Die Geschäftsgebühr ist im konkreten Einzelfall gem. § 14 Abs. 1 RVG aus dem Rahmen der Nr. 2300 VV (0,5 bis 2,5) zu bestimmen. Eine Gebühr von mehr als 1,3 darf nur gefordert werden, wenn die Angelegenheit umfangreich oder schwierig war (Anm. zu Nr. 2300 VV). In vergaberechtlichen Angelegenheiten dürfte die Überschreitung der Schwellengebühr verhältnismäßig häufig vorkommen: Die Schwierigkeit einer Angelegenheit beurteilt sich nach einem objektiv-generellen Maßstab und berücksichtigt die Intensität der Arbeit des Anwalts.[2] Ausgangspunkt für die Beurteilung ist die Sicht des Allgemeinanwalts. Schwierig ist eine Tätigkeit dann, wenn der Anwalt erheblich über dem Durchschnitt liegende Probleme zu lösen hat.[3] Dabei kann es sich um Schwierigkeiten rechtlicher und tatsächlicher Art handeln.[4] Entscheidend ist dabei, ob es sich allgemein um eine schwierige Materie handelt; es kommt nicht auf die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse des Anwalts an. Deshalb ist die Schwierigkeit auch dann bei Bestimmung der Geschäftsgebühr zu berücksichtigen, wenn es sich bei dem Anwalt um einen Spezialisten auf dem betreffenden Gebiet handelt, für den die Sache aufgrund seiner Spezialkompetenz weniger schwierig ist als für einen Allgemeinanwalt.[5]

Bei einer Tätigkeit in Vergabesachen ist allgemein anerkannt, dass es sich um eine rechtlich schwierige Materie handelt, so dass die Kappungsgrenze von 1,3 regelmäßig keine Rolle spielt.[6] Dies gilt auch für die anwaltliche Vertretung des Beigeladenen im Vergabenachprüfungsverfahren, und zwar auch dann, wenn der Beiladungsbeschluss erst kurz vor Abschluss des Nachprüfungsverfahrens ergangen ist.[7]

 
Hinweis

Wie hoch der Schwierigkeitsgrad von vergaberechtlichen Streitigkeiten in der Rspr. eingestuft wird, zeigt sich u.a. in einer jüngeren Entscheidung des KG.[8] Der Senat führt darin aus, dass für ein nach Inhalt, Umfang und wirtschaftlicher Bedeutung durchschnittliches Vergabenachprüfungsverfahren "jedenfalls nicht mehr als 2,0 Gebühren" festzusetzen sind. Allein das Merkmal "Schwierigkeit der Tätigkeit" hat also eine Gebührenbestimmung in der Nähe der Höchstgebühr gerechtfertigt sein lassen.

[2] LG Bochum NJOZ 2005, 3716; Otto, NJW 2006, 1472.
[3] Gerold/Schmidt/Mayer, § 14 Rn 16; a.A. Burhoff, RVGreport 2005, 361.
[4] Otto, NJW 2006, 1472.
[5] OLG Jena RVGreport 2005, 145; SG Marburg AGS 2008, 451; Burhoff, RVGreport 2005, 361; Otto, NJW 2006, 1472; unzutreffend dagegen LG Köln AGS 2008, 378 m. abl. Anm. Schons.
[6] OLG Frankfurt MDR 2010, 897; OLG München, Beschl. v. 25.1.2010 – Verg 11/09; OLG München VergabeR 2010, 294; vgl. BKartA AGS 2008, 82; OLG Düsseldorf ZfBR 2005, 622; BayObLG AGS 2005, 208 m. Anm. N. Schneider; OLG München AGS 2006, 171; OLG München AGS 2007, 86 m. Anm. N. Schneider; OLG Jena AGS 2005, 204 m. Anm. N. Schneider.
[7] Vgl. BKartA IBR 2005, 282.
[8] KG AGS 2010, 544.

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