Ebenfalls ein Hauptstreitpunkt bei der Beratungshilfe stellt die Beurteilung der Frage der Angelegenheit dar.[31] Dieser Streit wurde weder durch das Gesetz bis zum 31.12.2013 noch nach neuer Rechtslage beantwortet und erledigt. Insbesondere im Familienrecht spielt dies eine Rolle. Hier bestehen bislang dreierlei Grundansichten. Eine These argumentiert, dass es sich beim Zusammentreffen von Trennung oder Ehescheidung, Versorgungsausgleich, Vermögensauseinandersetzung, Kindes- und Ehegattenunterhalt, Sorge- und Umgangsrecht, Hausratsverteilung, güterrechtlichen Regelungen oder Zugewinnausgleichsansprüchen nur um eine Angelegenheit handelt, da der Gesamtkomplex aus einem identischen Grund/Lebenssachverhalt resultiert.[32] Eine weitere These sieht grundsätzlich verschiedene Angelegenheiten als gegeben an.[33] Es bestünde zwar ein gemeinsamer Anlass. Dieser münde jedoch in viele weitere Gegenstände.[34] Eine dritte Ansicht differenziert zwischen der Scheidung und den zugehörigen Folgesachen sowie den Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Trennung[35] und stellt ansonsten für die Beurteilung des Vorliegens einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn auf den konkreten Lebenssachverhalt ab.[36] Die Begrifflichkeit der Angelegenheit ist insbesondere für die Beratungspersonen von immanenter Bedeutung. Durch eine – zulässige – zu strikte Auslegung kann es zu einer unzumutbaren Vergütung für den in der Beratungshilfe tätigen Berater kommen.[37] Im Referentenentwurf eines Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. KostRMoG) v. 13.12.2011[38] war angedacht, eine eigenständige Erhöhungsmöglichkeit für Beratung, Vertretung und Einigung in Familiensachen einzuführen. Hiermit sollte der Streit um die Definition des Begriffes der "Angelegenheit" und eine zu restriktive Auslegung des Begriffs gelöst werden.[39] Angedacht war die Schaffung von zusätzlichen Erhöhungstatbeständen für verschiedene Gegenstände der Beratung. Danach sollte für einen zusätzlichen Gegenstand in Familiensachen (§ 111 FamFG-E) eine Erhöhung von jeweils 10,00 EUR (bei Beratung), 25,00 EUR (bei Vertretung) oder 45,00 EUR (bei Einigung) eintreten.[40] Weder der darauffolgende Gesetzesentwurf[41] noch das am 6.9.2013 verkündete Gesetz[42] nahmen den Gedanken weiter auf.

[31] Lissner, FamRZ 2013, 1271 ff.
[33] OLG Düsseldorf AnwBl 1986, 162 (163).
[34] Vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244; OLG Dresden, Beschl. v. 7.2.2011 – 20 WF 1311/10; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 230. Lindemann/Trenk-Hinterberger, BerH, Rn 6, 7 zu § 10 BerHG; Greißinger, AnwBl 1986, 417 (422, 423) OLG Braunschweig JurBüro 1985, 250; OLG Düsseldorf JurBüro 1986, 299 = MDR 1986, 157; AG Köln AnwBl 1986, 414.
[37] BVerfG NJW 2002, 429; ebenso: OLG Hamm FamRZ 2011, 377.
[38] Abrufbar bspw. unter: http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/pdfs/RefE_Zweites_Gesetz_zur_Modernisierung_des_Kostenrechts.pdf;jsessionid=8BFECF2E3D083661E17F7DDEE2BFE555.1_cid289?__blob=publicationFile.
[39] Lissner, FamRZ 2013, 1271 ff.
[40] Schneider, JurBüro 2012, 344.
[41] BT-Drucks 17/11471.
[42] Gesetz v. 31.8.2013 – BGBl I 2013 Nr. 55, v. 6.9.2013, S. 3533.

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