Rz. 26

Da die Miterben gem. § 2058 BGB als Gesamtschuldner haften, kann jeder einzelne Miterbe auf die Gesamtforderung verklagt werden und nicht lediglich auf den Anteil, der seiner Erbquote entspricht. Der Gläubiger kann es sich aussuchen, ob er Gesamtschuldklage (also auf Haftung eines oder einiger Miterben für die gesamte Schuld, § 2058 BGB, siehe hierzu § 6 Rdn 227 ff.) oder Gesamthandklage (also Klage auf Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass, § 2059 Abs. 2 BGB, siehe hierzu § 6 Rdn 234 ff.) erhebt.[73] Auch wenn die Gesamthandklage in der Praxis die Ausnahme ist, sollte der Gläubiger stets individuell prüfen, ob sie im konkreten Fall einen taktischen Vorteil bieten kann.

Zu den Unterschieden zwischen der Gesamtschuldklage und der Gesamthandklage siehe die nachfolgende Übersicht (sowie im Übrigen § 6 Rdn 227 ff):

 
  Gesamtschuldklage[74] Gesamthandklage[75]
Voraussetzung

Klage gegen einen oder mehrere Miterben

Vor oder nach der Nachlassteilung möglich

Klage gegen alle sich widersetzenden Miterben

nur bis zur Teilung möglich, § 2059 Abs. 2 BGB
Streitgenossenschaft Keine notwendige, sondern lediglich einfache Streitgenossenschaft:[76] Die Erben können einzeln verklagt werden Notwendige Streitgenossenschaft (§ 62 ZPO)[77] zwischen den sich widersetzenden Miterben, da Verfügung über Nachlassgegenstände nur gemeinschaftlich möglich, § 2040 Abs. 1 BGB[78]
Verteidigungsmöglichkeit der Erben im Prozess

Haftungsbeschränkungsvorbehalt gem. § 780 ZPO[79]

Aufschiebende Einreden gem. §§ 20142017 BGB

Haftungsbeschränkungsvorbehalt gem. § 780 ZPO überflüssig, da Urteil nur auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass lautet; Vorbehalt aber – insbesondere in Zweifelsfällen – möglich[80]

Aufschiebende Einreden gem. §§ 20142017 BGB
Zwangsvollstreckung

Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben[81]

Pfändung des Erbteils (als Teil des Eigenvermögens), §§ 859 Abs. 2, 857 Abs. 1, 829 ZPO

Vollstreckung in Einzelnachlassgegenstände (§ 747 ZPO) nur möglich, wenn Urteil gegen alle Miterben

Vollstreckung in den geteilten Nachlass

Vollstreckung in den ungeteilten Nachlass, § 2059 Abs. 2 ZPO

Vollstreckung in Einzelnachlassgegenstände (§ 747 ZPO)
Verteidigungsmöglichkeit in der Zwangsvollstreckung Vollstreckungsabwehrklage gem. §§ 781, 785 i.V.m. § 767 ZPO Bei Vollstreckung in das Eigenvermögen des Miterben: Erinnerung gem. § 766 ZPO

Urteile gegen einzelne Miterben kann der Gläubiger nur gem. § 859 Abs. 2 ZPO vollstrecken (siehe auch Rdn 48 und Rdn 51 ff.).

[73] BGH, Urt. v. 24.4.1963 – V ZR 16/62, NJW 1963, 1611, 1612; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.1996 – 7 U 56/96, FamRZ 1997, 769, 770.
[74] Formulierungsbeispiele bei Krug/Heindl, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, Der Erbprozess, § 9 Rn 341 ff.
[75] Formulierungsbeispiele bei Krug/Heindl, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, Der Erbprozess, § 9 Rn 333 ff.
[76] BGH, Urt. v. 24.4.1963 – V ZR 16/62, NJW 1963, 1611, LS und 1612.
[77] Streitig, jedoch im Ergebnis nicht entscheidend, ob dies ein Fall von § 62 Abs. 1 Alt. 1 oder Alt. 2 ZPO ist; vgl. zum Meinungsstand MüKo/Ann, § 2059 Rn 24 m.N. in Fn 88.
[78] BGH, Urt. v. 2.12.1981 – IVa ZR 252/80, NJW 1982, 441 442; Johannsen, WM 1970, 573, 580.
[79] Um Vollstreckung in das Eigenvermögen des Erben und Pfändung des Erbteils zu verhindern.
[80] Krug/Heindl, in: Bonefeld/Kroiß/Tanck, Der Erbprozess, § 9 Rn 338 ff.
[81] Unter der Voraussetzung, dass der Erbe versäumt hat, den Vorbehalt nach § 780 ZPO aufnehmen zu lassen.

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