Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus dem mit der Beklagten geschlossenen Verkehrsrechtsschutzversicherungsvertrag zu. Die berechneten Rechtsanwaltsgebühren erfüllen die Voraussetzungen des § 14 RVG. Ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer musste zur Beantwortung dieser Frage nicht eingeholt werden, da § 14 Abs. 2 RVG im Prozess des Mandanten gegen seinen Rechtsschutzversicherer keine Anwendung findet (Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl., § 14 Rn 67).

Der Rechtsanwalt bestimmt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem (aber nicht nur) des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Unverbindlich ist seine Festsetzung gegenüber Dritten, insbesondere der Rechtsschutzversicherung, nur, wenn sie unbillig ist, § 14 Abs. 1 S. 3 RVG.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die im streitgegenständlichen Fall vom Anwalt des Klägers in einer Verkehrssache angesetzte Gebühr von jeweils 55,00 EUR nach Nrn. 5100, 5101 und 5107 VV unangemessen hoch ist. Sie erachtet eine Gebühr von 20,00 EUR nach Nr. 5100 W RVG und jeweils 10,00 EUR nach Nr. 5101 und 5107 W RVG für angemessen.

Über die angesetzte Gebühr nach Nr. 5115 VV in Höhe von 55,00 EUR besteht zwischen den Parteien kein Streit.

Das Gericht ist nicht der Auffassung, dass in alltäglichen Verkehrsordnungswidrigkeiten pauschal nur eine im unteren Bereich des jeweiligen Rahmens liegende Gebühr angemessen ist. Auch bei Bußgeldsachen ist eine Gesamtwürdigung durchzuführen und nicht allein auf das Kriterium der "Bedeutung der Angelegenheit" i.S.d. § 14 Abs. 1 RVG abzustellen (vgl. z.B. LG München I, Beschl. v. 11.2.2008 – 14 Qs 119/07; AG München, Urt. v. 3.5.1995 – 141 C 4214/94; AG Friedberg, Urt. v. 8.2.2013 – 2 C 1418/12).

Grundsätzlich soll in allen Normalfällen die Mittelgebühr gelten. Dabei darf die Mittelgebühr freilich nicht grundsätzlich als angemessene Gebühr angenommen werden. Ein Normalfall wird regelmäßig dann vorliegen, wenn die nach § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände durchschnittlicher Art sind, wenn also eine übliche Bedeutung der Angelegenheit, ein durchschnittlicher Umfang, eine durchschnittliche Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse des Auftraggebers vorliegen. Eine Mittelgebühr kann aber auch dann angemessen sein, wenn manche Umstände unterdurchschnittlicher, andere Umstände dagegen überdurchschnittlicher Natur sind, vgl. Mayer/Kroiß, RVG. 6. Aufl., § 14 Rn 11.

Es verbietet sich aus Sicht des Gerichtes, allein darauf abzustellen, dass es wirtschaftlich unter Umständen wesentlich günstiger wäre, das Bußgeld stillschweigend zu akzeptieren und keinen Anwalt zu beauftragen. Das Gesetz sieht es vor, dass Rechtsmittel auch gegen geringe Geldbußen eingelegt werden können und hierfür ein Anwalt eingesetzt werden kann. Soweit die Rechtsschutzversicherung keinen vertraglichen Ausschluss für derartige Bagatellfälle vereinbart hat, ist sie gehalten, ihrem Vertragspartner nach den Kriterien des § 14 RVG angemessene Honorare zu ersetzten.

Der Bußgeldbescheid v. 17.2.2012 setzte gegenüber dem Kläger wegen des Vorwurfs des Haltens im Halteverbot v. 1.12.2011 eine Geldbuße in Höhe von 15,00 EUR fest. Damit wird die Bedeutung dieser Sache für den Kläger als unterdurchschnittlich anzusehen sein. Etwas Gegenteiliges wurde von diesem aber auch gar nicht konkret behauptet. Die festgesetzte Geldbuße liegt aber – ausgehend von einer Mindestgeldbuße in Höhe von 5,00 EUR (§ 17 Abs. 1 OWiG) – etwa in der Mitte des von Nr. 5101 und 5107 VV vorgesehenen Rahmens einer Geldbuße von weniger als 40,00 EUR und gerade nicht, wie im Beschluss des von der beklagten Seite zitierten Beschlusses des LG München I v. 11.2.2008 mit 50,00 EUR im unteren Bereich des von Nr. 5103 und 5109 VV vorgesehenen Rahmens einer Geldbuße von 40,00 EUR bis 5.000,00 EUR.

Die Besonderheit lag vorliegend zudem darin, dass der Kläger am 10.2.2012 einen Bußgeldbescheid wegen des Vorwurfs einer weiteren Ordnungswidrigkeit v. 24.11.2011 erhalten hat. Diese beiden Verfahren brachte der Kläger durcheinander, so dass die anwaltlichen Vertreter zunächst einen für vergleichbare Fälle überdurchschnittlichen Zeitaufwand damit zubringen mussten, den Sachverhalt zu klären. Verbunden damit war die Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die nochmalige Einspruchseinlegung und der Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Zwar mag der Kläger selbst für das Durcheinander seiner Angelegenheiten verantwortlich sein, seinem Anwalt kann es jedoch nicht dadurch angelastet werden, dass es bei der Gebührenbemessung nicht berücksichtigt wird.

Die Angelegenheit war im Hinblick auf die vom Rechtsanwalt des Klägers entfaltete Tätigkeit nicht unterdurchschnittlich. Auf den unstreitigen Vortrag der Tätigkeiten in der Klageschrift wird verwiesen. Da – anders als be...

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