Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Grundgebühr. allgemeine Terminsgebühr. zusätzliche Gebühr bei Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls. Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 464b StPO. Einkommens- und Vermögensverhältnisse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine zusätzliche Verfahrensgebühr entsteht in entsprechender Anwendung von Nr. 4141 Ziff. 1VV RVG, wenn die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls zurücknimmt und das Verfahren dadurch als endgültig eingestellt anzusehen ist.

2. Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ist eine auf die Förderung des Verfahrens gerichtete anwaltliche Tätigkeit iSv Abs. 2 der Anm. zu Nr. 4141 VV RVG. Eine Ursächlichkeit der Mitwirkung für die Einstellung ist nicht erforderlich.

3. Die Teilnahme an einem Termin des Sachverständigen zur Besichtigung und Gegenüberstellung eines Kraftfahrzeugs löst keine allgemeine Terminsgebühr nach Nr. 4102 VV RVG aus.

4. Ist ein Hauptverhandlungstermin nicht anberaumt worden, fällt keine Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG durch die Vorbereitung eines Hauptverhandlungstermins an. Die Hauptverhandlung beginnt nach § 243 Abs. 1 StPO erst mit dem Aufruf der Sache und nicht mit der gerichtlichen Sachaufklärung.

5. Im Kostenfestsetzungsverfahren gem. § 464b StPO ist ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer (§ 14 Abs. 2 RVG) nicht einzuholen.

 

Normenkette

RVG § 15; RVG-VV Nrn. 4102, 4108, 4141, 7002; RVG § 14; RVG-VV Nr. 4100

 

Verfahrensgang

AG Langenfeld (Entscheidung vom 05.08.2009; Aktenzeichen 60 Cs-40 Js 4319/08-104/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts Langenfeld vom 05.08.2009 - 60 Cs-40 Js 4319/08-104/08- teilweise abgeändert und die zu erstattenden notwendigen Auslagen auf insgesamt 583,30 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 20.04.2009 festgesetzt.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird verworfen.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Das Amtsgericht hat unter dem 08.10.2008 auf Antrag der Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten einen Strafbefehl wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 StGB über eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 10,00 EUR erlassen. Ferner hat es ein Fahrverbot von zwei Monaten verhängt.

Hiergegen hat der Angeklagte Einspruch eingelegt.

Unter dem 19.12.2008 hat das Amtsgericht auf Antrag des Angeklagten die Einholung eines Sachverständigengutachten zu der Behauptung des Angeklagten, die Beschädigungen am Fahrzeug der Geschädigten seien nicht durch das Fahrzeug des Angeklagtem verursacht worden, angeordnet.

Der Besichtigungstermin der beiden Fahrzeuge durch den Sachverständigen hat am 19.01.2009 stattgefunden.

Der Sachverständige kommt in seinem Gutachten vom 16.03.2009 zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass aus technischer Sicht ein Nachweis für den Anstoß des LKW des Angeklagten an die C-Säule des PKW der Geschädigten nicht geführt werden kann.

Unter dem 30.09.2009 hat die Staatsanwaltschaft den Antrag auf Erlass des Strafbefehls zurückgenommen. Durch Beschluss vom 05.05.2009 hat das Amtsgericht nach § 467 a StPO die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 17.04.2009 hat der Angeklagte die Festsetzung nachfolgender Gebühren und Auslagen beantragt:

a) Grundgebühr für Verteidiger

§ 14 Nr. 4100 VV RVG

165,00 EUR

b) Ortstermin Sachverständiger

Gebühr § 14 Nr. 4102 VV RVG Ziff.1

140,00 EUR

c) Verfahrensgebühr für ersten Rechtszug vor dem Amtsgericht

§ 14 Nr. 4106 VV RVG

200,00 EUR

d) Terminsgebühr für Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht

§ 14 Nr. 4108 VV RVG

230,00 EUR

e) Zusätzliche Gebühr

§ 14 Nr. 4141 VV RVG

140,00 EUR

f) Tage-und Abwesenheitsgeld:

§ 14 Nr. 7004 VV RVG

20,00 EUR

g) Fahrkosten

§ 14 Nr. 7003 VV RVG

11.70 EUR

h) Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG

20,00 EUR

i) Kosten für Aktenübersendung

12,00 EUR

19% MWSt Nr. 7008 VV RVG

178,35 EUR

1.117,05 EUR

Das Amtsgericht Langenfeld hat mit Beschluss vom 05.08. 2009 die dem Angeklagten aus der Staatskasse zu erstattenden notwendigen Auslagen auf insgesamt 416,60 EUR nebst Zinsen seit dem 20.04.2009 festgesetzt. Hierbei wurde Grundgebühr Nr. 4100 auf 120,00 EUR herabgesetzt, die Gebühren Nr. 4102, Nr. 4108, Nr. 4141, Nr. 7004 und Nr. 7003 wurden insgesamt in Abzug gebracht.

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Angeklagten hat insoweit Erfolg, als eine zusätzliche Gebühr nach § 14 Nr. 4141 VV RVG zu erstatten ist.

Nach Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 1 VV RVG entsteht diese zusätzliche Gebühr, wenn durch eine auf Förderung des Verfahrens gerichtete anwaltliche Tätigkeit eine Hauptverhandlung entbehrlich wird. Dies gilt auch in entsprechender Anwendung für den Fall der Rücknahme des Antrags auf Erlass eines Strafbefehls durch die Staatsanwaltschaft, verbunden mit der endgültigen Einstellung des Verfahrens (Gerold /Schmidt - Burhoff, RVG, 18. Aufl., VV 4141, Rn. 19).

Der Antrag auf Einholung eines Sach...

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