1. Der Festsetzung der beim LG Kiel angefallenen Anwaltsgebühren gegen den Kläger steht insbesondere nicht die Vorschrift des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG entgegen.

a) Nach § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG besteht zwar im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten. § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG ist eine "andere Bestimmung" i.S.v. § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG und bedingt die dort enthaltene Verweisung auf § 91 Abs. 1 u. 2 ZPO ab. Nach § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG gilt S. 1 jedoch nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstehen, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat. Der Ausschluss der Erstattungsfähigkeit gilt mithin für diese Kosten nicht, vielmehr richtet sich die Erstattung derselben weiterhin nach §§ 91 ZPO, § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG. Obsiegt der Beklagte, so kann er hinsichtlich der ihm vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Kosten Erstattung verlangen. Gem. § 91 Abs. 2 ZPO sind dabei die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts immer zu erstatten. Sie sind damit dem Einwand entzogen, sie seien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht notwendig gewesen (§ 91 Abs. 1 ZPO) (h.M.: vgl. nur grundlegend BAG, Beschl. v. 1.11.2004 – 3 AZB 10/04; LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 7.9.1988 – 5 Ta 134/88; LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 24.1.2000 – 5 Ta 44/99; Thüringer LAG, Beschl. v. 14.8.2000 – 8 Ta 87/2000; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 15.8.2006 – 12 Ta 392/06; LAG Köln, Beschl. v. 28.7.2010 – 12 Ta 183/10).

b) Somit kommt es für die Erstattungsfähigkeit der beim unzuständigen LG angefallenen Verfahrensgebühr nicht darauf an, dass sich der Beklagte in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren auch weiterhin von seinem Prozessbevollmächtigten anwaltlich hat vertreten lassen. Es ist zwar früher teilweise die Auffassung vertreten worden, es könne nur die Differenz zwischen den Kosten, die dem Beklagten im Rechtsstreit tatsächlich entstanden seien, und denjenigen, die ihm bei sofortiger Anrufung des zuständigen Gerichts entstanden wären, verlangt werden (LAG Bremen, Beschl. v. 20.2.1986 – 2 Ta 9/85, LAGE ArbGG 1979 § 12a Nr. 4). Auch wurde argumentiert, aus der Formulierung von § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG, die Kosten müssten dem Beklagten "dadurch entstanden" sein, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit angerufen habe, lasse sich ein besonderes Kausalitätserfordernis ableiten (LAG Bremen, Beschl. v. 5.7.1996 – 2 Ta 30/96, NZA 1997, 26). § 12 Abs. 1 S. 3 ArbGG ist indessen nicht zu entnehmen, dass nur die Differenz zwischen den Kosten, die dem Beklagten im Rechtsstreit tatsächlich entstanden sind, und denjenigen, die ihm bei sofortiger Anrufung des zuständigen Gerichts entstanden wären, erstattungsfähig sind. § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG spricht nicht von "Mehrkosten", sondern von Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, dass der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das ArbG verwiesen hat (LAG Köln, Beschl. v. 28.7.2010 – 12 Ta 183/10). Etwas anderes kann auch nicht aus § 17b Abs. 2 S. 2 GVG bzw. § 281 Abs. 3 S. 2 ZPO und dem darin zum Ausdruck kommenden gesetzlichen Grundsatz der Einheitlichkeit des Verfahrens abgeleitet werden. Diese Vorschriften gehen von dem Normalfall der Kostenerstattungspflicht der unterliegenden Prozesspartei aus und haben nicht die Sonderregelung des § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG 1979 im Auge. Unabhängig von der Kostentragungspflicht im Einzelfall sollen die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen "Mehrkosten" in jedem Fall beim Verursacher bleiben, also bei demjenigen, der zunächst ein unzuständiges Gericht angerufen oder den unzulässigen Rechtsweg beschritten hat. § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG 1979 will dagegen nicht "Mehrkosten" regeln, sondern überhaupt die Erstattungsfähigkeit von Kosten im Falle der Verweisung wiederherstellen. Der Grundsatz des einheitlichen Verfahrens wirkt sich insoweit aus, als bereits bezahlte Gerichtskosten auch auf das Verfahren vor dem nunmehr zuständig gewordenen Gericht angerechnet werden und die Gebührentatbestände für die beiderseits Bevollmächtigten nur jeweils einmal anfallen können (BAG, Beschl. v. 1.11.2004 – 3 AZB 10/04; LAG Köln, Beschl. v. 28.7.2010 – 12 Ta 183/10). Schließlich enthält § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG auch kein besonderes Kausalitätserfordernis. Soweit in der Rspr. ein solches gefordert wurde, wurde dabei verkannt, dass die Beauftragung eines Anwalts wegen einer vor den ordentlichen Gerichten erhobenen Klage ohne besondere Anhaltspunkte immer durch die Klage verursacht ist. Damit sind die Kosten im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht entstanden. Gerade diese will § 12a Abs. 1 S. 3 ArbGG 1979 erfassen. Weitere Voraussetzungen sind dem Gesetz nic...

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