Nach Auffassung des OLG war auch die Verfahrensgebühr Nr. 4105 VV festzusetzen.

1. Teil 4 Abschnitt 1 VV

Zutreffend sei das LG davon ausgegangen, dass der Rechtsanwalt seine Tätigkeit nach Teil 4 Abschnitt 1 VV abrechnen könne. Diese Gebührentatbestände – und nicht diejenigen in Anlage Teil 4 Abschnitt 3 VV – würden nach ganz überwiegender Auffassung, der sich der Senat anschließe, auch für den Verteidiger gelten, dessen Beistandsleistung sich auf einen einzelnen Termin beschränkt (a.A. im Falle eines Hauptverhandlungstermins unter bestimmten Umständen: OLG Rostock, Beschl. v. 15.9.2011 – 1 Ws 201/11). Die Zulässigkeit der Vertretung des Pflichtverteidigers und die Frage, welche Gebührentatbestände des Abschnitts 1 der Verteidiger, der für den verhinderten Pflichtverteidiger einen Termin wahrnimmt, abrechnen könne, seien umstritten (OLG Bamberg, Beschl. v. 21.12.2010 – 1 Ws 700/10; OLG Brandenburg, Beschl. v. 25.8.2009 – 2 Ws 111/09, AGS 2011, 280; KG, Beschl. v. 29.6.2005 – 5 Ws 164/05 zum Beistand, AGS 2006, 177; OLG Celle, Beschl. v. 19.12.2008 – 2 Ws 365/08; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.10.2008 – III-1 Ws 318/08; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.7.2008 – 3 Ws 281/08, AGS 2008, 488; OLG Köln, Beschl. v. 26.3.2010 – 2 Ws 129/10, AGS 2011, 286; OLG München, Beschl. v. 27.2.2014 – 4c Ws 2/14, AGS 2014, 174; OLG Jena, Beschl. v. 8.12. 2010 – 1 Ws 318/10). Diese Fragen konnten nach Auffassung des Senats allerdings hier dahinstehen. Der Rechtsanwalt sei in dem Termin zur Eröffnung des Haftbefehls nicht als Vertreter des anderen Rechtsanwalts/Pflichtverteidigers tätig geworden.

Hier ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Verfügung des AG, dass der Rechtsanwalt für den Vorführungstermin als weiterer Pflichtverteidiger beigeordnet und nicht zum Vertreter des für das weitere Verfahren beigeordneten Verteidigers bestellt werden sollte. Eine bloße Vertretung des Pflichtverteidigers würde auch der Bedeutung des Termins nicht gerecht. I.Ü. lasse sich die vorliegende Fallkonstellation auch nicht mit dem Fall der Vertretung eines Pflichtverteidigers in einem Termin einer aus mehreren Terminen bestehenden Hauptverhandlung vergleichen. Zu Recht verweise das LG in diesem Zusammenhang schließlich auf § 141 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StPO; diese Vorschrift zeige, dass der Gesetzgeber der Verteidigung des Beschuldigten in einem Termin, in dem er zur Entscheidung über Haft vorgeführt werden soll, besonderes Gewicht beigemessen hat.

2. Umfang der Tätigkeiten des Rechtsanwalts

Welche Gebühren entstehen, ist nach Auffassung des OLG vom Umfang der Tätigkeit des Rechtsanwaltes als Pflichtverteidiger abhängig.

a) Verfahrensgebühr

Die Verfahrensgebühr entstehe für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Vorbem. 4 Abs. 2 VV). Durch die Verfahrensgebühr sei die gesamte Tätigkeit eines Rechtsanwaltes im jeweiligen Verfahrensabschnitt abgegolten, soweit hierfür keine besonderen Gebühren vorgesehen sind.

b) Abgrenzung Verfahrensgebühr zur Grundgebühr

Die Verfahrensgebühr entstehe aber nicht erst dann, wenn der Abgeltungsbereich der Grundgebühr überschritten sei (so noch zum früheren Rechtszustand OLG Bamberg a.a.O.; KG, Beschl. v. 20.1.2009 – 1 Ws 361/08, AGS 2009, 271; OLG Karlsruhe, a.a.O.; OLG Köln, Beschl. v. 17.1.2007 – 2 Ws 8/07, AGS 2007, 451 – und Beschl. v. 26.3.2010 – 2 Ws 129/10, AGS 2011, 286). Mit der Änderung des Gebührentatbestands durch das 2. KostRMoG vom 23.7.2013 (BGBl 12013, 2586) sei bestimmt worden, dass die Grundgebühr grds. nicht allein anfällt, sondern regelmäßig neben einer Verfahrensgebühr (Gerold-Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., 2021, VV 4100 Rn 9; BeckOK RVG, VV 4104 Rn 8). Eine Verfahrensgebühr als Ausgangsgebühr entstehe für die Tätigkeit in jedem gerichtlichen Verfahren, so auch in Strafsachen. Die Grundgebühr solle lediglich den zusätzlichen Aufwand entgelten, der für die erstmalige Einarbeitung anfällt. Sie habe daher den Charakter einer Zusatzgebühr, die den Rahmen der Verfahrensgebühr erweitert (BT-Drucks 17/11471, 281).

c) Terminsgebühr

Von der Verfahrensgebühr nicht erfasst wird nach den weiteren Ausführungen des OLG Zweibrücken die Teilnahme an gerichtlichen Terminen. Dafür sehe das RVG die Terminsgebühr vor. Die Terminsgebühr erhalte der Rechtsanwalt für die Teilnahme an gerichtlichen Terminen. Das Entstehen der Terminsgebühr bei Haftbefehlseröffnungen setze allerdings voraus, dass in dem Termin mehr geschehen sei als eine reine Verkündung des Haftbefehls (BT-Drucks 15/1971, 223). Es reiche aus, wenn der Verteidiger gegenüber dem Gericht für den Beschuldigten in der Weise tätig geworden sei, dass er Erklärungen oder Stellungnahmen abgegeben oder Anträge gestellt hat, die dazu bestimmt gewesen seien, die Fortdauer der Untersuchungshaft abzuwenden (KG, Beschl. v. 23.6.2006 – 4 Ws 62/06, AGS 2007, 241).

d) Ergebnis

Danach hat nach Auffassung des OLG Zweibrücken das LG die Erfüllung der Gebührentatbestände der Grund- und der Terminsgebühr zu Recht angenommen. Die Annahme, die Verfahrensgebühr sei (noch) ni...

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