Das Wichtigste in Kürze:

1. Für die Ablehnung von Schöffen gelten nach § 31 Abs. 1 die §§ 22, 23 für den Ausschluss eines Richters und für die Richterablehnung nach den §§ 24 ff. entsprechend.
2. Zur Ablehnung von Schöffen gibt es eine recht umfangreiche Rechtsprechung.
3. Die Entscheidung über den Ablehnungsantrag gegen einen Schöffen treffen die Berufsrichter.
 

Rdn 184

 

Literaturhinweise:

von Danwitz, Zur Stellung des ehrenamtlichen Richters in der Strafrechtspflege, ZRP 1995, 442

s.a. die Hinw. bei → Ablehnung eines Richters, Allgemeines, Teil A Rdn 8.

 

Rdn 185

1.a) Für die Ablehnung von Schöffen gelten nach § 31 Abs. 1 die §§ 22, 23 für den → Ausschluss eines Richters, Teil A Rdn 543, und für die Richterablehnung nach den §§ 24 ff. entsprechend (allgemein zur Rechtsstellung des Schöffen von Danwitz ZRP 1995, 442). Hinzuweisen ist außerdem auf § 32 GVG, der regelt, wer unfähig ist, Schöffe zu sein. Das ist insbesondere derjenige, der wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist (§ 32 Nr. 1 GVG).

 

Rdn 186

Auch für Schöffen gilt somit die Vermutung der Unparteilichkeit (BGHSt 22, 289, 295). Die möglichen Ablehnungsgründe gehen nicht weiter als bei den Berufsrichtern (Meyer-Goßner/Schmitt, § 31 Rn 2 m.w.N.). Hinzuweisen ist auf folgende (wegen weiterer Einzelh. → Ablehnungsgründe, Befangenheit, Allgemeines, Teil A Rdn 81, m.w.N.)

2. Auf folgende Beispielsfälle ist hinzuweisen:

 

Rdn 187

 

für unberechtigte Ablehnung

Beweisergebnisse werden präsentiert, die sich in einem späteren Zeitpunkt als unverwertbar darstellen (BGH StV 1996, 521 [für Geständnis des Angeklagten, das wegen nicht eingehaltener Absprachen einem BVV unterlag]),
dem Schöffen werden zum besseren Verständnis der Beweisaufnahme aus den Akten stammende Protokolle über Beweismittel (Tonbandprotokolle) als Begleittext überlassen (BGHSt 43, 36; vgl. a. BGH NStZ-RR 2013, 67 [Ci/Zi]; krit. dazu Lunnebach StV 1997, 452 in der Anm. zu BGH, a.a.O.),
die Schöffen erhalten Kenntnis vom Inhalt des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen, damit sie über den genauen Inhalt eines in der HV unter Bezugnahme auf die Anklage abgegebenen Geständnisses eines Mittäters/früheren Mitangeklagten informiert sind (EGMR NJW 2009, 2871),
die im Verfahren mitwirkenden Schöffen sind Halbbrüder (BGH MDR 1974, 547 [D]),
kurze Meinungsäußerungen des Schöffen während der HV ohne endgültige Stellungnahme zur Sache (BGHSt 21, 85),
der Antrag wird auf ein in der Presse veröffentlichtes Zitat einer Schöffin gestützt, in dem sie im Hinblick auf die lange Verfahrensdauer geäußert hat, der Angeklagte "solle endlich gestehen, dass er es war", soweit aufgrund der dienstlichen Äußerung der Schöffin sowie der Erklärung des den Artikel verfassenden Journalisten feststeht, dass in dem Pressezitat die Äußerungen der Schöffin falsch wiedergegeben worden sind (BGH NStZ 2002, 495),
allein wegen der Mitgliedschaft eines Schöffen in der Vertreterversammlung einer Genossenschaftsbank in einem Verfahren gegen ein Vorstandsmitglied dieser Bank wegen eines Sexualdelikts zum Nachteil einer Angestellten (BGHSt 43, 16),
allein wegen des Umstandes, dass ein Angeklagter und ein Schöffe in demselben Großunternehmen tätig sind; etwas anderes kann gelten, wenn Mitarbeiter des Unternehmens als Zeugen zu vernehmen sind und nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Schöffe den Aussagen dieser Zeugen nicht unvoreingenommen gegenübersteht (LG München StV 2012, 461),
allein wegen der Mitgliedschaft (einer Schöffin) bei "Wildwasser e.V.", und zwar auch dann, wenn dem Angeklagten sexueller Missbrauch von Kindern zur Last gelegt wird (OLG Celle StV 2015, 210),
bei Kenntnis von Presseveröffentlichungen, die eine eingehende Darstellung des Tatgeschehens enthalten (BGHSt 22, 289; zur Besorgnis von Befangenheit in Zusammenhang mit Äußerungen eines Schöffen nach Zitaten in der Presse BGH NStZ 2002, 495; s. dazu a. Weiler StraFo 2003, 186),
Spannungen mit dem Verteidiger (BGH NStZ 1987, 19 [Pf/M]),
die Schöffen sind miteinander verheiratet (OLG Hamm ZAP EN-Nr. 205/96 [insoweit nicht in MDR 1996, 91]),
nach Aufhebung und Zurückverweisung wird gem. § 354 Abs. 2 in der neuen HV das aufgehobene Urteil verlesen (BGHSt 43, 36, 40), auch wenn die Schöffen dadurch Kenntnis von einer nach § 51 Abs. 1 BZRG nicht verwertbaren Vorverurteilung erlangt haben (BGH NStZ 2008, 117),
bei sog. Vorbefassung des Schöffen, da für Schöffen keine anderen Maßstäbe für die Unvoreingenommenheit gelten als bei Berufsrichtern, auch wenn es sich um schwierige Beweissituationen handelt (BGHSt 42, 191, 193 f.), also eine Vorbefassung mit dem Sachverhalt durch Verurteilung eines Mittäters für sich genommen keinen Ablehnungsgrund darstellt (BGH NStZ 2000, 419; NStZ-RR 2013, 352).
 

Rdn 188

 

für berechtigte Ablehnung

der Schöffe ist Bediensteter der geschädigten Behörde (BGH MDR 1954, 151 [D]; ähnl. AG Bremen StV 2009, 181 [für einen beim Finanzamt tätigen Schöffen beim Vorwurf ...

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