Das Wichtigste in Kürze:

1. Als Befangenheit i.S.d. § 24 wird die innere Haltung des Richters angesehen, aufgrund derer er ggf. nicht mehr neutral ist. Für die Beurteilung der Befangenheit kommt es auf den Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten an.
2. Das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes ist vom Standpunkt des Ablehnenden aus zu beurteilen.
3. Zur Frage der Befangenheit gibt es umfangreiche Rspr.
 

Rdn 82

 

Literaturhinweise:

Arzt, Der befangene Strafrichter, 1969

ders., Ausschließung und Ablehnung des Richters im Wiederaufnahmeverfahren, NJW 1971, 1112

Beining, Gerichtliche Beweiserhebung im Zwischenverfahren, HRRS 2016, 407

Bock, Besorgnis der Befangenheit des Richters (§ 24 Abs. 1 StPO) nach gegen diesen gerichteter Straftat des Angeklagten, StraFo 2017, 141

Boehme-Neßler, Litigation-PR als Revisionsgrund Verfahrensrechtliche Folgen verfassungswidriger Informationspolitik der Staatsanwaltschaft, StraFo 2010, 456

Dahs, Ablehnung von Tatrichtern nach Zurückverweisung durch das Revisionsgericht, NJW 1966, 1691

Ellenbogen/Schneider, Besorgnis der Befangenheit bei Ehe zwischen Richterin und Staatsanwalt, JR 2012, 188

Fahl, "Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA", DRiZ 2016, 138

Fromm, Die Ablehnung des Bußgeldrichters wegen Besorgnis der Befangenheit, DAR 2009, 69

ders., Terminsladung, Verhinderung und Verlegungsantrag im OWi-Verfahren, zfs 2014, 608

ders., Hauptverhandlung oder "Scheinverhandlung" vor Gerichten in Bußgeldverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen, zfs 2020, 368

Gravenhorst, Zurückverweisung und gesetzlicher Richter, NJW 2018, 2161

Herzog, "Deals" zu Lasten Dritter in vorgängigen abgetrennten Verfahren und die Besorgnis der Befangenheit, StV 1999, 455

Hillenbrand, Der Terminsverlegungsantrag im Strafverfahren, ZAP F. 22, S. 831

Isfen, Die Befangenheit des "dealenden" Richters, ZStW 2013, 325

Latz, Besorgnis der Befangenheit gegenüber der Verteidigung, in: Festschrift für Christian Richter II, 2006, S. 357

Meyer-Mews, Der Befangenheitsantrag nach erfolgloser Gegenvorstellung, StraFo 2000, 369

Nierwetberg, Strafanzeige durch das Gericht, NJW 1996, 432

Rabe, Ablehnung des Strafrichters bei provokativem oder beleidigendem Verhalten des Angeklagten oder seines Verteidigers, NJW 1976, 172

ders., Zur Zulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs gem. § 26a I Nr. 2 StPO, NStZ 1996, 369

Salditt, Das neue Zwischenverfahren und die Unparteilichkeit des Richters, in: Festgabe für Imme Roxin, S. 687

Schmuck, "Eine Absprache hat nicht stattgefunden" und "offensichtliche Verfahrensverschleppung" – Verteidigungsaspekte, zfs 2013, 614

Sommer, Strafprozeßordnung und Europäische Menschenrechtskonvention, in: StrafPrax, § 17

ders., Befangenheit und tätige Reue, NStZ 2014, 615

Stange/Rilinger, Befangenheit – Die Mitwirkung eines Richters an atypischen Vorentscheidungen rechtfertigt die Annahme der Befangenheit (§ 24 StPO), StV 2005, 579

Strate, Richterliche Befangenheit und rechtliches Gehör, in: Festgabe für Ludwig Koch, 1989, S. 261

Türg, Medienarbeit der Strafjustiz – Möglichkeiten und Grenzen, NJW 2011, 1040

Ziegler, Risiken und strafprozessuale Folgen staatsanwaltschaftlicher und richterlicher Medienkontakte, StraFo 1995, 68

Zwiehoff, Spannungen zwischen Verteidiger und Richter als Befangenheitsgrund, JR 2006, 415

s.a. die Hinw. bei → Ablehnung eines Richters, Allgemeines, Teil A Rdn 8.

 

Rdn 83

1.a) Der in der Praxis bedeutsamste Ablehnungsgrund ist der der Besorgnis der Befangenheit. Als Befangenheit i.S.d. § 24 wird die innere Haltung eines Richters angesehen, die die von ihm erwartete erforderliche Neutralität, Distanz und Unparteilichkeit gegenüber den Verfahrensbeteiligten störend beeinflussen kann (Meyer-Goßner/Schmitt, § 24 Rn 8 m.w.N.; u.a. BGH NStZ 2016, 218 m. Anm. Burhoff StRR 3/2016, 12; StV 2013, 372 [Gesamtschau]; NStZ-RR 2013, 168; BGH, Beschl. v. 6.3.2018 – 3 StR 559/17; OLG Düsseldorf NJW 2010, 1158 [Ls.]; OLG Schleswig, Beschl. v. 26.5.2010 – 1 Ss 57/10; auch noch die zahlr. Nachw. bei Bock StraFo 2017, 141 Fn 1). Ob der Richter tatsächlich befangen ist, spielt keine Rolle (st.Rspr., u.a. BGH NStZ 1988, 467; 510; 2008, 117; vgl. a. BVerfG NJW 2003, 2404; 2012, 3228; Meyer-Goßner/Schmitt, § 24 Rn 6 m.w.N.; Krekeler NJW 1981, 1634; Rabe AnwBl 1981, 331; Fahl DRiZ 2016, 138). Es kommt auch nicht darauf an, ob sich der Richter selbst für befangen hält (BVerfG DÖV 1972, 312; BGH NStZ 2017, 720). Nach der Rspr. des EGMR wird die Unparteilichkeit des Richters bis zum Beweis des Gegenteils vermutet (EGMR NJW 2011, 3633). Erklärt der Richter allerdings, dass er gegenüber dem Beschuldigten nicht unbefangen ist, ist von Befangenheit auszugehen (BGH, a.a.O. für Selbstablehnung nach § 30; → Ablehnung, Selbstablehnung, Teil A Rdn 75).

 

☆ Der Richter kann einen Ablehnungsgrund durch Klarstellung unbedachter Äußerungen und/oder Entschuldigung beseitigen . Das muss aber spätestens im Rahmen der dienstlichen Äußerung nach § 26 Abs. 3 geschehen (BGH NStZ 2006, 49; ähnlich 2009, 701 und BGH NStZ-RR 2014, 97 [Ci/Zi; freimütige und umfängli...

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