A. Einführung

 

Rz. 1

Ziel einer jeden Haftpflichtversicherung ist es, den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen von den wirtschaftlichen Folgen ihrer gesetzlichen Haftpflicht gegenüber geschädigten Dritten freizustellen. "Haftpflicht" ist die Verpflichtung zum Schadenersatz bei der Verletzung fremder Rechtsgüter.

 

Rz. 2

Die Allgemeine Haftpflichtversicherung unterscheidet nach den versicherten Risiken zwischen der:

Privathaftpflichtversicherung sowie der
Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung.
 

Rz. 3

Privathaftpflichtversicherungen decken Risiken aus dem privaten Bereich, also die alltäglichen Gefahren einer Privatperson (vgl. Rdn 141) ab. Besondere Risiken sind über Zusatzbausteine versicherbar (vgl. Rdn 145).

 

Rz. 4

Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherungen betreffen das Haftpflichtrisiko aus der Teilnahme am Wirtschaftsleben (vgl. Rdn 158 ff.). Sie decken die zum jeweiligen Betriebs- und Berufsbild üblicherweise gehörenden Haftpflichtrisiken ab.

 

Rz. 5

Zum Abschluss eines Haftpflichtversicherungsvertrages besteht weitgehend keine gesetzliche Verpflichtung. Ausnahmen bilden die Jagdhaftpflichtversicherung[1] und die Berufshaftpflichtversicherungen der Rechtsanwälte,[2] Notare,[3] Steuerberater,[4] Wirtschaftsprüfer,[5] Architekten und Ingenieure[6] sowie Versicherungsvermittler.[7] Auch sehen einige berufsständische Kammersatzungen Versicherungspflichten (z.B. für Heilberufe)[8] vor. Solche können als Pflichtversicherung (siehe Rdn 139 f.) im Sinne des VVG gelten.[9]

 

Rz. 6

Die nachfolgend in Teil B (vgl. Rdn 7 ff.) angesprochenen Punkte betreffen sowohl das private als auch das unternehmerische (betriebliche und berufliche) Haftpflichtrisiko. Zu beachten ist aber, dass die Berufshaftpflichtversicherung, etwa als Vermögenschadenhaftpflicht, wiederum Besonderheiten unterliegt (vgl. Rdn 163 ff.). Teil C (vgl. Rdn 141 ff.) beschreibt Ergänzendes zur Privathaftpflichtversicherung. Teil D (vgl. Rdn 158 ff.) befasst sich mit ausgewählten Themen aus dem Bereich der betrieblichen und beruflichen Risiken. Teil E (vgl. Rdn 185 ff.) enthält Musterbedingungen des GDV, die nicht allgemeinverbindlich sind. Vielmehr können den einzelnen Versicherungsverträgen abweichende Bedingungen zugrunde liegen.

[1] Pflichtversicherung wg. § 17 Abs. 1 Nr. 4 BJagdG.
[4] Vgl. § 67 Abs. 1. StBerG; Lohnsteuerhilfeverein: § 14 Abs. 2 StBerG, Steuerberatungsgesellschaften: § 50 Abs. 6 StBerG.
[6] Vgl. z.B. § 15 Abs. 2 Ziff. 5 BauKaG NW.
[8] Vgl. Veith/Gräfe/Gebert/Hartwig/Schäker, § 17 Rn 15 ff.
[9] Vgl. OLG Nürnberg VersR 2013, 711; BT-Drucks 16/3945, 85.

B. Allgemeines für alle Haftpflichtversicherungen

I. Rechtliche Grundlagen

1. VVG und Versicherungsbedingungen

 

Rz. 7

Für den Haftpflichtversicherungsvertrag zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer gelten sowohl gesetzliche als auch vertragliche Regelungen.

Die gesetzlichen Grundlagen finden sich zunächst in Teil 1 Allgemeiner Teil VVG. Neben den spartenunabhängigen Normen aus Teil 1 Kapitel 1 Vorschriften für alle Versicherungszweige (§§ 173 VVG) gilt für die Haftpflichtversicherung grundsätzlich auch der Abschnitt 1 zu den Allgemeinen Vorschriften des Kapitels 2 zur Schadensversicherung (§§ 7487 VVG). Spezielleres ist in Teil 2 Einzelne Versicherungszweige VVG mit dem Kapitel 1 Haftpflichtversicherung geregelt. Abschnitt 1 jenes Kapitels verhält sich über Allgemeine Vorschriften (§§ 100112 VVG) und Abschnitt 2 (§§ 113124 VVG) über solche zur Pflichtversicherung. Schließlich enthält Teil 3 Schlussvorschriften Bestimmungen zur laufenden Versicherung, den Großrisiken und zum Gerichtsstand.

Vertragliche Grundlagen sind im Versicherungsschein und in den Versicherungsbedingungen, die Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. §§ 305 ff. BGB darstellen (vgl. § 1 Rdn 33), dokumentiert. Die Bedingungswerke haben sich mehrfach geändert.

Bislang nutzten die Versicherer Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB). Die letzte Anpassung dieser Musterbedingungen hat der GDV im Februar 2016 vorgenommen. Sie beschreiben die allgemeinen Risiken und werden für die einzelnen Verträge durch zusätzliche Besondere Bedingungen und Risikobeschreibungen (BBR) ergänzt, die das jeweils individuell versicherte Risiko ausgestalten.

In den letzten Jahren hat der GDV (nach wie vor nicht allgemein gültige) Musterbedingungen entworfen, die als Allgemeine Versicherungsbedingungen jeweils für die Privathaftpflichtversicherung (AVB-PHV) bzw. für die Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherung (AVB-BHV) ein grundlegendes Bedingungswerk darstellen. Damit sind standardisierte allgemeine und besondere Regelungen in einem Gesamtklauselwerk vereint.[10] Gleichwohl sind weiterhin zusätzliche (formularmäßige oder individuelle) Vereinbarungen möglich. Jene aktuellen AVB-PHV stammen aus April 2016, die jüngsten AVB-BHV aus Dezember 2016.

 

Rz. 8

Schon in der Privathaftpflichtversicherung gibt es verschiedene Produkte. Insbesondere aber die Versicherung unternehmerischer Risiken i...

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