Leitsatz (amtlich)

Der gebührenrechtliche Begriff der "Angelegenheit" ist auch für die Bestimmung des Begriffs der "Angelegenheit" im Sinne des Beratungshilfegesetzes maßgebend. Die Scheidung und die dazugehörigen Folgesachen Versorgungsausgleich, Zugewinnausgleich und nachehelicher Unterhalt sind dieselbe Angelegenheit. Der Ehegattentrennungsunterhalt ist eine davon verschiedene Angelegenheit.

 

Normenkette

RVG §§ 15, 16 Nr. 4, § 44

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Beschluss vom 01.04.2008; Aktenzeichen 7 T 170/07)

AG Brandenburg (Beschluss vom 12.10.2007; Aktenzeichen 53 UR II 431-434/07)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Potsdam vom 1.4.2008 (7 T 172/07) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss des AG Brandenburg an der Havel vom 6.9.2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12.10.2007 (53 UR 431-434/07) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die Erinnerung der Antragstellerin wird der Beschluss des AG Brandenburg an der Havel vom 5.6.2007 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die der Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlende Beratungshilfevergütung wird über die bereits festgesetzte Vergütung hinaus auf weitere 99,96 EUR festgesetzt.

Im Übrigen werden die Vergütungsfestsetzungsanträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Im Übrigen wird die weitere Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Frau D. beauftragte die Antragstellerin am 5.2.2007 mit der Beratung wegen eventueller Ansprüche auf Versorgungsausgleich, auf Zugewinnausgleich, auf Ehegattentrennungsunterhalt sowie auf nachehelichen Unterhalt. Die Antragstellerin beriet Frau D. auf Grund dessen bis zum 14.2.2007.

Unter dem Datum 14.2.2007 reichte die Antragstellerin vier Kostenrechnungen nebst Beratungshilfeanträgen für Frau D. bei dem AG Brandenburg an der Havel ein und zwar betreffend den Versorgungsausgleich, den Zugewinnausgleich, den Ehegattentrennungsunterhalt und den nachehelichen Unterhalt. Die Antragstellerin beantragte jeweils, eine Gebühr gem. Nr. 2503 RVG-VV i.H.v. 70 EUR sowie eine Auslagenpauschale i.H.v. 14 EUR zzgl. der Umsatzsteuer, mithin insgesamt einen Betrag von jeweils 99,96 EUR festzusetzen.

Die Rechtspflegerin des AG als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle setzte die Vergütung der Antragstellerin für die Beratung der Frau D. in der Angelegenheit "Ehescheidung und Folgesachen" auf insgesamt 99,96 EUR fest und wies die Anträge im Übrigen zurück. Die Rechtspflegerin ging dabei davon aus, dass die Antragstellerin Frau D. in nur einer Angelegenheit i.S.d. §§ 15 II, 16 Nr. 4, 44 RVG beraten habe. Der Antragstellerin stehe deshalb die Gebühr gem. Nr. 2503 RVG-VV insgesamt nur einmal zu. Für die Vergütung der Antragstellerin im Rahmen der Beratungshilfe sei auf die Definition der Angelegenheit i.S.d. §§ 16 ff. RVG abzustellen.

Die Antragstellerin legte gegen diese Entscheidung Erinnerung ein, mit der sie die Festsetzung der Vergütung entsprechend ihren vier Anträgen erreichen wollte. Die Rechtspflegerin des AG half der Erinnerung durch Beschluss vom 27.6.2007 nicht ab und legte sie zur Entscheidung dem Abteilungsrichter des AG vor.

Der Abteilungsrichter des AG änderte durch Beschluss vom 6.9.2007 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 12.10.2007 den Beschluss der Rechtpflegerin des AG vom 25.6.2007 ab und setzte die der Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf insgesamt 399,84 EUR fest. Zur Begründung führte er aus: Die Antragstellerin habe Frau D. nicht in derselben Angelegenheit beraten, sondern in vier verschiedenen Angelegenheiten. Für die Bestimmung der Angelegenheit der Beratungshilfe sei nicht auf § 16 Nr. 4 RVG abzustellen. Der Abteilungsrichter ließ gegen seine Entscheidung die sofortige Beschwerde zu.

Gegen diese ihm formlos am 2.11.2007 übersandte Entscheidung legte der Bezirksrevisor am 13.11.2007 bei dem LG Potsdam sofortige Beschwerde ein.

Der Abteilungsrichter des AG half durch Beschluss vom 21.11.2007 der sofortigen Beschwerde nicht ab und legte die Sache dem LG zur Entscheidung vor.

Die Einzelrichterin des LG übertrug durch Beschluss vom 1.4.2008 das Verfahren der Kammer des Beschwerdegerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache gem. § 33 VIII 2 RVG.

Die Zivilkammer des LG änderte durch Beschluss vom 1.4.2009 auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors des LG den Beschluss des AG vom 6.9.2007 dahin ab, dass die Erinnerung der Antragstellerin vom 25.6.207 gegen den Beschluss vom 5.6.2007 zurückgewiesen wurde. Zur Begründung führte das LG aus, es könne dahinstehen, ob die Angelegenheit im Sinne der Beratungshilfe in familienrechtlichen Angelegenheiten unter Anwendung von § 16 Nr. 4 RVG zu bestimmen sei. Auch ohne Rückgriff auf diese Bestimmung seien die Scheidung und die dazugehörigen Folgesachen als dieselbe Angelegenheit i.S.v. § 15 RVG ...

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