Leitsatz (amtlich)

1. Für die Teilnahme des Verteidigers bei einem Termin des Sachverständigen zur Fahrzeugbesichtigung entsteht keine Terminsgebühr.

2. Beim Ermittlungs- und erstinstanzlichen Verfahren handelt es sich um eine Angelegenheit, so daß die Auslagenpauschale nur einmal anfällt.

3. Mehrkosten für einen auswärtigen Verteidiger weden nur in Ausnahmefällen erstattet.

 

Verfahrensgang

AG Pirmasens (Entscheidung vom 27.05.2010)

StA Zweibrücken (Aktenzeichen 4281 Js 3286/09)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die sofortige Beschwerde des Verteidigers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Pirmasens vom 12.04.2012 dahingehend abgeändert, dass weitere 7,20 Euro als notwendige Auslagen gegen die Staatskasse festgesetzt werden.

    Die weitergehende sofortige Beschwerde wird als unbegründet verworfen.

  • 2.

    Die Kosten des Rechtsmittels trägt der Beschwerdeführer.

 

Gründe

I.

Durch Urteil vom 27.05.2010 hat das Amtsgericht Pirmasens die ehemaligen Angeklagte vom Vorwurf des unerlaubten Entfernens vom Unfallort aus tatsächlichen Gründen freigesprochen und ihre notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt worden. Eine hiergegen gerichtete Berufung der Staatsanwaltschaft nahm diese nach durchgeführter Berufungshauptverhandlung in der Sitzung zurück, der gemäß § 473 Abs. 1 StPO ergangene Kostenbeschluss wurde ebenfalls noch in der Sitzung rechtskräftig.

Der Verteidiger beantragt,

folgende Auslagen gegen die Staatskasse festzusetzen:

1.

Ermittlungsverfahren

-

Grundgebühr, VV RVG 4100:

165,00 €

-

Verfahrensgebühr, VV RVG 4102:

202,50 €

-

Ablichtung aus Gerichtsakten (49 Seiten)

24,50 €

-

Aktenversendungspauschale (Nr. 9003 KV GKG)

12,00 €

-

Post-/Telekommunikationspauschale, VV RVG 7002

20,00 €

-

Fahrtkosten

Saarbrücken-Schindhard-Saarbrücken-172km, VV RVG 7003

230,00 €

-

Tage-/Abwesenheitsgeld (weniger 4 Stunden), VV 7005

20,00 €

2.

Gerichtliches Verfahren / Erster Rechtszug

-

Verfahrensgebühr, VV RVG 4106:

140,00 €

-

Terminsgebühr, VV RVG 4108

230,00 €

-

Post-/Telekommunikationspauschalauslagen, VV RVG 7002

20,00 €

-

Ablichtungen aus Gerichtsakte (129 Seiten)

36,85 €

-

Fahrkosten Saarbrücken-Pirmasens-Saarbrücken-124km

37,20 €

-

Tage-/Abwesenheitsgeld (weniger 4 Stunden) VV RVG 7005

20,00 €

3.

Gerichtliches Verfahren / Berufung

-

Verfahrensgebühr VV RVG 4124:

270,00 €

-

Terminsgebühr, VV RVG 4126

324,00 €

-

Post-/Telekommunikationspauschalauslagen, VV RVG 7002

20,00 €

-

Ablichtungen aus Gerichtsakte (120 Seiten)

35,50 €

-

Fahrkosten (Saarbrücken-Zweibrücken-Saarbrücken-78km

35,00 €

-

Tage-/Abwesenheitsgeld (weniger 4 Stunden) VV RVG 7005

35,00 €

Zzgl. MwSt. von z.Zt. 19%, VV 7008 RVG:

351,79 €

Gesamt:

2.203,34 €

Für die Freigesprochene wurden Reisekosten zzgl. jeweils 6 00 € Tagegeld für

  • a)

    den Ortstermin von zweimal 29 km je 0,30 €: 23,40 €

  • b)

    die Teilnahme an die erstinstanzliche Verhandlung zweimal 11 km je 0,30 €: 6,60€

  • c)

    die Teilnahme an der Berufungsverhandlung zweimal 28 km je 0,30 €: 16,80 € beantragt.

Auf Hinweis der Rechtpflegerin dass eine Vergütung nur mit 0,25 € pro gefahrenen Kilometer berechnet werden könne, fasste der Verteidiger den Antrag insoweit neu und beantragte darüber hinaus Reiskosten für die Teilnahme an einer Besprechung mit dem Wahlverteidiger in Saarbrücken jeweils vor den beiden Verhandlungen von jeweils 34,00 € (zweimal 68 km je 0,25 €).

Die Rechtspflegerin setzte hierauf mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12.04.2012 lediglich einen Erstattungsbetrag von 1.832,12 € fest. Sie vertritt die Auffassung, dass die Auslagenpauschale nur einmal entstehe und der Angeklagten hätte zugemutet werden können, einen in Pirmasens oder an ihrem Wohnort ansässigen Anwalt zu beauftragen. Die Teilnahme an einem Gutachtertermin falle nicht in den Katalog der Termingebühr nach VV RVG Nr. 4102; schließlich würden lediglich 250 Kopien erstattet.

Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt.

Der zuständige Bezirksrevisor verteidigt die ergangene Entscheidung und verweist insoweit auf mehrere obergerichtliche Entscheidungen sowie auf die Rechtsprechung der Kammer.

Der Beschwerdeführer verteidigt sein Rechtsmittel im replizierenden Schriftsatz und hält die vom Bezirksrevisor zitierte Entscheidung des Saarländischen Oberlandesgericht (Beschluss v. 08.08.2011, Az. 1 Ws 89/11, zitiert nach [...]) für "nicht vertretbar" und "im Widerspruch zur herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur" stehend. Im Anschluss an die Stellungnahme des Bezirksrevisors hält er die Zulassung der "weiteren Beschwerde" für angezeigt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat im Wesentlichen jedoch in der Sache keinen Erfolg. Im Einzelnen:

1.

Für die Teilnahme des Verteidigers bei einem Termin des Sachverständigen zur Besichtigung und Gegenüberstellung der Fahrzeuge entsteht keine Terminsgebühr. Eine solche Teilnahme fällt nicht unter den Katalog von VV RVG Nr. 4102. Eine analoge Anwendung auf den vorliegenden Fall scheidet aus. Denn VV 4102 ist bereits eine Ausnahmeregelung, die abschließend aufzählt...

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