Tenor

Auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 09.11.2010 wird zugunsten des Beschwerdeführers eine weitere aus der Staatskasse zu zahlende Pflichtverteidigervergütung in Höhe von 157,08 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde verworfen.

 

Gründe

I. Mit Verfügung des Strafkammervorsitzenden vom 16.9.2009 wurde dem Angeklagten der Beschwerdeführer als Pflichtverteidiger für die Sitzungstage am 12. und 16.10.2009 beigeordnet, weil der für den Angeklagten an sich bestellte Pflichtverteidiger an beiden Tagen urlaubsbedingt verhindert war. Am 16.12.2009 und 17.3.2010 beantragte der Beschwerdeführer die Abrechnung seiner Gebühren, wie folgt:

VV 4100

Grundgebühr

132,00 €

VV 4112

Verfahrensgebühr

124,00 €

VV 4114

Terminsgebühr (12.10.2009)

216,00 €

VV 4114

Terminsgebühr (16.10.2009)

216,00 €

688,00 €

VV 7008

Umsatzsteuer

130,72 €

Summe

818,72 €

Nach Anhörung des Bezirksrevisors setze die Kostenbeamtin am 20.09.2010 die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlende Pflichtverteidigervergütung auf insgesamt 514,08 € fest. Hierbei hielt sie lediglich die geltend gemachten Terminsgebühren nebst der hierauf entfallenden Umsatzsteuer für vergütungsfähig.

Der hiergegen am 01.10.2010 eingelegten Erinnerung des Beschwerdeführers hat die Kostenbeamtin nach nochmaliger Anhörung des Bezirksrevisors nicht abgeholfen und die Akten dem Richter vorgelegt. Dieser hat mit Beschluss vom 09.11.2010 die Erinnerung zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer am 24.11.2010 Beschwerde eingelegt unter Verteidigung seiner bereits im Schriftsatz vom 17.3.2010 geäußerten gegenteiligen Rechtsauffassung. Der zuständige Richter des Landgerichts hat mit Beschluss vom 07.12.2010 der Beschwerde nicht abgeholfen. Der Bezirksrevisor verteidigte mit Stellungnahme vom 16.12.2010 seine dem angefochtenen Beschluss entsprechende Rechtsauffassung unter Bezugnahme auf Beschlüsse des OLG Nürnberg vom 14.3.2008 - 1 Ws 130/08 und des OLG Celle vom 10.10.2006 - 2 Ws 258/06, bei juris.

II. Der Einzelrichter hat mit Beschluss vom heutigen Tage die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung nach den §§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG auf den Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.

III. Die Beschwerde ist gemäß §§ 33 Abs. 3 Sätze 1 und 3, 56 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässig; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 €. In der Sache erweist sich die Beschwerde weitgehend als begründet.

1. In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der wegen der Abwesenheit des verhinderten Pflichtverteidigers für einen Hauptverhandlungstermin beigeordnete Verteidiger als Vergütung für seine Tätigkeit als so genannter "Terminsvertreter" nur die Terminsgebühren erhält, weil er lediglich als Vertreter des die Verteidigung insgesamt führenden Pflichtverteidigers beigeordnet worden ist, oder ob diesem weiteren Pflichtverteidiger eine (volle) Vergütung nach Abschnitt 1 des Teils 4 des Vergütungsverzeichnisses zusteht (zum Meinungsstand vgl. zuletzt OLG Köln, Beschluss vom 26.03.2010 - 2 Ws 129/10, bei juris).

a) Nach einer Auffassung (vgl. zuletzt m.w.N.: OLG Brandenburg, Beschluss vom 25.08.2009 - 2 Ws 111/09 = StRR 2010, 113 f. m. Anm. Burhoff) sei die Vertretung des Pflichtverteidigers durch einen anderen Verteidiger nach wohl weitgehend einhelliger Meinung zulässig, zumindest dann, wenn der andere Verteidiger dem Angeklagten vorübergehend beigeordnet werde. Soweit die entgegenstehende Auffassung damit begründet werde, die Strafprozessordnung sehe nicht vor, dass der für den verhinderten Pflichtverteidiger Beigeordnete als Hilfsperson des eigentlichen Pflichtverteidigers in dessen Beiordnungsverhältnis miteinbezogen werde, überzeuge dies nicht. Richtig sei, dass der als Vertreter des verhinderten Pflichtverteidigers beigeordnete Verteidiger gegenüber sämtlichen Verfahrensbeteiligten alle strafprozessualen Rechte und Pflichten eines Verteidigers hat.

Eine Einschränkung in dieser Hinsicht sei nicht möglich. Daraus folge jedoch nicht, dass diese umfassende Stellung des vertretenden Verteidigers nicht auf die Zeit der Verhinderung des Pflichtverteidigers beschränkt sein könne. Anderenfalls müsste in Fällen kurzfristiger Verhinderungen eines Pflichtverteidigers stets ein weiterer Pflichtverteidiger für das gesamte Verfahren beigeordnet werden. Das sei gesetzlich grundsätzlich nicht vorgesehen. Gebührenrechtlich habe die Beiordnung eines anderen Verteidigers als Vertreter des verhinderten Pflichtverteidigers zur Folge, dass nur ein Pflichtverteidigermandat abzurechnen sei. Sämtliche Gebühren entstünden daher nur einmal. Dem als Vertreter bestellten Pflichtverteidiger stünden nur die Gebühren zu, die der Vertretene selbst hätte geltend machen können, wenn er die Tätigkeit selbst ausgeübt hätte. Das seien nur die anfallenden Terminsgebühren.

b) Nach der Gegenansicht (vgl. OLG München, Beschluss vom 23.10.2008 - 4 Ws 140/08 = NStZ-RR 2009, 32 = StRR 2009, 120 m. Anm. Burhoff, 120 sowie zuletzt OLG Köln, Beschluss vom 26.03.2010 ...

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