Die zulässige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist begründet. Allerdings war entgegen seiner Auffassung die hilfsweise ordentliche Kündigung v. 16.12.2016 nicht mit einem weiteren Vierteljahresentgelt zu bewerten (dazu 1). Dagegen führte – auch ohne Rüge des Beschwerdeführers (§ 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG) – der Antrag auf Zahlung von Verzugslohn aus Januar, Februar und März 2017 (11.076,90 EUR) zu einer Erhöhung des Streitwerts, da wirtschaftliche Identität mit dem Kündigungsschutzantrag insoweit nicht besteht (dazu 2).

Obwohl das ArbG über den hilfsweise gestellten Antrag gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung v. 16.12.2016 zum 31.3.2017 entschieden hat (§ 45 Abs. 1 S. 2 GKG), erhöhte dieser nicht den Streitwert des Rechtsstreits. Denn der Hilfsantrag ist gem. §§ 42 Abs. 2 S. 1, 45 Abs. 1 S. 3 GKG von dem auf ein Vierteljahresentgelt begrenzten Streitwert des Hauptantrags betreffend die außerordentliche Kündigung v. 16.12.2016 umfasst.

Gem. § 42 Abs. 2 S. 1 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend.

Nach der std. Rspr. der Beschwerdekammern des LAG wird die Klage gegen eine fristlose und hilfsweise fristgerechte Kündigung insgesamt mit einem Vierteljahresentgelt bewertet (14.3.2012 – 2 Ta 83/12; 17.12.2012 – 2 Ta 492/12). Gesondert ausgesprochene Folgekündigungen werden nach bisheriger Bezirksrechtsprechung regelmäßig mit einem Mindestwert von einem Bruttomonatsentgelt bewertet, bei Veränderungen des Beendigungszeitpunkts durch die Folgekündigung um mehr als einen Monat entsprechend dem Veränderungszeitraum, begrenzt auf ein Vier teljahresentgelt (5.12.2005 – 17 Ta 681/05; 7.11.2012 – 2 Ta 464/12). Hiervon abweichend ist eine Folgekündigung jedoch ausnahmsweise nicht zu bewerten, wenn der gegen sie gerichtete Klageantrag mit dem ersten Klageantrag wirtschaftlich identisch ist. Dies ist nach der std. Rspr. der Beschwerdekammern der Fall, wenn die weitere Kündigung auf denselben Gründen beruht und in kurzem zeitlichen Abstand zum selben Termin ausgesprochen und lediglich vorsorglich (etwa zur Beseitigung eines Formfehlers oder zur Sicherstellung des Zugangs) erklärt wurde (vgl. etwa 6.5.2008 – 6 Ta 136/08; 24.11.2008 – 6 Ta 605/08; 2.6.2009 – 6 Ta 312/09; 1.12.2009 – 6 Ta 727/09; 29.1.2010 – 6 Ta 40/10; 24.1.2011 – 2 Ta 750/10).

Ähnlich lautet die Empfehlung des Streitwertkatalogs (SWK, Stand: 5.4.2016, NZA 2016, 926, unter I.19 und I.20), der allerdings den Fall der wirtschaftlichen Identität i.d.R. immer schon dann annimmt, wenn die Folgekündigung nicht zu einer Veränderung des Beendigungszeitpunkts führt (SWK Nr. I.20.2).

Daran ist auch in Ansehung der Kritik des Beschwerdeführers (FA 2016, 197, 199; jurisPR-ArbR 42/2010 Anm. 6) festzuhalten. Es erscheint der erkennenden Kammer nicht "unbegreiflich" oder "abwegig", die Klage gegen eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung als Rechtsstreit "über … die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses" (so der Wortlaut von § 42 Abs. 2 S. 1 GKG) mit höchstens einem Vierteljahresentgelt zu bewerten. Es handelt sich um eine einheitliche Kündigungserklärung, die auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, wenn auch – hilfsweise abgestuft – auf zwei Wegen. Ein Erklärungsmangel etwa könnte nur die eine Erklärung insgesamt erfassen. Die gegen eine solche Erklärung gerichtete Klage zählt daher schon dem Wortlaut nach zwanglos zu den "Rechtsstreiten … über … die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses" i.S.v. § 42 Abs. 2 S. 2 GKG. Es liegen eben nicht mehrere Kündigungen vor. Hätte der Gesetzgeber in dem praktisch sehr häufigen Fall der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung nicht ein Vierteljahresentgelt, sondern – wie der Beschwerdeführer meint – i.d.R. den doppelten Wert für angemessen erachtet, hätte er das in § 42 Abs. 2 GKG zum Ausdruck bringen müssen und seine Streitwertvorgabe von höchstens einem Vierteljahresentgelt nicht an die "Kündigung", also die auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Erklärung, knüpfen dürfen.

Dem steht nicht entgegen, dass sich danach der Streitwert etwa eines Berufungsverfahrens, das nur noch die ordentliche Kündigung zum Gegenstand hat und nach allgemeiner Meinung mit einem Vierteljahresentgelt zu bewerten ist, nicht von dem erstinstanzlichen Streitwert unterscheidet, der zusätzlich den Streit um eine außerordentliche Kündigung umfasst hatte. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Klage von vornherein nur gegen eine außerordentliche, nicht aber gegen eine (umgedeutete oder hilfsweise erklärte) ordentliche Kündigung richtet. Auch hier ist der Streitwert bei entsprechender Dauer der Kündigungsfrist mit einem Vierteljahresentgelt zu bemessen und damit gleich hoch wie bei unbeschränkter Klage auch gegen die ordentliche Kündigung. Beides ist Ausfluss der Streitw...

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