I. Vergütung des berufsmäßigen Verfahrensbeistands

Der Gesetzgeber wollte sich bei der Einführung der Fallpauschale durch das FGG-ReformG an der anwaltlichen Vergütung in Kindschaftssachen orientieren. Gemessen am Regelfestwert für Kindschaftssachen in Höhe von 3.000,00 EUR war der anwaltliche Gebührensatz von 2,5 (502,50 EUR) zugrunde gelegt worden, wobei für den Verfahrensbeistand eine Obergrenze von 2,0 gelten sollte (= 378,00 EUR, seit dem 1.8.2013: 402,00 EUR), weshalb eine Pauschale in Höhe von 350,00 EUR festgelegt worden war. Ist der Aufgabenkreis allerdings erweitert, beträgt die Fallpauschale je Instanz 550,00 EUR, sodass die Nettogebühren des Anwalts insoweit bereits um 47,50 EUR überschritten sind. Die Fallpauschalen sind durch das 2. KostRMoG nicht erhöht worden. Sie erscheinen für sich genommen auf den ersten Blick angemessen und entsprechen der Begründung des Gesetzgebers, wenn sie eine Vergütung allein für das jeweilige verfahren darstellen. In der Praxis ist auch kaum ein Fall denkbar und praktisch relevant, in dem das Gericht bei Bestellung eines Verfahrensbeistands keine erweiterten Aufgaben nach § 158 Abs. 4 S. 3 FamFG überträgt, sodass der Verfahrensbeistand ohnehin nahezu ausschließlich die höhere Fallpauschale in Höhe von 550,00 EUR brutto abzurechnen in der Lage ist. So weit, so gut!

Streit bei der "einmaligen Vergütung" gem. § 158 Abs. 7 FamFG – ebenfalls ausgelöst durch das OLG München – entstand zunächst über die Frage, ob die Fallpauschale je am Verfahren beteiligten Kind oder den Verfahrensgegenstand betreffend entsteht.

OLG München und BGH hatten schnell und mehrfach entschieden, dass jedes am Verfahren beteiligte Kind eine eigene Fallpauschale auslöse. Das BVerfG[1] hat diese Auffassung zum Erstaunen der Anwälte mehr oder weniger abgesegnet, jedenfalls nicht korrigiert, sodass die jeweilige Fallpauschale nicht je Fall, sondern je Kind festgesetzt werden darf.

 

Beispiel

Der Anwalt vertritt den Kindesvater in einer Umgangssache nach § 151 Nr. 2 FamFG. Weitere Beteiligte sind zwei minderjährige Kinder. Das FamG bestellt einen Verfahrensbeistand für beide beteiligten Kinder mit erweitertem Aufgabenkreis und entscheidet nach Anhörung der Beteiligten. Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Der für das Verfahren bevollmächtigte Rechtsanwalt rechnet seine Gebühren ab wie folgt:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   261,30 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV   241,20 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 522,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   99,28 EUR
Gesamt   621,78 EUR

Der bestellte Verfahrensbeistand rechnet bei Beteiligung von zwei Kindern demgegenüber 1.100,00 EUR ab.

Für den Rechtsanwalt findet keine Verdopplung des Verfahrenswerts statt, wenn mehrere Kinder in Kindschaftssachen involviert sind. Insoweit hatte der Gesetzgeber bereits durch die Regelungen der §§ 44 Abs. 2 S. 1, 45 Abs. 2 FamGKG Grenzen gezogen, um in Verfahren, die das Kindeswohl im Vordergrund sehen, ein mäßiges Gebührenniveau zu erhalten.

Dieses Ziel hatten OLG München und BGH[2] offenbar aus den Augen verloren, indem sie die Fallpauschale beim Verfahrensbeistand je Kind berechneten und damit die nach Nr. 2013 FamGKG-KostVerz. auf die Beteiligten zu verteilenden Auslagen unübersehbar in die Höhe getrieben haben. Wie soll dem Auftraggeber vermittelt werden, dass die in seiner Person entstehenden anwaltlichen Gebühren 621,78 EUR (Gebührensatz in Höhe von 2,5 aus 3.000,00 EUR) betragen, während der Anwalt seiner vier am Verfahren beteiligten Kinder als Verfahrensbeistand 2.200,00 EUR (4 x 550,00 EUR) brutto kostet und er damit rechnen muss, auch insoweit in Anspruch genommen zu werden?

Gegen den mehrfachen Anfall der sich aus § 158 Abs. 7 S. 2 und 3 FamFG ergebenden Vergütungspauschalen spricht insoweit bereits, dass die enthaltenen Fahrtkosten mehrfach erstattet würden, obgleich sie faktisch nur einmal anfallen. Deshalb streiten der Wortlaut des § 158 Abs. 7 S. 4 FamFG und die gesetzliche Nivellierung auf der Grundlage der in § 44 Abs. 2 und § 45 Abs. 2 FamGKG enthaltenen Reglungen für das Entstehen nur einer Pauschale, wenn mehrere Kinder am Verfahren beteiligt sind.

AG Koblenz[3] und OLG Bamberg[4] hatten ihren Entscheidungen deshalb auch zutreffende Argumente zugrunde gelegt, als sie die in § 158 Abs. 7 S. 2 und 3 FamFG vorgesehene Pauschale zwar für jeden Rechtszug gesondert, aber auch nur als einmalig ausgelöst angesehen haben, selbst dann, wenn mehrere Kinder am Verfahren beteiligt sind.

Eine Privilegierung entsteht dem Verfahrensbeistand bereits auch dadurch, dass seine Bestellung erst mit Rechtskraft oder sonstigem Abschluss des Verfahrens endet, sodass beispielsweise eine in zweiter Instanz genommene Akteneinsicht den Vergütungsanspruch nach § 158 Abs. 7 S. 2 oder 3 FamFG entstehen lässt, auch wenn das Verfahren danach beispielsweise durch Zurücknahme der Beschwerde beendet wird. Damit dürfte dem Vergütungsinteresse des Verfahrensbeistands angemessen Rechn...

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