Die Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG statthaft und zulässig. Der Beschwerdewert von 200,00 EUR ist erreicht, § 33 Abs. 3 S. 1 RVG. Die Beschwerde ist auch innerhalb der Beschwerdefrist von zwei Wochen (§ 33 Abs. 3 S. 3 RVG) eingelegt worden.

Das OLG ist als Beschwerdegericht gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1a GVG zuständig, weil die angegriffene Entscheidung von dem AG – FamG – erlassen worden ist. Insoweit gilt die formelle Anknüpfung, auch wenn es sich bei dem Verfahren zur Vergütung im Rahmen der Beratungshilfe dann, wenn in einer familienrechtlichen Angelegenheit beraten wird, nicht um eine Familiensache handelt, letztlich also das FamG beim AG nicht zuständig war (vgl. Zöller, 28. Aufl., Rn 5 u. 8 zu § 119 GVG; BGH FamRZ 1984, 774; OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 713).

Gem. § 33 Abs. 8 S. 1 RVG entscheidet im Regelfall der Einzelrichter. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ist die Sache jedoch dem Senat übertragen worden.

In der Sache hat die Beschwerde zum Teil Erfolg. Dem Beschwerdeführer steht eine weitere Vergütung i.H.v. insgesamt 299,98 EUR zu.

Der Erfolg der Beschwerde ergibt sich allerdings nicht bereits aus der mangelnden Zuständigkeit des Familiengerichts, § 65 Abs. 4 FamFG, § 771 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Dem Beschwerdeführer steht jedoch eine weitere Vergütung aus der Staatskasse zu, weil er im Rahmen der Beratungshilfe in insgesamt vier Angelegenheiten tätig geworden ist.

Ein Rechtsanwalt, der im Rahmen der Beratungshilfe tätig wird, erhält gem. § 44 Abs. 1 S. 1 RVG eine Vergütung aus der Staatskasse. Die Höhe der Beratungsvergütung bestimmt sich nach Nrn. 2501 ff. VV. Besteht die Tätigkeit des Anwalts ausschließlich in der Beratung, entsteht eine pauschale Beratungsgebühr in Höhe von 30,00 EUR. Wird der Anwalt über die reine Beratung hinaus tätig, beträgt die Gebühr gem. Nr. 2503 VV 70,00 EUR.

Gem. § 15 Abs. 1 RVG gelten die gesetzlich festgesetzten Gebühren grundsätzlich, soweit nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit ab. Gem. § 15 Abs. 2 RVG kann ein Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern.

Wird, wie vorliegend, Beratungshilfe für die Angelegenheiten "Getrenntleben, Scheidung mit Folgesachen" gewährt, ist umstritten, wie der Begriff "dieselbe Angelegenheit" zu definieren ist.

Zum Teil wird vertreten, dass der bei Trennung und Scheidung auftretende Beratungs- und Regelungsbedarf in verschiedenen Bereichen gebührenrechtlich lediglich als eine einzige Angelegenheit zu bewerten sei, weil es sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handle, welcher die hieraus resultierenden Gegenstände, zu denen eine Regelung bzw. Beratung erforderlich ist, zu einer Angelegenheit verbindet (vgl. OLG München MDR 1988, 330; OLG Nürnberg, 7. Senat, FamRZ 2005, 740 ff.).

Die gegenteilige Auffassung nimmt prinzipiell für jeden Beratungsgegenstand, welcher im Zusammenhang mit einer Scheidung oder der Trennung steht, gebührenrechtlich eine gesonderte Angelegenheit an und erkennt jeweils gesonderte Gebühren für erteilte Beratungshilfe an (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244; OLG Dresden, Beschl. v. 7.2.2011 – 20 WF 1311/10; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 230).

Eine dritte Meinung differenziert zwischen der Scheidung und den zugehörigen Folgesachen einerseits und Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Trennung andererseits und stellt ansonsten für die Beurteilung des Vorliegens einer Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinn auf den konkreten Lebenssachverhalt ab (vgl. KG RVGreport 2010, 141; Brandenburgisches OLG MDR 2009, 1417; OLG Rostock NJW Spezial 2011, 92).

Der Senat schließt sich im Grundsatz der zuletzt genannten Meinung an. Die Auffassung, nach welcher sämtliche Probleme, welche im Zusammenhang mit der Trennung und Scheidung von Ehegatten auftauchen, im Falle der Bewilligung von Beratungshilfe als eine einzige Angelegenheit zu betrachten seien, steht im Widerspruch zu der Entscheidung des BVerfG v. 31.10.2001 (NJW 2002, 429). Das BVerfG hat u.a. ausgeführt:

"Zwar spricht aus verfassungsrechtlicher Sicht viel dafür, die Beratung über den Unterhalt des Kindes und das Umgangsrecht des Vaters nicht als dieselbe Angelegenheit gem. § 13 Abs. 2 S. 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) anzusehen, um den Rechtsanwalt, der in der Beratungshilfe ohnehin zu niedrigen Gebühren tätig wird, nicht unnötig zu belasten."

Die Annahme nur einer gebührenrechtlichen Angelegenheit kann auch nicht auf § 16 Nr. 4 RVG gestützt werden. Diese Vorschrift betrifft nur das gerichtliche Verbundverfahren, nicht die außergerichtliche Beratung, bei welcher bereits begrifflich eine Verbundsache nicht vorliegen kann. Auch eine analoge Anwendung kommt wegen der unterschiedlichen Sachlage nicht in Betracht (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244; OLG Dresden, Beschl. v. 7.2.2011 – 20 WF 1311/10; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 230; OLG Rostock NJW-Spezial 2011, 92; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH und VKH, Beratungshilfe, 5. Aufl., Rn ...

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