß § 561 ZPO daran gebunden ist.

Weiter hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt, daß die Klage auch nicht im Hinblick auf die Fallgruppe 26 der VergGr. VIb begründet ist, wonach zu vergüten sind

Medizinisch-technische Assistentinnen mit entsprechender Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfange schwierige Aufgaben erfüllen. (Schwierige Aufgaben sind z.B. der Diagnostik vorausgehende technische Arbeiten bei überwiegend selbständiger Verfahrenswahl auf histologischem, mikrobiologischem, serologischem und quantitativ klinisch-chemischem Gebiet; ferner schwierige röntgenologische Untersuchungsverfahren, insbesondere zur röntgenologischen Funktionsdiagnostik meßtechnische Aufgaben und Hilfeleistung bei der Verwendung von radioaktiven Stoffen sowie schwierige medizinisch-fotografische Verfahren,

wozu ergänzend die einschlägige Protokollnotiz Nr. 12 bestimmt:

Der Umfang der schwierigen Aufgaben bzw. der Tätigkeiten ist nicht mehr unerheblich, wenn er etwa ein Viertel der gesamten Tätigkeit ausmacht.

Mit Recht nimmt das Landesarbeitsgericht an, daß – ungeachtet ihrer konkreten Aufgabenstellung – für die Klägerin die vorgenannten tariflichen Tätigkeitsmerkmale schon deswegen nicht anwendbar sind, weil sie nicht als medizinisch-technische Assistentin ausgebildet und geprüft worden ist und – offensichtlich aus Gründen des staatlichen Medizinalrechts – im Gegensatz zu anderen Berufssparten hier tarifliche Tätigkeitsmerkmale für “sonstige Angestellte”, die nicht als medizinisch-technische Assistentinnen ausgebildet und geprüft worden sind, fehlen. Diese Beurteilung des Landesarbeitsgerichts entspricht den Grundsätzen der Senatsrechtsprechung (vgl. BAGE 40, 345, 350 = AP Nr. 69 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch BAGE 42, 231, 235 = AP Nr. 71 zu §§ 22, 23 BAT 1975 sowie das Urteil des Senats vom 25. Juni 1986 – 4 AZR 206/85 – AP Nr. 122 zu §§ 22, 23 BAT 1975, ebenfalls zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen). An ihr ist schon im Hinblick auf den eindeutigen Tarifwortlaut festzuhalten, wobei im übrigen die Tarifvertragsparteien berücksichtigen, daß nach den Bestimmungen des MTA-G medizinalrechtliche Bedenken dagegen bestehen, bestimmte Aufgaben medizinisch-technischer Assistentinnen durch nicht als solche ausgebildete und geprüfte Personen erledigen zu lassen.

Auch die demgegenüber erhobenen Einwendungen der Revision greifen nicht durch. Entgegen den Ausführungen der Revision kommt es auf die Einzelheiten der Tätigkeit der Klägerin schon deswegen nicht an, weil die Tarifvertragsparteien in Übereinstimmung mit dem öffentlichen Recht zur Erfüllung der Merkmale der VergGr. VIb BAT Fallgruppe 26 zwingend im Sinne eines unumgänglichen subjektiven Erfordernisses die Ausbildung und Prüfung der Angestellten als medizinisch-technische Assistentin verlangen. Wie schon das Arbeitsgericht richtig erkannt hat, ändert daran auch der Umstand nichts, daß die Beklagte in der zu den Vorakten gelangten Tätigkeitsbeschreibung vom 8. Januar 1976 die Klägerin als medizinisch-technische Assistentin bezeichnet hat. Die Tätigkeitsbeschreibung hat nämlich keinen tariflichen Charakter, auch keinerlei vertragsrechtliche Bedeutung und insbesondere nicht die rechtliche Qualifikation eines Anerkenntnisses gleich welcher Art. Daher ist der Inhalt behördlicher Stellenpläne und gleichermaßen auch der behördlicher Tätigkeitsbeschreibungen wie der vorliegend zu den Vorakten gelangten für die tarifliche Mindestvergütung der Angestellten ohne rechtliche Bedeutung (vgl. die Urteile des Senats BAGE 34, 158, 170 = AP Nr. 36 zu §§ 22, 23 BAT 1975, BAGE 38, 221, 232 = AP Nr. 64 zu §§ 22, 23 BAT 1975, BAGE 40, 183, 196 = AP Nr. 67 zu §§ 22, 23 BAT 1975, sowie vom 26. September 1979 – 4 AZR 1008/77 – AP Nr. 26 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Daran ändert nichts, daß derartige Tätigkeitsbeschreibungen den Angestellten bekannt gegeben und auch zu ihren Personalakten gebracht werden.

Auch nach der Fallgruppe 28 der VergGr. VIb BAT kann die Klägerin, wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls richtig erkannt hat, die eingeklagte Vergütung nicht beanspruchen. Danach sind zu vergüten

Medizinisch-technische Gehilfinnen mit staatlicher Prüfung nach zweisemestriger Ausbildung und mit entsprechender Tätigkeit, die in nicht unerheblichem Umfange schwierige Aufgaben im Sinne der Fallgruppe 26 erfüllen, soweit diese nicht den medizinisch-technischen Assistentinnen vorbehalten sind, und sonstige Angestellte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, nach vierjähriger Bewährung in dieser Tätigkeit,

wobei ebenfalls die bereits dargestellte Protokollnotiz Nr. 12 gilt.

Richtig und tarifkonform hat das Landesarbeitsgericht darauf Bedacht genommen, daß die Tarifvertragsparteien – anders als in der Fallgruppe 26 – innerhalb der Fallgruppe 28 der VergGr. VIb BAT zwei Alternativen vorsehen, nämlich eine erste für entsprechend ausgebildete medizinisch-technische Gehilfinnen mit staatlicher Prüfung und – der Regelung für technische Angestellte vergleichbar – eine zweite für “sonstige Angestellte” mit gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen sowie einer entsprechenden Tätigkeit. Dabei scheidet eine Anwendung der ersten Tarifalternative zugunsten der Klägerin schon deswegen aus, weil sie nicht über eine Ausbildung und Prüfung als medizinisch-technische Gehilfin verfügt.

Mit Recht geht das Landesarbeitsgericht aber weiter auch davon aus, daß die Klägerin die Erfordernisse der zweiten Alternative der Fallgruppe 28 der VergGr. VIb BAT nicht erfüllt. Darin fordern die Tarifvertragsparteien mit “gleichwertigen Fähigkeiten und Erfahrungen” zwar nicht ein Wissen und Können, wie es durch die Fachausbildung als medizinisch-technische Gehilfin vermittelt wird, wohl aber eine ähnlich gründliche Beherrschung eines entsprechend umfangreichen Wissensgebietes, wobei freilich Fachkenntnisse auf einem engbegrenzten Teil der Ausbildung zur medizinisch-technischen Gehilfin (die inzwischen nicht mehr stattfindet, wohl aber nach § 16 MTA-G weitergilt) nicht ausreichen. Außerdem wird mit einer “entsprechenden Tätigkeit” eine Tätigkeit verlangt, die den Zuschnitt der einer medizinisch-technischen Gehilfin hat, wobei aus der auszuübenden Tätigkeit Rückschlüsse auf Fähigkeiten und Erfahrungen der Angestellten möglich sind (vgl. die Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, und 2. April 1980 – 4 AZR 306/78 – AP Nr. 35 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen).

Schon das Arbeitsgericht hat richtig erkannt, daß die Klage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der zweiten Alternative der Merkmale der Fallgruppe 28 der VergGr. VIb BAT bereits deswegen nicht schlüssig ist, weil die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen hat, daß sie über denen einer medizinisch-technischen Gehilfin entsprechende Fähigkeiten und Erfahrungen verfüge. Auch gegenüber dem Landesarbeitsgericht hat die Klägerin eine im Hinblick darauf substantiierte Ergänzung ihres Vorbringens nicht vorgenommen. Vielmehr hat sie lediglich in ganz allgemeiner Weise zum Ausdruck gebracht, ihre Ausbildung als Arzthelferin sei der einer medizinisch-technischen Gehilfin “ähnlich oder vergleichbar”. Das ist angesichts der deutlichen Differenzierung, die die Tarifvertragsparteien zwischen Arzthelferinnen, medizinisch-technischen Assistentinnen und medizinisch-technischen Gehilfinnen unter ausdrücklichem Rückgriff auf das staatliche Medizinalrecht (in den Merkmalen der VergGr. VIb BAT Fallgruppe 28) vornehmen, nicht ausreichend. Dabei ist auch unerheblich, daß zwischen den drei tariflich erfaßten medizinischen Hilfstätigkeiten fachliche Bezüge bestehen und gewisse Aufgaben mehr oder weniger zum Allgemeingut derartiger Berufsausübung gehören.

Im übrigen weist das Landesarbeitsgericht richtig darauf hin, daß der Rechtsbegriff der schwierigen Aufgaben in der Fallgruppe 28 der VergGr. VIb dem der Fallgruppe 26 entspricht, in beiden Fallgruppen also in gleicher Weise auszulegen ist, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 2. April 1980 – 4 AZR 306/78 – AP Nr. 35 zu §§ 22, 23 BAT 1975 näher ausgeführt hat. In Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung geht dabei das Landesarbeitsgericht zutreffend auch davon aus, daß “freie Verfahrenswahl” im Sinne des in der Fallgruppe 28 in Bezug genommenen Erfordernisses der Fallgruppe 26 der VergGr. VIb BAT die Bedeutung hat, daß die medizinische Hilfskraft unter mehreren Untersuchungsverfahren eine Wahlmöglichkeit haben muß und davon auch Gebrauch machen kann (vgl. auch dazu das vorgenannte Urteil des Senats vom 2. April 1980 – 4 AZR 306/78 – AP Nr. 35 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Hierzu hat das Landesarbeitsgericht die Klägerin im Termin nach § 141 ZPO angehört. Wenn das Landesarbeitsgericht aufgrund des Ergebnisses dieser persönlichen Anhörung der Klägerin alsdann feststellt, wenn sie sich für eine bestimmte Art von Untersuchungen entschieden habe, sei sie an dieses Verfahren schlechthin gebunden, dann hält sich die rechtliche Folgerung des Berufungsgerichts, bei der Klägerin sei das Erfordernis der “freien Verfahrenswahl” nicht erfüllt, weil von ihr das Verfahren weder fallbezogen noch patientenbezogen ausgewählt werde, auch an ihrem Arbeitsplatz eine derartige Wahlmöglichkeit überhaupt nicht bestehe, sowohl im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz als auch im Rahmen des entsprechenden tariflichen Rechtsbegriffes.

Auch die hiergegen erhobenen Einwendungen der Revision greifen nicht durch. Insbesondere verkennt die Revision, daß der Rechtsbegriff der “schwierigen Aufgaben” in den Fallgruppen 26 und 28 der VergGr. VIb BAT identisch ist, so daß schon deswegen auf die entsprechenden Ausführungen der Revision nicht näher einzugehen ist. Soweit es sich dabei um neuen Tatsachenvortrag handelt, kommt es darauf schon aus den Gründen des § 561 ZPO nicht an. Ob der Generalarzt der Bundesluftwaffe die Tätigkeit der Klägerin im allgemeinen sprachlichen oder fachlichen Sinne als schwierig kennzeichnet, ist schon deswegen rechtsunerheblich, weil die Tarifvertragsparteien selbst den Begriff der “schwierigen Tätigkeit” in bestimmter Weise definiert haben und davon die Tätigkeit der Klägerin nicht erfaßt wird. Die Revision verkennt weiter, daß aus den dargelegten Gründen für die tarifliche Mindestvergütung der Angestellten des öffentlichen Dienstes der Inhalt der üblichen Tätigkeitsbeschreibungen rechtsunerheblich ist. Soweit darin Vorgesetzte oder sonstige Bedienstete der öffentlichen Verwaltung bestimmte Rechtsauffassungen äußern, haben diese weder im Hinblick auf die tariflichen Tätigkeitsmerkmale Bedeutung noch im Hinblick auf den jeweiligen Arbeitsvertrag zwischen dem öffentlichen Arbeitgeber und dem Angestellten.

Da der Sachverhalt und insbesondere die Einzelheiten der Tätigkeit der Klägerin unstreitig sind, kam vorliegend entgegen den weiteren Ausführungen der Revision die Einschaltung eines Sachverständigen durch das Landesarbeitsgericht lediglich nach § 144 ZPO zur Unterstützung des Berufungsgerichts von Amts wegen in Betracht. Die Entscheidung darüber liegt jedoch im pflichtgemäßen, revisionsgerichtlich nur beschränkt überprüfbaren Ermessen der Tatsachengerichte (vgl. die Urteile des Senats BAGE 44, 323, 336 = AP Nr. 82 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und 1. September 1982 – 4 AZR 1134/79 – AP Nr. 68 zu §§ 22, 23 BAT 1975 mit weiteren Nachweisen). Soweit sich schließlich die Revision noch zu den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu dem rechtlichen Gesichtspunkt der “freien Verfahrenswahl” (VergGr. VIb BAT Fallgruppe 26) äußert, werden die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lediglich in allgemeiner Weise in Frage gestellt, ohne daß substantiierte prozessuale Rügen unter Angabe der entsprechenden Prozeßtatsachen, wie sie für das Revisionsverfahren § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchstabe c ZPO fordert, erhoben werden.

Im übrigen verkennt der Senat nicht, daß ausweislich des Akteninhalts in der Praxis allgemein oder zumindest im Bereiche des Sanitätsdienstes der Bundeswehr mit der Folge der Möglichkeit rechtlicher Nachteile für die betroffenen Angestellten der tariflich vorgegebene Unterschied zwischen den “einzelnen medizinischen Hilfsberufen verwischt und die entsprechenden Angestellten mit Aufgaben beauftragt werden, die zumindest teilweise nicht ihrer eigenen Berufsausbildung entsprechen. Dieser Umstand kann jedoch nicht zu einer anderen Beurteilung anhand der tariflichen Tätigkeitsmerkmale führen, die ihrerseits streng zwischen den drei Berufsgruppen der Arzthelferinnen, medizinisch-technischen Assistentinnen und medizinisch-technischen Gehilfinnen unterscheiden und bei ihnen jeweils nach Vorbildung, Prüfung und Tätigkeit konkrete Anforderungen stellen. An diese Differenzierung der Tarifvertragsparteien, die weithin auch im staatlichen Medizinalrecht ihren Grund hat, sind die Gerichte für Arbeitssachen gebunden. Es ist allein Sache der Tarifvertragsparteien, im Rahmen der Bestimmungen des staatlichen Medizinalrechts etwaigen Änderungen in den Arbeitsabläufen oder dem möglicherweise gewandelten Einsatz der Angestellten des Medizinaldienstes durch entsprechende Änderung der tariflichen Tätigkeitsmerkmale Rechnung zu tragen.

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, daß die Klägerin aus der Vergütung vergleichbarer Angestellter im Dienstbereich anderer Standortverwaltungen, also auch der Angestellten B… bei der Sanitätsstaffel der Bundesluftwaffe und im Bereich der Standortverwaltung A…, keine Rechte herleiten kann (vgl. die Urteile des Senats vom 29. Januar 1986 – 4 AZR 465/84 – AP Nr. 115 zu §§ 22, 23 BAT 1975, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, und 28. Januar 1987 – 4 AZR 147/86 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, mit weiteren Nachweisen). Zudem hat die Klägerin auch die Voraussetzungen eines rechtserheblichen Verstoßes gegen den dem Arbeitsvertragsrecht angehörenden Gleichbehandlungsgrundsatz nicht dargelegt (vgl. dazu die Urteile des Senats BAGE 38, 221, 227 = AP Nr. 64 zu §§ 22, 23 BAT 1975, 18. September 1985 – 4 AZR 75/84 – AP Nr. 20 zu § 23a BAT, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, und 26. November 1986 – 4 AZR 789/85 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, mit weiteren Nachweisen). Sie hat nicht einmal den Vortrag der Beklagten bestritten, daß die Angestellte B… in A… eine andere Tätigkeit als die der Klägerin verrichte.

Die Kosten ihrer erfolglosen Revision trägt die Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Feller, Dr. Freitag, Fieberg, Pahle

Zugleich für den wegen Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung verhinderten Richter Dr. Etzel

Dr. Feller

 

Fundstellen

Haufe-Index 872428

RdA 1987, 314

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