FamFG §§ 38, 58 ff., 80 ff. ZPO §§ 567 ff.

Leitsatz

  1. Isolierte Kostenentscheidungen in Ehe- und Familienstreitsachen, die nach streitloser Hauptsacheregelung erfolgen, sind mit der sofortigen Beschwerde nach den §§ 567 ff. ZPO anfechtbar.
  2. Schließen die Beteiligten in einer Unterhaltssache einen Vergleich ohne Kostenregelung, ist die gesetzliche Wertung des § 98 ZPO (Kostenaufhebung) bei der gem. § 243 FamFG nach billigem Ermessen zu treffenden Kostenentscheidung neben den weiteren, in § 243 S. 2 FamFG als Regelbeispiele aufgeführten Gesichtspunkten zu berücksichtigen.

BGH, Beschl. v. 28.9.2011 – XII ZB 2/11

1 Sachverhalt

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe sie die Verfahrenskosten nach Abschluss eines Unterhaltsvergleichs jeweils zu tragen haben.

Der im Jahr 2000 geborene Antragsteller hat von seinem Vater, dem Antragsgegner, Kindesunterhalt für die Zeit ab Juni 2010 in Höhe von monatlich 549,00 EUR sowie rückständigen Unterhalt begehrt. Vor dem FamG haben sich die Beteiligten dahin verglichen, dass der Antragsgegner dem Antragsteller ab Juni 2010 einen laufenden monatlichen Unterhalt von 497,00 EUR sowie rückständigen Unterhalt zu leisten habe. Der Vergleich enthält weder eine Erledigungserklärung hinsichtlich des Rechtsstreits noch eine Vereinbarung zur Kostentragung.

Das AG hat dem Antragsgegner 4/5 und dem Antragsteller 1/5 der Verfahrenskosten auferlegt. Dabei hat es seinen Beschluss im Wesentlichen auf das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten gestützt.

Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG, dessen Entscheidung in FamRZ 2011, 749 veröffentlicht ist, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.

2 Aus den Gründen

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

1. Die Rechtsbeschwerde ist gem. § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthaft.

Der Senat teilt die Auffassung des Beschwerdegerichts, wonach im vorliegenden Fall die sofortige Beschwerde gem. § 567 ZPO statthaft ist. Demgemäß richtet sich die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 ZPO (BGHZ 184, 323 = FGPrax 2010, 154 Rn 5).

Allerdings ist es in Rspr. und Lit. umstritten, ob die in Ehe- und Familienstreitsachen ergangenen isolierten Kostenentscheidungen mit der Beschwerde nach § 58 FamFG oder mit der sofortigen Beschwerde gem. § 567 ZPO anzufechten sind. Die Frage stellt sich immer dann, wenn sich die Hauptsache anderweitig, in der Regel – wie auch hier – streitlos erledigt hat.

Von ihrer Beantwortung hängt nicht nur ab, nach welchen Normen sich das Verfahren der Rechtsbeschwerde richtet, sondern auch, welche Anforderungen an das Beschwerdeverfahren zu stellen sind (s. dazu auch Schürmann FuR 2010, 425, 429). Beachtliche Unterschiede bestehen namentlich hinsichtlich der erforderlichen Beschwer (§ 61 FamFG: über 600,00 EUR allerdings mit Zulassungsmöglichkeit; § 567 Abs. 2 ZPO über 200,00 EUR), der Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG: binnen eines Monats; § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO: Notfrist von zwei Wochen), der Möglichkeit der Abhilfe (§ 68 Abs. 1 S. 2 FamFG: nicht gegeben; § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO: Abhilfe möglich), der Besetzung des Beschwerdegerichts (§ 68 Abs. 4: grundsätzlich gesamter Spruchkörper; § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO: originärer Einzelrichter) sowie hinsichtlich des Erfordernisses einer Rechtsbehelfsbelehrung, die nur nach § 39 FamFG vorgesehen ist.

a) Einerseits wird vertreten, dass Kostenentscheidungen, die in Ehe- und Familienstreitsachen erfolgen, mit der Beschwerde gem. § 58 Abs. 1 FamFG anzufechten seien. Dies wird u.a. damit begründet, dass eine isolierte Kostenentscheidung in solchen Verfahren eine Endentscheidung im Sinne der §§ 38 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG darstelle. Durch § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG würden die Vorschriften zum Beschwerderecht (§§ 58 bis 69 FamFG) nicht verdrängt. Im Übrigen ersetze § 243 FamFG als lex specialis in Unterhaltssachen die Kostenbestimmungen der ZPO (OLG Oldenburg FamRZ 2010, 1831 f.; im Ergebnis ebenfalls für eine Anwendung von § 58 FamFG: OLG Bremen Beschl. v. 18.4.2011 – 4 WF 23/11; OLG Brandenburg NJW-RR 2010, 943; Keidel/Giers, FamFG, 16. Aufl., § 243 Rn 11; Schürmann FuR 2010, 425, 428 f.; vgl. auch Rüntz/Viefhues FamRZ 2010, 1285, 1292).

b) Demgegenüber spricht sich die wohl überwiegende Meinung für die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde gem. § 567 ZPO aus (OLG Bamberg FamRZ 2011, 1244 f.; KG NJW 2010, 3588; OLG Nürnberg FamRZ 2010, 1837, OLG Frankfurt FamRZ 2010, 1696 f.; Schulte-Bunert/Weinreich FamFG 2. Aufl. § 58 Rn 14; Keidel/Meyer-Holz FamFG 16. Aufl. § 58 Rn 97; Prütting/Helms/Bömelburg FamFG § 243 Rn 11; Bömelburg FPR 2010, 153, 158; Schael FPR 2009, 11, 13; Wendl/Schmitz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8. Aufl. § 10 Rn 603). Dabei wird u.a. auf die Gesetzesbegründung Bezug genommen, wonach ausweislich der Subsidiaritätsklausel des § 58 Abs. 1 FamFG über § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG die §§ 91a Abs. 2 und 269 Abs. 5 ZPO zur Anwendung gelangen, die als statthaft...

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