Der Entscheidung des OLG Brandenburg ist zuzustimmen. Eine Terminsgebühr (Nrn. 4102 f. VV) für Termine außerhalb der Hauptverhandlung erhält der Rechtsanwalt für die Teilnahme an polizeilichen, staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Vernehmungsterminen (Nr. 1, 2), für die Teilnahme an Terminen, in denen über die Anordnung oder Fortdauer der Untersuchungshaft oder der einstweiligen Unterbringung verhandelt wird (Nr. 3), ferner für Verhandlungen i.R.d. Täter-Opfer-Ausgleichs (Nr. 4) und für die Teilnahme an einem Sühnetermin nach § 380 StPO (Nr. 5). Das Gesetz regelt die Anwendbarkeit dabei explizit abschließend, ansonsten wäre die Aufzählung mittels "insbesondere" als offene Aufzählung verankert worden. Dies ist aber gerade nicht der Fall gewesen. Da diese Terminsgebühr einen besonderen Aufwand honoriert, entsteht sie zusätzlich zu den sonstigen Gebühren. Voraussetzung ist aber, dass ein solcher Termin stattgefunden und der Verteidiger bzw. der Nebenklägervertreter teilgenommen hat. Eine telefonische Mitwirkung genügt nicht (AG Darmstadt, Beschl. v. 1.9.2016 – 218 Ds 1470 Js 37783/14, AGS 2017, 272) – vielmehr muss der Anwalt physisch vor Ort anwesend sein. Die Teilnahme des Verteidigers oder des Nebenklägervertreters an einem Termin zur Exploration seines Mandanten durch einen psychiatrischen Sachverständigen ist im RVG hingegen nicht geregelt. Die Beantwortung dieser Frage wird – wie das OLG Brandenburg zutreffend auflistet – unterschiedlich gehandhabt (bejahend etwa: LG Hamburg, Beschl. v. 24.11.2016 – 617 Ks 22/16 jug, AGS 2017, 182; LG Freiburg, Beschl. v. 4.7.2014 – 3 KLs 250 Js 24324/12 AK 28/12, AGS 2015, 28; LG Offenburg AGS 2006, 436 ff; verneinend, da die in Nr. 4102 VV aufgezählten Fälle abschließend seien: LG Zweibrücken, Beschl. v. 29.6.2012 – Qs 56/12,JurBüro 2013, 35; LG Düsseldorf, Beschl. v. 2.11.2009 – 10 Qs 69/09, AGS 2011, 430 und nun eben auch das OLG Brandenburg).

In Konsequenz bedeutet die Ansicht des OLG Brandenburg aber, dass der Gesetzgeber im Falle der Beiwohnung bei einer Exploration entweder keinen zusätzlichen Aufwand sieht – was wohl nicht der Fall sein wird – oder aber, dass insoweit der angemessenen Vergütung des Anwaltes auf andere Art Rechnung getragen werden muss. Zwei mögliche Wege – einmal für den Wahlverteidiger, einmal für den bestellten oder beigeordneten Anwalt – hat das OLG Brandenburg dabei aufgetan.

Einmal (Wahlanwalt) die Möglichkeit nach § 14 RVG. Im Falle eines strafrechtlichen Freispruchs oder wenn die Kosten und notwendigen Auslagen des Nebenklägers von dritter Seite zu erstatten sind, können Wahlanwaltsgebühren abgerechnet werden. Diese sind individuell und im Einzelfall anhand der Bemessungskriterien des § 14 RVG festzusetzen. Die Bestimmung dieser Gebühren obliegt dabei dem Rechtsanwalt. Die Bestimmung der Angemessenheit orientieren sich anhand der in § 14 Abs. 1 S. 1 RVG genannten Umstände und sind nach billigem Ermessen festzusetzen. Von diesem gebundenen Ermessen sollte das festsetzende Gericht also nur nach § 14 Abs. 1 S. 4 RVG abweichen, wenn ansonsten ein unbilliges Ergebnis vorliegt (KG, Beschl. v. 9.8.2005 – 3 Ws 59/05, AGS 2006, 278). Bei Rahmengebühren sind dabei vor allem der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers und vom Rechtsanwalt/Nebenklägervertreter selbst nach billigem Ermessen zu bewerten. Auch ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung von Relevanz sein. Die Bewertungsmerkmale "Umfang" und "Schwierigkeit" sind dabei die hervorgehobenen Kriterien, auf die es zunächst abzustellen gilt ("vor allem"). Im Rahmen der Kriterien zu § 14 RVG kann folglich eine solche Mehrarbeit im Rahmen von "Umfang und Schwierigkeit", aber auch im Rahmen des Korrektivs "Bedeutung" durchaus eine Rolle spielen.

Für den beigeordneten oder bestellten Anwalt bliebe die Möglichkeit des § 51 RVG. Die Festsetzung einer Pauschgebühr ist dabei aber meist ein aufwändigerer und schwierigerer und vor allem länger dauernder Weg, den zu bestreiten nur wenige in Kauf nehmen.

Rechtsanwalt Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Leer/Augsburg

AGS 4/2023, S. 167 - 168

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